Azealia Banks - Broke with expensive taste
Prospect ParkVÖ: 10.10.2014
#YesSheCan
Break it down: Als Azealia Banks 2008 zum ersten Mal unter dem Namen Miss Bank$ auf sich aufmerksam machte, wusste wohl noch niemand, dass sich die New Yorker Kratzbürste innerhalb der nächsten Jahre zu einem echten Nervtöter entwickeln würde. Banks verscherzte es sich innerhalb kürzester Zeit nicht nur mit dem halben Musik-Business, von Lady Gaga und Angel Haze über Iggy Azalea und A$AP Rocky bis zu Pharrell Williams und Lily Allen – um nur ein paar zu nennen –, sondern stritt sich mit beinahe beneidenswerter Hartnäckigkeit auch mit den Fans ihrer Widersacher, mit ihrer Plattenfirma und mit jedem, der es wagte, sie oder ihr Schaffen in Frage zu stellen. Als die Gute schließlich mehr und mehr zu einem schmerzhaften Stachel im Gesäß von Universal wurde und öffentlich um eine Auflösung ihres Vertrags bat, sägten die sie schließlich ab – nach XL Recordings schon das zweite Label, das sie vor die Tür setzte. Da war die Veröffentlichung ihres Debütalbums längst mehrfach verschoben worden, und der Nachfolger ihres "Fantasea"-Mixtapes und der 2012er EP "1991" verkam langsam zu einer Legende, an die zum Schluss kaum mehr jemand zu glauben vermochte. Bis zum 6. November 2014, als Banks via Twitter verkündete, dass sie "Broke with expensive taste" einfach selbst veröffentlichen würde – und zwar sofort.
Dass die 23-Jährige wohl eher zu den unangenehmeren Zeitgenossen gehört, ihre Selbsteinschätzung sogar für HipHop-Verhältnisse noch wolkenkratzermäßige Züge annimmt und sie, um es mal höflich auszudrücken, scheinbar ordentlich einen am Sträußchen hat – geschenkt! All das sollte man ausblenden beim Hören von "Broke with expensive taste", auf dem sich das Mädchen aus Harlem austobt, als hinge ihr Leben davon ab. Natürlich findet man die Banks-Klassiker "Gimme a chance" und "212" featuring Lazy Jay zum Glück auch hier, und auch das 2013 veröffentlichte und von Lil Internet produzierte "Yung rapunxel" sowie die Singles "Heavy metal and reflective" und "Chasing time" haben ihren Platz in der Tracklist gefunden. Den Anfang macht aber "Idle Delilah" und damit ein wahres Monster von einem Opener, das in seiner innovativen In-your-face-Attitüde frühe Überzeugungsarbeit leistet. In viereinhalb Minuten bringt Banks scheinbar mehrere Songs auf einmal unter, beept, loopt und bongodrummt sich mit schnodderigem New Yorker Akzent durch den Großstadtdschungel und beweist nebenher endgültig, dass sie auch eine formidable Sängerin ist. Wer es danach immer noch nicht glaubt, höre in die zuckersüße Popnummer "Soda" rein, in der sie das Rappen sogar komplett sein lässt.
Ganz und gar nicht süß, sondern ein gruseliger Mindfuck hingegen war das natürlich längst bekannte Video zu "Yung rapunxel", das an dieser Stelle noch mal erwähnt werden sollte, da die Platzierung des Songs auf "Broke with expensive taste" durchaus interessant ist: Nicht nur, dass es direkt vor der erfrischenden "Soda"-Brause kommt, sondern auch direkt nach der aggressiven HipHop-Paradenummer "Ice princess", der AraabMuzik ein geradezu klassisches Gewand verpasst zu haben scheint, bis sie sich im Mittelteil plötzlich zu einem Synthie-Pop-Song verwandelt. Gleichermaßen bizarr wirkt das und passt doch bestens in das Banks'sche Puzzle, auf dem alle Teile nur nach einigem Drehen und Klopfen ein Ganzes ergeben. Ähnlich verhält es sich mit dem verführerisch-entspannten "Desperado", auf dem es Zungenbrecher der Marke "I be pretty prissy plenty plush and stuff / You be picky pissy penny crush and crunch / Crust and dust, slumped and jumped / Goose is a cut so others not trump" gibt – für noch mehr Erstaunen sorgt nur das Ende von "Gimme a chance", wenn Banks ihre Spanischkenntnisse zum Besten gibt.
Da sich die Nennung von Lazy Jay in "212" auf das Sample und die Produktion beschränkt, gibt es von Theophilus London den einzigen richtigen Gastbeitrag auf dem Album. Das von ihm unterstützte "JFK" erhärtet den Eindruck, dass die erste Hälfte von "Broke with expensive taste" minimal stärker als die zweite ist. Die ist mitnichten wirklich schwach: Das hypnotische "Miss amor" steckt mal eben ganz locker jeden Song auf Iggy Azaleas "The new classic" in die Tasche, mit "Chasing time" versucht Banks sich an einem Radiohit, wenngleich er stellenweise etwas störrisch daherkommt, und "Luxury" lädt auf die Tanzfläche ein, ohne dabei so penetrant künstlich wie eine Lady Gaga zu sein. Warum sie allerdings meinte, auf "Nude beach a-go-go" über einen Song von Ariel Pink zu singen, der in keinster Weise auf das Album passt, kann man sich eigentlich schon denken: Azealia Banks macht, was sie will, wann sie es will und wie sie es will. Und warum? Weil sie es kann.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Idle Delilah
- Desperado
- 212 (feat. Lazy Jay)
- Yung rapunxel
- Miss amor
Tracklist
- Idle Delilah
- Gimme a chance
- Desperado
- JFK (feat. Theophilus London)
- 212 (feat. Lazy Jay)
- Wallace
- Heavy metal and reflective
- BBD
- Ice princess
- Yung rapunxel
- Soda
- Chasing time
- Luxury
- Nude beach a-go-go
- Miss amor
- Miss camaraderie
Im Forum kommentieren
Jennifer
2014-11-26 14:01:14
Dass sie wohl einen eher schwierigen Charakter hat, macht die Platte ja nicht schlechter, oder?
Steht da ja auch nicht.
Holden
2014-11-26 13:28:19
DCs Wertung kann man fast so stehenlassen.
Generell fehlt dem Album ein bisschen die Durchgängigkeit...aber da sind so geile Einzeltracks oben, dass ich darüber locker hinwegsehe.
Denniso
2014-11-26 13:17:44
Wertung okay, Text liest sich aber wie eine 9/10. Dass sie wohl einen eher schwierigen Charakter hat, macht die Platte ja nicht schlechter, oder?
Jennifer
2014-11-26 11:19:29
Danke dir. Bei den Highlights habe ich alle möglichen Varianten mittlerweile gesehen. Ist ja auch ein relativ buntes Album, von daher also wenig überraschend, dass es da diese Vielfalt gibt.
Demon Cleaner
2014-11-26 11:13:38
@Jennifer:
Ja, die Rezi ist auch schön geschrieben. Die Highlights würde ich nur fast komplett anders setzen.
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