No Jaws - Young blood

Modern Guilt / Numavi / Sweet Home / Broken Silence
VÖ: 14.11.2014
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Party time, excellent!

K R A C H! Nein, nicht Krach. Sondern: K R A C H! Großgeschrieben, wie es sich gehört. Mit Leer- und Au(s)rufezeichen als Nasenstüber. Und möglichst blinkend und glitzernd, falls die IT so freundlich wäre. Nicht? Auch gut, schließlich ist noch niemand vom Gucken taub geworden. Oder gar vom Lesen. Und wer 2014 noch "Wayne's world" zitiert, der kann eh nicht mehr alle Krachlatten beisammen haben. Beziehungsweise: Derjenige weiß ganz genau, wo und wann sich seine Musik befindet. Und was sie dort zu tun hat.

Ach was, nicht die nächstbeste Hardrock-Bassistin abschleppen. Sondern, wie Zwickaus mutmaßlich lautstärkstes Dreigespann No Jaws: seiner Liebe zum 1990er-Noisepop gehörig Ausdruck verleihen. Die Stimmbänder leiern lassen. Einen straight melancholischen Indie-Rock zum Akkordaufbau nutzen – um ihn dann unter Einsatz sämtlicher Armmuskeln in heaven's orcus zu sechzehnteln. Sowie vollkommen beknackte, mit mehr Zitaten als Hinweisen vollgestopfte Videos auf die Hörerschaft loslassen, bei deren Auflösung dem Schreiber dieser Zeilen mutmaßlich keine fünf Bruttoregistertonnen an gutgemeinten Ratschlägen weiterhelfen können. Weshalb? Weil seine Synapsen vollgestopft sind mit Akkorden, Effekten und Rhythmen, die No Jaws derart schlagfertig aus seinem Unterstübchen ziehen, dass für einen klaren Gedanken oder gar Einspruch nun wahrlich kein Platz ist.

Stattdessen räumt mit "Young blood" ein auf und ab hüpfender Energieball das mentale Schrankgeschirr leer. Einer, den man einfach knuddeln muss, egal wie sehr das klirrt und wie viele elektrische Schläge man dabei abbekommt. Denn genau das sind ja die Grundkoordinaten, auch bei No Jaws: K R A C H von Weißmehl-Weicheiern, die der nicht minder weißmehligen Tattoo-und-Stiernacken-Brigade des Noise-Rock zeigen, wo der Knallfrosch den Punk-Rock hat. Nämlich direkt im Ganglion distortum, was dachten Sie denn? Zum eröffnenden "Aftermath" sowie später bei "Honey kids" regieren dazu klassische Rollbacks ins halbe Uptempo, die Punk auf Shoegaze, Magensäure auf Herzschmerz, Hektik auf Elegie umkrempeln. "Fanal" schnappt sich einen populären Basslauf und fährt ihn vor breitbeinig aufgestellte Grunge-Akkorde, während "So it begins" gekonnt durchs Indie-Midtempo schlenkert und seine Zerstörungswut nur ganz kurz andeutet. "Phalanx" hingegen ist ein einziger Frequenz-Haudegen: dicht und flackernd, kurz vor dem Kontrollverlust und doch rechtzeitig ins wummernde Riffing abstürzend – Gitarrenwände, wie sie sein müssen.

Auch sonst haben No Jaws für "Young blood" mindestens so viel richtig gemacht, wie sie mit ihrem ersten Bandnamen (The Buyable Sluts Wanted For Stealing Virginity) falsch gemacht haben. Unter anderem schwingen sie mit eigenem Label die Fahne des guten alten DIY und schnappten sich für die Produktion Killed By 9V Batteries' Wolfgang Möstl – denn in der Tat weiß im deutschsprachigen Raum ja niemand besser, wie man Verstärker anzündet und Gitarren von allen Seiten brennen lässt. Entsprechend ist der Sound von "Young blood" wild und crisp, aber ungemein eingängig, ebenso dissonant wie mit Harmonieschwärmen durchzogen sowie kraftvoll genug, um Marcus Wellnhofers Gesang wie durch eine Vielzahl an Transistoren, Röhren und Verdrahtungen klingen zu lassen. Schon klar: Das überzeugt weder den Beatdown-Spacken noch den kulleräugig ins Selfie schneuzenden Arcade-Fire-Knipperkünstler. Doch wer irgendwann einmal mit dieser Musik infiziert wurde, der muss "Young blood" einfach lieben. Hupps, Entschuldigung: Der M U S S! Diesen K R A C H! Einfach L I E B E N! Lauter Grüße, Ihr

Exclamation Mark, bzw.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Real oh one
  • Honey kid
  • Cabin fever
  • Fanal
  • So it begins

Tracklist

  1. Aftermath
  2. Real oh one
  3. Out of the wild
  4. Honey kid
  5. Grasshopper
  6. Cabin fever
  7. Ra
  8. Loyal to disillusion
  9. Fanal
  10. Adrift
  11. So it begins
  12. Phalanx
Gesamtspielzeit: 39:01 min

Im Forum kommentieren

PolkaFan

2017-12-27 12:23:57

ausgegraben, verliebt, sehr gutes Album

whatdahell

2014-11-19 18:20:07

Damn good record!

Noel

2014-11-19 00:20:04

Was für Referenzen! Da werde ich definitiv mal reinhören.

YogiMoore

2014-11-18 22:52:21

Krasses Dream Noise Pop Rock Brett. Verdammt gute Platte!

namenslos

2014-11-18 22:10:18

Hammer geile Scheibe. Richtig starkes Album. Bin gerade echt geflasht. Finde nicht die richtigen Worte. Mich wundert die fehlende Resonanz bis jetzt.

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