Devin Townsend Project - Z²

InsideOut / Universal
VÖ: 24.10.2014
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Kaffeeklatsche

Falls es jemand tatsächlich noch nicht mitbekommen haben sollte: Devin Townsend hat einen an der Klatsche. Rückblende: Es war 2007, als der Gitarrenvirtuose mit "Ziltoid the omniscient" das so ziemlich beknackteste Konzeptalbum der Metal-Geschichte produzierte. Die Story: Ein Alien mit Allmachtsfantasien sucht auf der Erde nach dem besten Kaffee des Universums, und da er ihn im Land von Starbucks und Konsorten nicht bekommt, versucht er aus Rache, den blauen Planeten in handliche Trümmer zu bomben. So weit, so krank. Nur hat dieser Charakter, von Townsend höchstselbst als eine Art Sockenpuppe auf Speed designt, seinen Schöpfer nie wirklich losgelassen, sodass das Sequel "Z²" letztlich nur noch eine Frage der Zeit war.

Nun begab es sich allerdings in der Zwischenzeit, dass der Kanadier nach "Epicloud", dem vorigen Studioalbum von Devin Townsend Project, schon wieder jede Menge Material komponiert hatte. Und passenderweise hatte Townsend noch Geld aus dem Crowdfunding-Topf seiner Country-Band Casualties Of Cool übrig, so dass er zwei geplante CDs kurzerhand zu einem Doppelalbum zusammenwarf. Entsprechend beginnt die "Sky blue" betitelte erste CD so, wie seinerzeit "Epicloud" endete: mit Breitwandsounds, epischen Riffs und der darüber schwebenden Stimme von Anneke van Giersbergen, die sich anscheinend zu so etwas wie einer Muse für Townsend entwickelt hat.

Wirkte dieser Mix aus Pop-Appeal und Soundgebirgen auf "Epicloud" mitunter noch hörbar bemüht, ist es umso frappierender, wie leichtfüßig und gleichzeitig routiniert Songs wie "Fallout" mittlerweile daherkommen. Nie um einen großen Refrain verlegen, flicht Townsend hier und da eingängige Pop-Passagen ein, lockert die Songs immer wieder auf. Und nach fröhlichen Liedchen wie "Universal flame" oder "Sky blue" will man eigentlich nur noch die ganze Welt umarmen. Auch wenn vieles auf dieser ersten CD stellenweise überproduziert und komplett over the top wirkt. Aber so ist er nun einmal, der frühere Krachfetischist – man möchte den durchgeknallten Glatzkopf beinahe knuddeln, auch wenn vieles ohne große Widerhaken daherfließt.

Doch am Ende soll der erste Tonträger nur ein Vorspiel sein, die Ouvertüre zu großem Theater. Liebe Leserinnen und Leser, Ziltoid ist zurück. Und hier lebt Townsend seine exaltierte Ader komplett aus, denn diese zweite CD mit dem Titel "Dark matters" ist nicht etwa eine Metal-Oper, sondern gleich ein ausgewachsenes Metal-Musical. Stilecht begleitet von einem zwischen Märchenonkel und B-Movie-Anheizer changierenden Erzähler, wird die Wall Of Sound noch dichter, die Produktion noch mächtiger. Und mit Hilfe des sogenannten "Universal choir", eines Web-Projekts, bei dem Fans Textschnipsel einsingen durften, die dann zu einem gigantischen Chor montiert wurden, wird jede Bühne zu klein.

Die Story von Ziltoid, der auf der Erde mittlerweile als Volksheld gilt, ist noch bekloppter, noch gestörter, und zitiert ein ums andere Mal liebenswert-naive Science-Fiction-Filmchen wie "Krieg der Welten" oder "Plan 9 from outer space". Das alles ergibt eine laute, bunte, schrille Collage aus bombastischem Metal und Hörspiel, die dem Hörer alles abverlangt. Denn wer sich nicht dieser Handlung hingibt, wird von der Soundwoge erbarmungslos überrollt, erst recht, weil die Songs nur im Kontext dieser Rahmenhandlung funktionieren.

Genau deshalb bleibt "Z²" eine mitunter zwiespältige Angelegenheit. Denn wenn alle Regler permanent auf Anschlag stehen, verschwindet jegliche Nuance im Grundrauschen des Bombasts. Zumal wirklich die Tagesform entscheidet, ob man die CD umgehend aus dem Player schmeißt oder doch zur kreativen Umgestaltung des Mobiliars nutzt. Insofern ist das mächtige "Earth" eine wahre Wohltat, weil Townsend hier tatsächlich zwischendurch leisere Töne anschlägt – wahrhaft große Oper. Doch auch wenn vieles vor allem auf der zweiten CD arg verkopft wirkt, zeigt "Z²" Townsends immensen Facettenreichtum zwischen sphärischem Rock und exaltiertem Dadaismus. Und dass er am besten ist, wenn es richtig hyperaktiv-anstrengend wird, zeigen die Frühwerke seiner Diskografie. Nur mit dem Kaffeekonsum sollte er es nun nicht auch noch übertreiben.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Fallout
  • Universal flame
  • Earth

Tracklist

  • CD 1
    1. Rejoice
    2. Fallout
    3. Midnight sun
    4. A new reign
    5. Universal flame
    6. Warrior
    7. Sky blue
    8. Silent militia
    9. Rain city
    10. Forever
    11. Before we die
    12. The ones who love
  • CD 2
    1. From sleep awake
    2. Ziltoidian empire
    3. War princess
    4. Deathray
    5. March of the Poozers
    6. Wandering eye
    7. Earth
    8. Ziltoid goes home
    9. Through the wormhole
    10. Dimension Z
Gesamtspielzeit: 116:56 min

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