The New Basement Tapes - Lost on the river

Harvest / Universal
VÖ: 14.11.2014
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 10/10
10/10

Der Geist von '67

Unter den vielen als Meisterwerk geltenden Veröffentlichungen von Bob Dylan nehmen die "Basement Tapes" einen besonderen Platz ein. Nachdem der Songwriter sich vom Folk emanzipierte, mit drei Alben den Rock'n'Roll revolutionierte und sich mit einigen Eskapaden fast selbst ramponierte, mietete er gemeinsam mit "The Band" ein Haus in der Nähe von Woodstock. Im Keller des "Big Pink", weit weg vom öffentlichen Trubel, entstanden zwischen Juni und Oktober 1967 in zahlreichen Jam-Sessions Dutzende gleichsam schlichter wie brillanter Songs. Entsprechend groß war die Aufregung, als im Herbst letzten Jahres eine Box mit bislang unbenutzten handgeschriebenen Songtexten von Dylan aus eben dieser Zeit auftauchte. Anvertraut wurden die Zettel der Produzentenlegende T-Bone Burnett, der daraufhin eine Auswahl von Musikern zusammentrommelte, um diese "soulful and playful lyrics" zu vertonen. Elvis Costello, Rhiannon Giddens (Carolina Chocolate Drops), Taylor Goldsmith (The Dawes), Jim James (My Morning Jacket) und Marcus Mumford (Mumford & Sons) nannten sich fortan "The New Basement Tapes" und sollten das Material – 47 Jahre nach seiner Entstehung – zum Leben erwecken. 20 Tage lang arbeiteten die Musiker in den Capitol Studios an der Umsetzung. Entstanden ist "Lost on the river".

Es müssen intensive Sessions gewesen sein. Die Aufnahmen klingen nicht nach Projekt, nicht nach Teilzeit. Stattdessen hört man Team- und Zeitgeist, erlebt eine echte Einheit mit dem "The Band"-Spirit. Wie Dylan knapp ein halbes Jahrhundert zuvor, widmen sich die Musiker den Songs mit Enthusiasmus und ohne Genrebegrenzungen. Alles geht, solange es sich richtig anfühlt. Den Anfang macht das dunkle "Down on the bottom", dem Jim James so viel Gefühl einhaucht, dass es einen gleich zu Beginn tief schaudert. Das folgende "Married to my hack" ist ein wortreicher Stakkato-Blues in Beefheart-Manier, vorgetragen von einem fauchenden Costello. Marcus Mumford tritt erstmals im fein komponierten "Kansas City" singend in Erscheinung, bei dem auch Johnny Depp an der Gitarre mitmischt. Aufhorchen lässt außerdem das traditionell anmutende "Spanish Mary", glockenhell gesungen von Giddens. Eine besondere Erwähnung verdient das versierte Gitarrenspiel von Goldsmith, der damit im Laufe der rund 56 Minuten Minuten Spielzeit immer wieder Glanzpunkte setzt und besonders in "Nothing to it" strahlt. Costellos größter Moment ist im Titelstück, einer Ballade im Dreiviertel-Takt, die an "Going to Acapulco" aus den Original-Sessions erinnert.

Klar fragt man sich, was der Urheber selbst aus diesem Textmaterial gemacht hätte. Und wie gerne würde man Dylan "I got lost on a river, but I got found" singen hören! Burnett und seine All-Star-Band aber haben gute Arbeit geleistet – und ihn nochmals wachgeküsst, den Geist von 1967.

(Sebastian Meißner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Kansas City
  • Lost on the river

Tracklist

  1. Down on the bottom
  2. Married to my hack
  3. Kansas City
  4. Spanish mary
  5. Liberty Street
  6. Nothing to it
  7. When I get my hands on you
  8. Duncan and Jimmy
  9. Lost on the river #12
  10. Florida Key
  11. Hidee Hidee Ho #11
  12. Stranger
  13. Card shark
  14. Six months in Kansas City (Liberty Street)
  15. Lost on the river #20
Gesamtspielzeit: 55:38 min

Im Forum kommentieren

visionsofjohanna

2014-11-20 21:35:21

Da sind schon ein paar wirklich starke Songs drauf. Six Month In Kansas City oder Nothing To It(der Anfang erinnert mich irgendwie stark an John Lennon). Leider hat es Diamond Ring nur auf die Deluxe Edition geschafft - ich würde die 8 von 10 ziehen.

Jennifer

2014-11-12 22:56:13

Frisch rezensiert. Meinungen?

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