Der Mann - Wir sind Der Mann

Staatsakt / Rough Trade
VÖ: 21.11.2014
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Außen hart, innen weich

"Wann ist der Mann ein Mann?" fragte Herbert Grönemeyer einst in "Männer". Gut, das war in den 80er Jahren. Und Antworten darauf gab und gibt es zuhauf. Um es kurz zu machen: Die Geschichte der Menschheit ist nun einmal (leider) die Geschichte des Mannes. Nun kommt aber das Projekt Der Mann mit seinem ersten Streich "Wir sind Der Mann" daher und verkündet die frohe Botschaft im passenden Handbuch, was einen Mann ausmacht und wie man (!) ein Mann wird. Aber so richtig! Der Mann ist dabei nicht irgendwer – also jetzt das Projekt, nicht die Gattung: Es sind Mitglieder der Band Die Türen. Neben der Musik ist also für die restliche Ausstaffierung gesorgt: der bewegte Mann in Ton und Bild vom Aasesser über den Tellerwäscherrand zum Millionär. Auf "Wir sind Der Mann" dreht sich dann aber meist doch fast alles um das Mittelmaß, und es herrscht Mittelmaß.

Gleich der Auftakt "Menschen machen Fehler" fügt audiovisuell zusammen, was zusammengehört und hält wie schon auf den Türen-Vorgängern eine übergroße Portion Humor vom Niveau "Und neben Dir zeigt Dir einer einen Vogel / Und Du denkst Dir, was ist das denn das für ein Vogel? / Und Du sagst 'Amsel' und lachst" bereit. Die Melodien werden Mittel zum Zweck. Es wird georgelt, es wird geklimpert und im Video fährt ein Mann mit einem alten Cabrio unbeirrt seinem Schicksal entgegen, irgendwo zwischen Kraftwerks "Autobahn" und Radioheads "Karma police". Die anderen Facetten des Menschen und Mannes werden selbstverständlich ebenfalls be- und durchleuchtet. In "Nur für Dich alleine" hält die Melancholie Einzug und "Ich bin ein Mann" zählt im Sprechgesang all die unschönen Abfallprodukte – oftmals auch die Essenz – auf, welche die schönen Dinge (des Mann-Seins) mit sich bringen: "Was mich an Bildern stört, sind die Farben / Was mich an Partys stört, sind die Leute / Was mich am Sex stört, ist das Hinterher."

Natürlich darf bei diesem ganzen Projekt der Punk nicht zu kurz kommen. In "Alles keine Arbeit" wird das moderne neoliberale Arbeitskonzept aufs Korn genommen. Knapp zweieinhalb Minuten genügen hierfür in guter alter Punkmanier auch. Der Mann – Projekt und Gattung – benötigen immer einige Auszeiten, und die genehmigen sie sich und driften ins allzu Schlagereske ab: "Kopf ausruhen" ist schon sehr eintönig, repetitiv und recht öde geraten. Ähnlich ergeht es "OMG", das soulig und mit Handclaps versehen irgendwo in das Nirwana abgleitet und da auch bleiben darf. Mehr als eine angenehme Fingerübung ist das nicht.

Das Beste heben sich die Herren (sic!) bis zum Schluss auf. Im Zentrum steht das Reformhaus, "das Freudenhaus des Stuhlgangs", in dem das wilde Leben tobt, das trotzdem für Beständigkeit steht: dazu die Klampfe, und alles ist gut. Ist nun das Reformhaus aus "The rise of the reforming house" das neue "The house of the rising sun", das neue Bordell, das der Mann von heute präferiert? Die Antwortmöglichkeiten: Ja, nein, vielleicht. Bitte ankreuzen. Das Album muss Mann dazu nicht hören, es ist wie gesagt Mittelmaß, eine Öde an die Freude.

(Carsten Rehbein)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Menschen machen Fehler
  • The rise of the reforming house

Tracklist

  1. Menschen machen Fehler
  2. Nur für Dich alleine
  3. Ich bin ein Mann
  4. Jeder Mensch
  5. Von der Kneipe in die Cloud
  6. Die Sache spricht für sich
  7. Wo fängt Mann an
  8. OMG
  9. Alles keine Arbeit
  10. Kopf ausruhen
  11. Schenk mir doch den Tag
  12. The rise of the reforming house
Gesamtspielzeit: 43:20 min

Im Forum kommentieren

Maskulist

2015-06-19 19:28:53

http://www.spiegel.de/kultur/musik/videopremiere-ich-bin-ein-mann-von-der-mann-a-1038351.html

Jennifer

2014-11-12 22:55:37

Frisch rezensiert. Meinungen?

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