Machine Head - Bloodstone & diamonds

Nuclear Blast / Warner
VÖ: 07.11.2014
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Stahlkammermusik

Manchmal muss man anscheinend erst richtig fallen, um danach umso größer wieder aufzustehen. Und manchmal benötigt man mehr als ein Jahrzehnt, um vollends zu begreifen, was für ein Glücksfall ein sauber platzierter Tritt in den Allerwertesten sein kann. 2003 war es, als sich Machine Head aus dem Dreck aufrappelten, in den sie sich mit dem bestenfalls mäßigen Album "Supercharger" und dem anschließenden Rausschmiss durch das Plattenlabel hineinmanövriert hatten. Doch Robb Flynn und seine Kollegen aus der San Francisco Bay Area gaben mitnichten auf, sondern formten fortan wahre Kathedralen von Metal-Alben: Komplex, vielschichtig, intelligent, doch immer getrieben von unbändiger Wut, nur mühsam kanalisierter Aggression. Und bei jeder neuen Platte, insbesondere seit der Thrash-Blaupause "The blackening" aus dem Jahr 2007, folgt die bange Frage: Kann das noch getoppt werden? Oder mindestens wiederholt?

Zunächst einmal schlägt "Bloodstone & diamonds" zumindest akustisch die Brücke zum Vorgängeralbum, wird die Platte doch von ähnlich dezenten Kammermusik-Klängen eröffnet, mit denen damals "Unto the locust" endete. Und mit dem Aufschrei "And with this now we die" beginnt das Inferno. Ein Inferno aus gewaltigen Riffs, einem durch geschickt verschlepptes Tempo umso bösartigerem Refrain sowie einem Robb Flynn, bei dessen Gesang irgendwie das Gefühl aufkommt, dass er sich bei aller Aggression immer noch mühsam beherrschen muss, nicht komplett durchzudrehen – ein akustisches Pulverfass sozusagen. Das beim folgenden "Killers & kings" tatsächlich komplett explodiert, bis Flynn im Mittelteil tatsächlich einmal kurz dermaßen wie ein böser Dave Mustaine klingt, dass der echte Mustaine wahrscheinlich aus Angst vor sich selbst blass würde.

Wie leichtfüßig die Kalifornier mittlerweile durch vermeintlich unvereinbare Stile springen, zeigt das sinistre "Ghosts will haunt my bones", das scheinbar mühelos zwischen vordergründig simplem Hardrock und brutalem Thrash pendelt, unterstützt durch höchst filigrane Gitarrenarbeit – auch dies eher genreuntypisch, wie das gängige Klischee suggerieren will. Plötzlich ein harter Schnitt. Düster raunt ein vielfach multiplizierter Flynn ein "Om", darüber die finsteren Lyrics zu "Sail into the black". Das klingt nicht nur bösartig, das vermittelt vielmehr das Gefühl, als wäre man tatsächlich unfreiwilliger Passagier auf dem Totenschiff auf dem Weg gen Hades. Was für eine unfassbare Spannung, was für eine unglaubliche Intensität abseits der gängigen Genre-Massaker.

Nein, Konventionen oder gar Grenzen existieren für Machine Head nicht mehr, es sei denn, es handelt sich um die selbst gesetzten. Eine Ideenfülle wie bei "In comes the flood" muss bei so manch anderen Kollegen für ein komplettes Album reichen, hier wird daraus ein großes Werk, das der heruntergekommenen heutigen Gesellschaft den Spiegel nicht nur vorhält, sondern ihn direkt in deren dekadente Visage kloppt. Ja, selbst "Game over", das verbale Nachtreten in Richtung des geschassten Bassisten und Mitgründers Adam Duce, der nach seinem Rausschmiss tatsächlich auf Lohn-Nachzahlungen klagte, ist nicht etwa peinlich, sondern feinstes Öl ins Feuer des ohnehin schon brennenden Moshpit. Es ist also tatsächlich so: Die Erwartungen, die immer wieder an ein neues Machine-Head-Album geknüpft werden, sind mitnichten eine Bürde für Robb Flynn. Sondern immer wieder Ansporn, neue Wege zu gehen. Sich immer weiter zu verbessern. Mit "Bloodstone & diamonds" gelingt dies den Kaliforniern auf erneut großartige Art und Weise. Und doch bleibt die Frage im Raum: Wo soll das nur hinführen?

(Markus Bellmann)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Now we die
  • Ghosts will haunt my bones
  • Sail into the black
  • In comes the flood

Tracklist

  1. Now we die
  2. Killers & kings
  3. Ghosts will haunt my bones
  4. Night of long knives
  5. Sail into the black
  6. Eyes of the dead
  7. Beneath the silt
  8. In comes the flood
  9. Damage inside
  10. Game over
  11. Imaginal cells
  12. Take me through the fire
Gesamtspielzeit: 71:05 min

Im Forum kommentieren

sehr geiles

2014-12-06 05:07:01

Album.

bazilicious

2014-12-04 23:57:27

ich weiß nicht... das Album gefällt mir überhaupt nicht, das ist alles so kitschig und pompös geworden, dass es schon fast theatralisch und künstlich bzw. gekünstelt klingt... ist mir persönlich zu viel des Guten, reduzierter und roher haben mir Machine Head VIEL besser gefallen. Auf Blackening war die Mischung zwischen roh und pompös noch sehr gut, aber hier stimmt die Balance gar nicht mehr... da komm ich mir echt vor wie im Vikinger-Musical...

Rote Arme Fraktion

2014-12-04 21:26:11

Klasse Ding, "Sail into the Black" ist so gross. Man fühlt sich wie ein Wikinger, dessen Schiff im Nebel kurz vor unbekannten Festland ist.

deine meinung

2014-08-14 13:24:46

1 album von denen ist rotz, sonst top!

from looking into the sun

2014-08-14 13:00:27

hier ist sogar jedes album Rotz

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum