S - Cool choices
Hardly Art / CargoVÖ: 26.09.2014
An der Biegung des Flusses
Was direkt auffällt: In Zeiten von Google und Co. ist S natürlich einer der 26 schlechtestmöglichen Bandnamen. Informationen zur Band im Internet finden? Ein Job, für den man mindestens die Trovatos engagieren müsste. Was (vielleicht) nicht direkt auffällt: S veröffentlichen mit ihrem Album "Cool choices" eines der unaufgeregtesten, aber sicher auch schönsten Indierock-Alben der letzten Monate, das man im heimischen Plattenregal bestenfalls irgendwo zwischen Rilo Kiley und Tegan And Sara einsortieren sollte. Und zwar nicht nur weil es alphabetisch angebracht erscheint, sondern auch und eigentlich vielmehr, da S soundästhetisch mit ebenjenen Acts verwandt sind. Ein ähnlich feines und stilles Album gab es zuletzt 2010, als "Leche" von Gregory And The Hawk erschien.
Natürlich kommt jetzt die Frage auf, wer für diesen ungünstig-minimalistischen Bandnamen und die hier versammelten, durch die Bank überzeugenden Songs verantwortlich ist. In erster Linie wäre das Jenn Ghetto, die vormals bei Carissa's Wierd spielte, einer Vorgängergruppe der völlig zurecht ziemlich umjubelten Band Of Horses. Zusammen mit ihren Freunden Zach McNulty, Betsy Olson und Carrie Murphy spielte sie die Songs ein, die vor ein paar Jahren als Frustbewältigung nach einer schmerzhaften Trennung entstanden sind. Und weil man sich kennt und der gute Mann ja seit kurzem sowieso weniger zu tun hat, holte man sich mit dem Ex-Death-Cab-For-Cutie-Gitarristen Chris Walla einen ausgewiesenen Spezialisten ins Studio, der die zarten Gitarrenpop-Songs ausgehfertig kleidete.
Die Platte beginnt ganz unten, mit dem Rücken auf dem Holzboden, den stieren Blick Richtung Zimmerdecke gerichtet: "Losers" ist ein höchst-trauriges, melancholisches, vielleicht auch etwas weinerliches Lied über die Leere, die man im Inneren fühlt, nachdem man sein Herz an irgendeiner Flussbiegung begraben musste. "Ist das schon Emo?", könnte man sich fragen und die Antwort darauf kann und darf nur lauten: "Ja, unbedingt!" S kommen dabei logischerweise ohne obsolete Schreiattacken und derlei Rumgegurke aus. Das große "Like gangbusters!" überzeugt mit seinen kristallinen Gitarren, die wie feine Bleistifte klare Konturen zeichnen und dem Song eine einzigartige Schraffur verpassen. Und spätestens nach der Single "Vampires" sollte auch jeder Maritime- oder The-Weakerthans-Freund in S eine neue Lieblingsband für kalte Novemberabende gefunden haben.
Das dunkel-funkelnde "White house" baut zunächst Spannung auf, lässt seine Gitarren perlen, als wäre es 1999, verzichtet aber auf den großen emotionalen Ausbruch, den andere wohl gegen Ende zelebriert hätten. Ghetto und Co. bleiben stets auf dem laubbedeckten Boden der Tatsachen, der Einfachheit halber, wirken dadurch aber nicht nur sympathisch, sondern auch wahnsinnig fokussiert. Sämtliche Herzschmerz-Aspekte werden säuberlich durchdekliniert, "hurt", "drunk" und "someone else" sind die logischen Vokabeln. Am weitesten wird gegen Ende bei "Pacific" ausgeholt, einer Elegie, die bei Death Cab For Cuties "Transatlanticism" in die Lehre gegangen sein dürfte. Selten lagen Schwere und Schwerelosigkeit so nah beisammen wie hier. Auf diesem Album. Nur merken wird's halt wieder kaum jemand. Selber schuld, S.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Like gangbusters!
- Vampires
- Remember love
Tracklist
- Losers
- Like gangbusters!
- Vampires
- (Guitar solo)
- White house
- Brunch
- Remember love
- Tell me
- Muffin
- Balderdash
- Pacific
- Let the light in
Im Forum kommentieren
Rob
2014-11-11 23:30:02
Feine Scheibe, Danke für den Tip!
Habe mir die Vinyl gleich mal geordert. :)
rainy april day
2014-11-10 23:31:10
Gefällt sehr gut, in der Tat!
Jennifer
2014-11-08 16:26:09
Tolles Album. Auch von mir vielen Dank für die Empfehlung, Kevin.
BadaBing
2014-11-08 11:29:02
Danke für den Tipp, macht einen sehr gefälligen Eindruck bislang.
Armin
2014-11-06 01:06:56
Danke, Kevin für die tolle Empfehlung.
Das ganze Album gibt es hier bei YouTube zu hören.
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