Dean Blunt - Black metal

Rough Trade / Beggars / Indigo
VÖ: 31.10.2014
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Back in black

Das muss man erst einmal schaffen: Trotz rasant steigenden Interesses an seiner Musik ist Dean Blunt bis heute ein Unbekannter geblieben. Wenig weiß man von dem Londoner, der früher mit Inga Copeland das Duo Hype Williams bildete. Interviews gibt er nur selten. Eine Homepage sucht man vergebens. Bei seinen Konzerten im letzten Jahr herrschte gar striktes Lichtverbot. Blunt bleibt lieber im Dunkeln und lenkt die Aufmerksamkeit ausschließlich auf seine Musik. Zu seinem Verwirrspiel gehört auch die Partout-Verweigerung von stilistischer Eindeutigkeit. Schon der großartige Vorgänger "The redeemer" passte in keine gängige Schublade.

"Black metal" treibt dieses Verweigerung nun weiter: das Cover schwarz, keine Songtexte, keine Infos zu Besetzung oder Aufnahmemodalitäten. Lediglich die Titel sind abgedruckt. Und die werfen mehr Fragen auf, als sie Antworten geben: Songs wie "Punk", "Country" und "Heavy" klingen keineswegs so, wie sie heißen. Aber sie klingen gut, weil Blunt spielerisch vermählt, was andere glauben, strikt trennen zu müssen. Im Laufe der 13 Stücke leiht er sich Ideen aus Post-Punk, psychedelischem Dream-Pop, HipHop, Reggae, Folk und Jazz – und modelliert daraus einen ganz eigenen Klangkosmos, der unverbraucht und aufregend ist. Das streicherbetonte "Lush" hätte so auch gut auf den Vorgänger gepasst. Aber schon das folgende "50 cent" zeigt, dass Blunt es nicht auf Wiederholung abgesehen, sondern seine Grenzen noch einmal deutlich ausgeweitet hat. Über eine Echo-Gitarrenfigur in Indie-Moll legt er einen straighten Beat und teilt sich das Mikro mit Partnerin Joanne Robertson. Es sind 2:41 Minuten, in denen objektiv gesehen nicht viel passieren mag. Aber sie wirken.

Kurzweilig geht es weiter. "100" versprüht mitreißenden Pop-Appeal inklusive Ohrwurm, in "Punk" trifft ein Reggae-Bass auf einen Dr.-Dre-Beat. "X" ist ein langes und dunkles Lamento über das Abschiednehmen, und die Stop-and-go-Komposition "Hush" zeigt, dass Blunt nicht nur verschiedenste Bauformen von Musik zu etwas Neuem vermischt, sondern auch das Korsett des klassischen Songwritings abstreift – von wegen Strophe, Refrain, Bridge und so. Die Songs werden inhaltlich vorangetrieben, nicht formal. Noch deutlicher wird dies im dramatischen "Grade", wo Ambient-Synthies auf ein Free-Jazz-Saxophon und Spoken-Word-Poetry treffen.

Einzelne Songs herauszuheben ist also einfach, ergibt aber eigentlich kaum Sinn. Denn es ist dieser Mix, das Zusammen- und Wechselspiel der Stile, das die Klasse dieses Albums ausmacht. Hier stößt jemand spielerisch leicht Türen auf und leuchtet die dahinterliegenden Räume hell aus. Und es tun sich ganze Welten auf. "Black metal" ist Zeugnis eines wachen und erfrischend offenen Geistes. "Meta-Musik" oder "Skizzen-Musik" nennen das einige Journalisten. Kann man machen. Aber das wäre schon wieder eine Etikettierung. Und auch die wird Dean Blunt sicher schon bald ad absurdum führen.

(Sebastian Meißner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • 50 cent
  • 100
  • Punk

Tracklist

  1. Lush
  2. 50 cent
  3. Blow
  4. 100
  5. Heavy
  6. Molly & Aquafina
  7. Forever
  8. X
  9. Punk
  10. Country
  11. Hush
  12. Mersh
  13. Grade
Gesamtspielzeit: 53:37 min

Im Forum kommentieren

Lateralis84skleinerBruder

2021-02-27 00:26:49

Höre gerade die Redeemer. Ein Einsame Insel Album für mich. Wird auch nach so vielen Jahren nicht langweilig

zurueck_zum_beton

2015-12-18 16:10:39

Ist schon sehr eigen, besonders seine Bühnen-Nichtpräsenz.
Stimmiges Konzept, lange Show (2h zumindest auf dem Off-Festival) --> danach war ich aber sehr durcheinander, weil das Nacheinander von kompletter Dunkelheit und Strobo-Feuer schon die Härte ist.

Nicht entgehen lassen, klare Empfehlung!

saihttam

2015-12-18 14:13:22

Also ist es eher nicht zu empfehlen oder wie?
Wie lange ist denn sein Set so?

zurueck_zum_beton

2015-12-18 12:34:16

Live total verdreht. Nebelwände, nicht einfach nur Nebel, sondern wie mit dem Lineal gezogen eine Trennung zwischen Bühne und Publikum, äh, gezogen.
Musiker dementsprechend kaum zu sehen, Dunkelheit ohne Ende, Strobo tötet dann total den Vibe. Sehr laut!
Ist unvernünftig dahin zu gehen. Aber wär's vernünftig, würde man es ja nicht machen.

saihttam

2015-12-18 01:15:53

Hat irgendjemand Liveerfahrugen mit dem Typen? Er spielt morgen live im Robert Johnson und ich überlege noch, ob sich das lohnen könnte. Die Atmosphäre, die er in seinen Alben heraufbeschwört, ist ja schon ganz geil.

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