
Arca - Xen
Mute / GoodToGoVÖ: 31.10.2014
Der springende Punkt
Dieses Cover. Nennen wir es ... anrüchig-verstörend? Einer gewissen Faszination entbehrt es schon mal nicht, das hat Künstler Jesse Kanda geschafft. Verstörend genug, um einige irritierte Blicke zu provozieren, ist es. Anrüchig genug, um iTunes und Co. dazu zu bringen, es verpixelt in die Stores zu setzen, ebenfalls. Erinnert an? "My beautiful dark twisted fantasy" zum Beispiel, Kanye Wests Meisterwerk, zu dessen Cover besagte Adjektiv-Kombination ebenfalls ganz gut passt und das sich ordentlich Bild-Zensur zugunsten einer sogenannten Jugendfreiheit auch gefallen lassen musste. Genossen im Geiste, die Herren Arca und West, doch nicht nur das. Wests Folgealbum "Yeezus", ebenfalls versehen mit einem gewissermaßen extremen (Nicht-)Cover, zählte den 24-jährigen Alejandro Ghersi zur Produzentenriege, der sich als Soundarchitekt gehörig austoben durfte. Für den Sprung von "My beautiful dark twisted fantasy" zur wesentlich wilderen Gangart von "Yeezus" zeichnet er wohl mitverantwortlich – und das aus ganzem Herzen, wie Ghersis Debütalbum als Arca nun zweifelsfrei belegt.
Wo "Yeezus" es sich nicht nehmen ließ, mit dem einen oder anderen überraschenden Pop-Moment aus der verschrobenen Grundstimmung auszubrechen, wird "Xen" an seinen Bruchstellen meist einfach noch vertrackter. Halbwegs simpel durchschaubare Beats, wie sie Kanye West als Rap-Basis immer dabei hat, fehlen fast komplett – so sind die HipHop-Anleihen bei Arca kaum mehr als ein Jucken in den Ohrläppchen. Der weite Begriff experimenteller Electronica bietet sich als Schublade wesentlich eher an, wobei natürlich direkt von den hintersten Ecken derselben die Rede sein muss. Arca möchte die verschiedensten Extreme gegeneinander ausspielen und sie eng nebeneinanderstellen. Er spricht von Geschmeidigkeit neben Gewalt, Männlichkeit neben Weiblichkeit, Distanz neben Nähe, ohne irgendetwas davon weiter zu präzisieren. Musikalisch bedeutet das Sprünge in allen Formen: Vom vielschichtigen Half-Time-Industrial-Beat in "Now you know" zum sanft verzerrten Pianosolo von "Held apart". Von den warmen Synthesizer-Kaskaden aus "Failed" zu unruhig-dissonanter Streicher-Dramatik in "Violence".
Beinahe störend und gleichzeitig wie eine überfällige Erlösung pflanzt sich "Wound" gegen Ende zwischen zwei Krawallmacher von Tracks und taucht für zwei Minuten alles in ein wohlig-warmes Licht. Harmonisch ist das nahezu Pop ohne doppelten Boden – noch eine Bassdrum dazu und Lana Del Rey hätte ihre Freude. Sollte die sich in näherer Zukunft dazu entschließen, sich einer abseitigeren Version elektronischer Popmusik zu widmen, Arca gäbe einen hervorragenden Produzenten ab. Auf FKA Twigs' Debütalbum "LP1" und mehr noch auf deren erstem Extended Player "EP1" hat er sein Händchen für einprägsame Frauenstimmen schon bewiesen. Wobei es kaum verwunderlich wäre, wenn der eigene Erfolg möglichen Produzentenjobs in Zukunft rein zeitlich manchmal im Wege steht. Hochverdient, versteht sich.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Now you know
- Thievery
Tracklist
- Now you know
- Held apart
- Xen
- Sad bitch
- Sisters
- Slit thru
- Failed
- Violence
- Thievery
- Lonely thugg
- Fish
- Wound
- Bullet chained
- Tongue
- Promise
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OuterHeaven
2015-03-17 08:16:26
Sisters
Thievery
Wound
sind meine persönlichen Highlights.
Sehr hörenswert ist auch sein aktuelles Mixtape namens Sheep!
https://www.youtube.com/watch?v=yEcD3G8wAqI
Cosmig Egg
2014-12-19 17:05:03
Platz 1 der Jahrescharts von alt-J
saihttam
2014-11-03 19:23:53
BNM! :)
Armin
2014-10-28 22:44:59
Frisch rezensiert! Meinungen?
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- Arca (1 Beiträge / Letzter am 04.08.2017 - 12:37 Uhr)