Minus The Bear - Lost loves

Dangerbird / Big Scary Monsters / Al!ve
VÖ: 10.10.2014
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Immermehr

Alle zwei Jahre ein neues Album – diese eherne Regel des Musikbiz beherzigen Minus The Bear seit Bandgründung beinahe in Hyperkonsequenz. Mit ihrer sechsten Platte – in zwölf Jahren, aye? – durchbrechen sie nun genau zwei Jahre nach "Infinity overhead" diesen Rhythmus. "Hä?" und "Wie das denn?", lauten da einige berechtigte Fragen. Nun, mag "Lost loves" auch neu sein, so sind es die Songs darauf keineswegs. Vielmehr sind sie ungehört und unveröffentlicht, übrig- und liegengeblieben bei den letzten Aufnahmesessions – was bei einer Band wie Minus The Bear natürlich rein gar nichts zu heißen hat.

Denn da die – spätestens nach dem doch eher mediokren Comeback von The Dismemberment Plan nunmehr alleinherrschenden – Könige des Mathpop keine einzelne Note auch nur zu denken wagen, die es nicht wert wäre, einen edel ausstaffierten Song zu ergeben, bietet auch "Lost loves" keinerlei lose Exploitation des Band-Backkatalogs. Und auch soundtechnisch ist das Album derart aus einem Guss, wie man es von Schöngeistern wie Minus The Bear einzig erwarten kann. Gesangs- und Melodienspuren wurden frisch eingespielt, und auch sonst eine Menge hinzugefügt, was den Songs in ihrem jeweiligen Arbeitsstatus noch fehlte. Ein Nebeneffekt ist dann sicherlich, dass die Hoffnung, sich mit "Lost loves" noch einmal die ungestümeren Minus The Bear der Anfangsalben zurückholen zu können, enttäuscht wird. Was sich zudem allein daraus ergibt, dass die Songs lediglich sieben Jahre, sprich zu den Aufnahmen von "Planet of ice", zurückreichen.

Dennoch bietet "Lost loves" einige Reminiszenzen an Arrangements, Harmonien und Kadenzen, von denen sich die Seattler im Laufe der Jahre mehr und mehr entwöhnt haben. Da wären die eher düster-drückend, denn tröstend-melancholisch dispergierenden Tappings von "The lucky ones", die Minus The Bear mit aufgekratztem Schlagzeug und slidenden Bässen zu einem echten Lieblingssong zurechttümmeln. Da wären auch das Uptempo und der Wummerbass von "Cat calls & ill means", dessen Refrain Prog-Gitarren- und Keyboard-Soli durcheinanderwirft. Sowie der ebenso entspannt wie stotternd geriffte 5/4tel-Takt von "Walk on air", zu dem die Erinnerung an die Genre-Großväter Shudder To Think so dicht wie selten im Bandsound steckt.

Aber natürlich sind Minus The Bear von deren Kreuzfeuer aus Schnoddrigkeit und Operette mindestens so weit entfernt wie MTV von seiner Bedeutung Anfang der 1990er Jahre. Stattdessen binden ihr Stilbewusstsein und vor allem Jake Sniders wohlklingende Stimme auch diese Songs schwuppdiwupp in den Albumkontext. Und der besteht zu in etwa gleichen Teilen aus bandtypischen Midtempo-Hoppern und dem leichten Angstsschweiß im Nacken, der den Hörer bei den zuletzt immer häufiger aufkeimenden Pop-Ambitionen der Band schon mal überfallen kann. So auch hier, etwa bei "Patiently waiting", zu dem Sniders Stimme beinahe die Schmalzgröße einer 1980er-Jahre-Ballade erreicht. Macht aber nichts, denn selbst wenn "Invented memory" seinen einschmeichelnden Soul-Pop-Rhythmus mit einem Adult-Rock-Solo beinahe über die Geschmacksgrenze schubst, antworten Minus The Bear sogleich mit einer zackigen Tempo-Beschleunigung, die klarstellt, was alles geht und was nicht. Alle zwei Jahre wieder. Bei Minus The Bear. Mit Songs, die ohnehin klingen, als seien sie die alten. Glücklicherweise.

(Tobias Hinrichs)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Electric rainbow
  • Walk on air
  • Cat calls & ill means
  • The lucky ones

Tracklist

  1. Electric rainbow
  2. Surf-n-turf
  3. Broken china
  4. Walk on air
  5. Patiently waiting
  6. Cat calls & ill means
  7. Invented memory
  8. South side life
  9. Your private sky
  10. The lucky ones
Gesamtspielzeit: 42:45 min

Im Forum kommentieren

noise

2014-10-07 22:55:46

Gute Stücke - gutes Album. Vor allem, man hört es nicht heraus, dass es nicht verwendete Songs aus den letzten 7 Jahren sind. Hört sich an wie ein "reguläres" Album.
Sehr zu empfehlen.

Armin

2014-10-06 21:34:44

Frisch rezensiert! Meinungen?

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum