Goat - Commune
Rocket / CargoVÖ: 03.10.2014
Abenteuer leben
Die Glockenschläge im Eröffnungsstück "Talk to God" kündigen es an: Es wird Zeit! Zeit für maskierte Schweden, die sich eigenwillig an einer für Weltmusik geöffneten Fusion aus einer exotischen Groove-Induktion, (Neo-) Psychedelia, Krautrock und Wüstenromantik versuchen. Veröffentlicht auf einem Label aus Großbritannien. Kurz: Ein Aller-Welts-Sound im wahrsten Sinne des Wortes - ohne die negative Konnotation des Begriffs. Das Mantra-artig und fast spiritistisch hervorgepresste "When you talk to God" verspricht für die kommenden knapp 40 Minuten eine Rhythmus-fixierte Spielart von Genre-Explosion.
Zeit wofür? Im grenzenlos kommunikativen Austausch erschafft sich der Mensch 2014 eine Lebenswelt frei von jeglichen kulturellen Einschränkungen. Frei, wie er ist, nimmt er seltsam-neue Ausformungen künstlerischer Vielfalt mit Kusshand. Der kommunikative Austausch mit fremden Ethnien stürzt anachronistische Denkgebäude um. Andererseits: Vielleicht doch besser versuchen, eine Form von political correctness nebeneinander her lebend vorzutäuschen. Das höchste der Gefühle: eine rabiate Halb-Akzeptanz und die Vorurteile, die sollen doch besser bleiben, man zeigt sie nur lieber nicht mehr so offensichtlich. Mischt euch nur nicht ein!
Was soll das für "Commune", das Zweitwerk von Goat, bedeuten? Das Kollektiv zerbröselt ganze Vorstellungsmuster von "Wie klingt eigentlich Schweden?", indem wild zusammengerafft wird, was die kulturelle Weltkarte an Ausdrucks- und Schlagkraft hergibt. Vorgetragen wird das Ganze mit einer Wucht, die in Worte zu fassen am besten anhand des Gesangs der namenlosen und auf Konzerten verhüllt auftretenden Sängerin möglich ist: Schnell wird bemerkbar, dass sie im Ritual versunken gezwungen wird, dem gnadenlosen Groove und den Klang-Eskapaden ihre Stimme entgegensetzen. Ohne dass diese kippt, wird sie erhoben, um dem stur-monotonen Gepresche ein Gleichgewicht zu verleihen; womit sie sich in bester Tradition von Sera Timms und Laura Pleasants von Black Math Horsemen respektive Kylesa einreiht. Dadurch wird die Instrumentierung veredelt, dergestalt, dass die stimmliche Präsenz ursächlich ist für den Gesamt-Eindruck: Um die pure Vitalität und Kraft erfahrbar zu machen und zu erzeugen, wird "Commune" vor allem deshalb zum genialen Streich, weil die Wortgewalt in den Vordergrund gerückt und in gesteuerter Aktion zur autoritären Wirkmacht wird.
Was bleibt? Das 40-minütige Abenteuer endet mit einem zufrieden-satten Gefühl von Erschöpfung. Nicht nur Goat scheinen sich in musikalischer Ekstase auszupowern, auch im Zuhörer bleibt ein Eindruck der Anstrengung und sogar aus dem vorderen Dreieck auf dem Cover spricht, dass die abgebildeten Funken in der gleichen Unendlichkeit dahinfließen werden wie im Hintergrund von "Levez vos skinny fists comme antennas to heaven". Der Kulturwissenschaftler nennt diesen stilistischen Wagemut, dem die Expressivität und Diversität dieser Musik innewohnt, cross-kulturell. Zur Abwechslung kann man aber einfach nur intuitiv spüren, dass dort nichts intellektuell überhöht oder in theoretische Zusammenhänge hereingestopft wird, sondern dass hier vom markigen Opener über das beruhigte Instrumental "To travel the path unknown" bis hin zum abschließenden "Gathering of ancient tribes" alles fulminant stimmig ist und es einfach unerhörten Spaß macht! Im Abschluss-Stück werden übrigens beinahe sämtliche Motive vom Beginn wieder aufgenommen, auf den Punkt gebracht wird's natürlich vom Gesang: "Let us be reborn!"
Highlights & Tracklist
Highlights
- To travel to the path unknown
- Goatchild
- Gathering of ancient tribes
Tracklist
- Talk to God
- Words
- The light within
- To travel to the path unknown
- Goatchild
- Goatslaves
- Hide from the sun
- Bondye
- Gathering of ancient tribes
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Jau
2016-12-06 22:21:53
Warum nicht SUn City Girls bei den Referenzen??
dergelbedaumen
2014-12-31 18:36:31
Uah die Sängerin hört sich mal total nach The B-52´s an. Hammer Platte
retro
2014-11-24 09:08:11
gefällt mir auch sehr, wirklich ein kurzweiliges album zum ganz durchhören. das highlight ist für mich der letzte song.
noise
2014-11-23 19:56:47
Ja, klar. Wenn es "richtige" Weltmusik wäre, hätte ich sie mir auch gar nicht erst angehört
sumsar
2014-11-22 13:34:30
so richtige Weltmusik ist das für mich nicht, eher eine Mischung aus Kraut-, Stoner-, und Experimental-rock, teilweise mit orientalischen Einschlägen. Auf jeden Fall ein tolles Album
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