Juli - Insel

Island / Universal
VÖ: 03.10.2014
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Pflichtverhüllung

Der deutschsprachige Befindlichkeits-Rock der 2000er Jahre wurde in seinen besten Momenten durch Bands wie Kettcar oder Wir Sind Helden geprägt. Zugleich gruppierte sich eine risikoscheue Abteilung um Silbermond und Juli, die zwar niemandem wirklich mit ihren Allerweltsliedchen weh tun wollte, aber gerade deshalb manch empfindsames Ohr ganz fürchterlich gepiesackt hat. Beide Formationen durchlitten zuletzt plötzliche Anfälle von künstlerischer Größe, was im Falle von Juli sogar über ein ganzes Album hinweg ganz ausgezeichnet funktioniert hat. "In love" war ein Freudenhaus der Traurigkeit inmitten nackter Angst, voller sonst verbotener Schwermut und mit reichlich tränenfeuchtem Abgang bestückt. Doch jeder noch so dunkle Herbst geht einmal zu Ende und was folgt, ist im Falle der Gießener kein panisch-depressiver Schub, sondern der Rückfall in alte Verhaltensmuster, um irgendwie heil über den Winter zu kommen. Die Angst vor der neuerlichen Angst? Möglicherweise.

"Insel" soll jedenfalls laut eigener Aussage das "demokratischste" aller Werke von Juli geworden sein. Im Laufe der zwölf Stücke wird allerdings zusehends deutlicher, was die harmlos dahinplätschernde, titelgebende Vorabsingle bereits befürchten ließ: Hier haben viel zu viele Kompromisse zu einem aalglatten, zugeknöpften und schalen Ergebnis geführt, das keinen Zuhörer wirklich glücklich macht. Sämtliche Instrumente im Mix wirken seltsam zurückgenommen, als ob sie den Hörer weder umgarnen noch sonstwie mitreißen wollten. Das Schlagzeug will nicht schlagen, nur feudeln und stupsen. Die Gitarre ertönt lediglich als Ahnung ihrer selbst, sie kitzelt und sie kreischt auch nicht. Der Bass spielt zwangsläufig alles andere, nur nicht bässer, äh besser. Sonstige tontechnische Spielereien sind stets so angelegt, als ob sie eigentlich gar nicht da wären. Selbst der Gesang bleibt ohne nennenswerte Ausbrüche oder gar überraschende Wendungen. Hier soll ja nichts dominieren und sich bloß niemand benachteiligt fühlen. Was dabei auf der Strecke bleibt, ist allerdings die vielschichtigere Sinnlichkeit, die dem Vorgänger noch auszeichnete. Zu dem heutigen Gedudel Julis mag man indessen leider nicht einmal mehr seinen Namen tanzen.

Wo eine Judith Holofernes, ihren zwiespältigen Alleingang "Ein leichtes Schwert" vielleicht ausgenommen, schon durch ihren spezifischen Wortwitz immer irgendwie die Kurve gebogen bekam, bleibt bei Juli bloß fader Einheitsbrei ohne versöhnliches Augenblinzeln übrig. Der Plattenbau steht nicht nur als Songtitel trotzig in der Landschaft herum, sondern ebenso sinnbildlich für den künstlerischen Zustand der Band und ihr Erstarren in maroden, längst renovierungsbedürftigen Kompositionsmustern. Auch der halbakustische Rückblick "2004" verkommt so zur sentimentalen Groteske, und bei "Wasserfall" mit seinen verklemmten Huuh-Summerinnen bricht ebenfalls niemand mehr in offene Euphorie aus. Dieses Album rauscht am Hörer vorbei wie eine defekte Klospülung, und man wünscht sich umgehend einen fähigen Ohrenklempner, um dieses leidige Tralala endlich wieder aus den Lauschern zu bekommen.

"Alle, die nichts brauchen, hebt Eure Hände / Alle, die nichts brauchen, rennt durch die Wände" – dermaßen um Enthaltsamkeit buhlende Pennälerlyrik ähnelt den wirklichkeitsfernen Durchhalteparolen der FDP und scheint allenfalls für den zügigen Radioverzehr geeignet. Zugleich ist es aber das Leitmotiv für ein Werk der musikalischen Verflachung, dessen notorische Tristesse an manchen Stellen sogar richtig auf den Senkel gehen kann. "Ich will nicht wissen, wie es ausgeht" singt Eva Briegel mit brüchiger Stimme, fällt im Anschluss umgehend in ihren eintönigen Singsang zurück und macht den Wunsch damit zum Vater des Gedankens. Das hier klingt nach liebloser Vertragserfüllung, mehr nicht. War's das etwa schon wieder mit der Relevanz?

(Andreas Knöß)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Wenn das alles ist

Tracklist

  1. Insel
  2. Wenn sich alles bewegt
  3. Wasserfall
  4. Nichts brauchen
  5. Eines Tages
  6. Hallo hallo
  7. Jetzt
  8. 2004
  9. Es ist nicht viel
  10. Plattenbau
  11. Wenn das alles ist
  12. So fest ich kann
Gesamtspielzeit: 48:48 min

Im Forum kommentieren

Sehr langweiliges

2014-12-08 05:06:56

Album für langweilige Leute aus Paderborn.

Dedi

2014-12-08 01:58:01

Band Juli Insel Flop - Wer hat eigentlich die völlig unprofessionelle Presse-Mitteilung der Band geschrieben, welche oft veröffentlicht wurde. Schlechter geht es doch wirklich nicht! Als ob jemand das neue Album Insel von Juli wegen 1000.000 verkauften Tonträgern und 200 TV-Auftritten (im KIGA) mehr beachten würde. Chance vertan. In so eine Presse V.Ö gehört doch rein was inhaltlich und musikalisch zählt und für die Hörer interessant wäre. Scheinbar macht die Band das alles selbst - schade dass das Management so unprofessionell ist. Aber das größte Problem ist, dass die Band von 0 auf 100 von der Plattenfirma hochgeschossen wurde und dadurch eine Kariere wie eine Castinband durchläuft. Die Hits wurden im ersten Album abgefeuert. Leider nicht aus eigener Kraft, sondern mit Hilfe der Plattenfirma bzw. dem Produzenten. Juli wurden als - Wir sind Helden - und Mia Ersatz auf Deutsch umgeschult, Eigenständigkeit sieht anders aus. So wundert es doch niemand, dass Juli schon vor vier Jahren nach dem BVSC- tot waren. Der letzte Platz für eine Band in den Charts.. tödlich, blamabel. Musikalisch irren Juli durch die Zeit du finden einfach keinen eigenen Stil.
Leider ist Juli auch keine besondere Live Band. Wer sie mal auf einem Konzert gesehen hat (wie ich 2010) der fragt sich ob die Band Juli überhaupt ihre Platten selber eingespielt haben. Ich vermute – eher nicht. So ist das Album Insel ein weiterer Schritt in der logischen Rückwärtskariere der Band Juli.
Band Juli Insel Flop

Juli war gestern

2014-10-17 22:12:45

Juli Insel ist echt der Flopp, selten so eine Langweilige CD gehört. Der weinerliche Gesang der Sängering geht mir auf die 12.

sunny69

2014-10-09 09:46:51

wer braucht schon Juli?
alles Refrain-Einheitssuppe- ob "die perfekte Welle" oder " Insel" - aber für eine längere Zeit abzutauchen, einen erfolgreichen Refrain neu anzureichern... geschickt.

ich mag zwar den Sommer, aber keinen "Weichspüler Juli" :-)

thursdaymaster

2014-10-08 12:08:29

Ich bin auch ehrlich gesagt dem Album nicht einmal zu 80% abgeneigt...

"Unnervig" trifft es tatsächlich, es ist keine Neuerfindung des Pop, sondern wie ich finde ein einfaches Easy-Listening-Popalbum.
Und dabei halte ich das Album schon für deutlich besser, als alles deutsche Radio-Gedudel, was es aktuell zu hören gibt...Für mich bleibt es zumindest eine 5/10.

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