
Finch - Back to oblivion
Razor & Tie / Spinefarm / UniversalVÖ: 26.09.2014
Im Rückwärtsgang
Ach, schau mal an! Die nächste Emo-Reunion! Könnt und wollt Ihr nichts mehr von hören? Halt. Im Falle von Finch lohnt sich der geraffte Blick auf das, was war – denn, mal ehrlich, viel chaotischer geht es nicht. Anfang des neuen Jahrtausends, da waren zunächst Screamo-Hits wie "What it ist to burn" oder "Letters to you". Und rund um die "Falling into place"-EP im Jahr 2001 und das allseits gefeierte Erfolgsalbum "What it is to burn", ein Jahr später, waren Finch das große Screamo-Ding. Auf der Tour abgefeiert, erlebten die neuen Rockstars aber schon beim Aufnahmeprozess zum Nachfolger "Say hello to sunshine", wie es sich anfühlt, von der Szene erst überholt und dann vergessen zu werden. Der (nicht uninteressante) Bruch im Sound ließ das Album auch noch floppen – und dauerhaft schwelende Querelen innerhalb der Band sowie mit den Plattenfirmen Drive-Thru und Geffen führten zur Auflösung im Februar 2006.
So weit, so normal? Fast. Denn es gab 2007 schon mal ein Comeback des Fünfers, plus Release der "Self titled"-EP im Jahr 2008, doch dann erneute Probleme, wieder der Split – Fans tröstete man mit einer Gratis-EP, die damals angekündigte dritte Platte aber erblickte nie das Licht der Öffentlichkeit. Dieses vermisst derzeit auch der ehemalige Bassist Derek Doherty – er wurde nach dubiosen Geschäften jüngst zu 15 Monaten Knast verdonnert (ein Schelm, der schon bei seinem Nachnamen zwinkerte!). Doch endlich: Mit den Jubiläumskonzerten für ihr Debüt fand die neu formierte kalifornische Chaosbande um Nach-wie-vor-Sänger Nate Barcalow Ende 2012 tatsächlich wieder regelmäßig zusammen – und mit Razor & Tie ein Label, das ihr Comeback namens "Back to oblivion" Realität werden ließ.
So viele olle Kamellen, so wenig zum neuen Album? Stimmt. Aber auch das passt irgendwie zusammen. Denn diese Reunion-Platte ist, trotz recht homogenen Gesamteindrucks, leider verzichtbar geworden. Das liegt nicht unbedingt nur am Songmaterial. Immerhin gibt es ordentliche Alternative-Rock-Songs wie den Opener, "Murder me" oder die erste Auskopplung "Anywhere but here". Doch wer sich dieser Tage beim Wiederentdecken von "Say hello to sunshine" erhofft hatte, Finch würden sich in Post-Punk-Gefilde vortrauen, wird nun herbe enttäuscht. Denn auch die ordentlichen Ansätze dürfen sich aufgrund der zu glatten und mindestens zehn Jahre abgestandenen New-Metal-Produktion von Audioslave-Mann Brain Virtue nie entfalten. Barcalow traut sich hier und da auch zu schreien, wie etwa im härteren "Further from the few", doch fehlt ihm die Überzeugung, wie den meisten Songs die Qualität.
Auszunehmen vielleicht "Picasso trigger", das sich mit ordentlichem Refrain und wuchtigen Gitarren tatsächlich aus der ansonsten auf Einheitsbrei basierenden Song-Soße herausretten kann. Leider schlingern sich Finch mehr oder weniger durch Klangvorlagen etlicher 00er-Jahre-Konsorten, die man in Gedanken und Erinnerung schon längst beerdigt hatte. Klingen mal nach Hoobastank ("Us. vs. them"), 30 Seconds To Mars ("The great divide") oder gar Puddle Of Mudd ("Play dead"). Wem nach all diesen Bandnamen nun sogar das Unwort "Millennium" in den Sinn kommt – für rückgewandte Wortschatz-Deformierungen haftet Plattentests.de leider nicht. Finch sind erleichtert, dass sie wieder in die Spur gefunden haben. Das gönnt man ihnen. Doch eigentlich hätte es eine Rückwärtsfahrt in dieser Form nicht gebraucht.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Picasso trigger
Tracklist
- Back to oblivion
- Anywhere but here
- Further from the few
- Murder me
- Picasso trigger
- Play dead
- Two guns to the temple
- The great divide
- Us vs. them
- Tarot
- Infernium
- New wave
Im Forum kommentieren
finch
2014-10-04 16:43:14
back to oblivion trifft den nagel auf den kopf: die gehören schnell wieder zurück in die vergessenheit.
Beefy
2014-10-04 16:37:32
Schade, dass sie sich nicht für die Gitarrenwucht von "What It Is To Burn" entschieden haben. Die Songs wären ja teilweise ganz gut, aber viel zu glatt produziert.
zote
2014-10-02 15:33:19
Also gerade für eine Band die nach dem Debüt ihren Sound änderte, weil sie -nicht wie jede andere amerikanische Dorfband klingen wollte- ist dieses Album schon eine Überraschung. Das mit Hoobastank ist wirklich nicht weit hergeholt. Musste oft an deren erste Platte denken, beim hören der Songs. Oft auch an die Deftones nur mit weniger Druck. Und das finde ich auch so schade an dem Album. Die Songs sind oft nicht schlecht, aber brechen auch nie aus. So leiert irgendwie alles vor sich hin. Von Finch habe ich leider mehr Energie erwartet.
eric
2014-10-02 11:40:43
Scheint mir mit relativ wenig Lust verfasst zu sein.
Zumindest war wenig Lust vorhanden, das Album mehr als fünf, sechs Mal zu hören. Ist mir zu glatt und mutlos. (Und jepp, durchaus nah am Nu-Rock der frühen 2000er.) Aber ist ja nur meine Meinung. :-)
curt
2014-10-01 21:41:18
Kann die Rezension und vor allem die Bandvergleiche (ich meine... Hoobastank?!) auch nicht ganz nachvollziehen. Sicher kein Überknaller-Album, aber auch nicht so schlecht, wie der Text vermuten lässt (eher 6/10*). Scheint mir mit relativ wenig Lust verfasst zu sein.
* Wenn man davon ausgeht, dass die SHTS hier zwei Punkte zu wenig bekommen hat, passen die Relationen dann auch.
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