Georg Auf Lieder - Alexanderplatz

Island / Universal
VÖ: 22.08.2014
Unsere Bewertung: 2/10
2/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Das ist die Berliner Luftnummer

Die Biographie des Mannes mit dem seltsamen Namen liest sich wie ein Skript aus dem Nachmittagsprogramm auf RTL: Georg Auf Lieder hat im Alter von 17 Jahren die Schule abgebrochen, ist Straßenmusiker in Hamburg geworden und nach Berlin weitergezogen, ohne dort eine feste Bleibe zu haben. In der Hauptstadt schlug er sich zwei Jahre lang als Straßenmusiker auf dem Alexanderplatz durch, bis ihn die Streetworker von Universal endlich von der Straße holten, wo es vom warmen Studio aus direkt in die Charts ging. Mit diesem Background sollten sich die Texte doch theoretisch wie von selbst schreiben. Denn eigentlich reicht es doch, die vielen skurrilen Erlebnisse, die auf dem hyperaktiven Pflaster im Epizentrum der Republik sicherlich an der Tagesordnung sind, schlicht zu vertonen.

Die Realität klingt allerdings viel eher nach "Sedanplatz": Das ist kleiner Park im ostwestfälischen Lage, einer ausnehmend tristen Industriestadt, bei der die Vermutung naheliegt, dass das Adjektiv, welches ihr Name rückwärts gelesen ergibt, kein Zufall ist. Sondern einer der besseren Scherze der Historie. An diesem Ort wären etwaigen hinter Bäumen lauernden Exhibitionisten längst alle präsentablen Teile abgefroren, bevor mal irgendwer vorbeiflanieren würde, um sie zu bestaunen. In etwa so schillernd wie dieses Umfeld sind die von Produzent Christian Neander routiniert in emotionsdichtes Plastik verschweißten Soundlandschaften geraten, zu denen Georg Auf Lieder mit stets recht angestrengt klingender Stimme singt. Und ungefähr so zahlreich wie die Menschen, die sich hierher verirren, sind jene Momente, in denen sich der 26-jährige textlich mal abseits der Haus-/Klaus-/Maus-Lyrik bewegt.

Allerdings geht es gleich fürchterlich schief, wenn zwei Zeilen sich mal nicht mit den üblichen Verdächtigen unter den Reimen schließen lassen: "Ich bin Tarzan und du bist meine Jane / Das Wichtigste ist, dass wir uns verstäääin", dichtet er in "Tarzan & Jane". Dümmer geht's nümmer! Obwohl: In "Patrick" beschreibt Georg Auf Lieder die Lebensgeschichte eines kiffenden Jungen, der sein Leben nicht in den Griff bekommt. Und weil der entscheidende Dreh in der Geschichte fehlt, vermittelt sie letztlich nichts anderes als die fragwürdige Botschaft: Unterschicht bleibt Unterschicht. Der Pressetext spricht dennoch ausgerechnet von "einer Platte, in deren Texten sich jeder wieder findet, der selbst durch harte Zeiten gegangen ist und dabei nie aufgegeben hat, sondern stets das Licht am Ende des Tunnels im Fokus hatte." Im Bezug auf die Unbedarftheit der Dichtung auf "Alexanderplatz" sei vorsichthalber noch einmal gewarnt: Manchmal kommt dieses Licht am Ende des Tunnels auch von einem Zug.

(Andreas Beckschäfer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Videothek

Tracklist

  1. Sommer
  2. Marine
  3. Möwen
  4. Löcher in den Hosentaschen
  5. Tarzan und Jane
  6. Moment
  7. Patrick
  8. Schwer in Ordnung
  9. Nicht atmen
  10. Nie wieder schwer wie Blei
  11. Videothek
Gesamtspielzeit: 41:27 min

Im Forum kommentieren

alter schwede

2015-07-02 00:23:32

seltsame bewertung der platte. 2/10? euer ernst?

Malte

2014-09-15 17:37:03

"Und weil der entscheidende Dreh in der Geschichte fehlt, vermittelt sie letztlich nichts anderes als die fragwürdige Botschaft: Unterschicht bleibt Unterschicht. "


Genau. Weil die viel bessere Botschaft ist ja bekanntlich: Vom Tellerwäscher zum Millionär. Sau geiles Konzept.

Eschnapur

2014-09-14 12:34:54

Für Luxemburger Verhältnisse extrem innovativ.

Hurz

2014-09-13 19:00:56

Ich habe die Band auch schon gesehen und kann die Bewertung kaum glauben. Allerdings fällt auf, dass auf dem Album, zumindest der Titelliste nach wenn es keine Umbenennungen gab, die Knüller Hähnchentag und Kravatte gar nicht drauf sind. Seltsam.

Eurodance Commando

2014-09-11 13:15:04

Habe die Band 2014 bei Rock am Ring gesehen und kann die miserable Bewertung in keinster Weise nachvollziehen.

Kann mir einfach nicht vorstellen, dass das Album so schlecht sein soll wie Nevada Tan, Witt und Co.

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