Magnus - Where neon goes to die

Caroline / Universal
VÖ: 05.09.2014
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Viel zu beaten

Gute Gründe, die 1980er Jahre fürchterlich zu finden: Aids, Tschernobyl, Yuppies, Privatfernsehen, Ballonseide. Zweifellos war es auch ein Jahrzehnt voll des musikalischen Grauens, das mit der Ermordung von John Lennon begann und mit dem widerlichen Bild von David Hasselhoff auf der brüchigen Berliner Mauer formvollendet begraben wurde. Auch der bedauerliche Umstand, dass sich damals längst jeder Depp einen Synthesizer leisten konnte, war dem Niedergang der Musikkultur zuträglich. Denn so, wie die Pennäler noch heute glauben, dass sie nicht mehr selbst rechnen müssten, sobald der Taschenrechner im Mathematikunterricht zugelassen wird, glaubten die Harold Faltermeyers und Jan Hammers jener Zeit, es sei nun nicht mehr zwingend notwendig, sich tatsächlich mit Musik zu beschäftigen, um sie zu produzieren.

Was das alles mit Magnus zu tun hat? Nun, ein Großteil der Songs auf "Where neon goes to die" schwingt so gelassen weit jenseits des Zeitgeistes, als seien sie C.J. Bolland und Tom Barman vor ungefähr 30 Jahren eingefallen. Diesen zugegeben seltsamen Eindruck vermitteln zuallererst die an den nervösen Stil des Soundtracks eines C64-Jump-& Run-Spieles erinnernden Geräusche, die Bolland in so ziemlich jedem Song unterbringt. Und zudem – gänzlich anders als damals – nerven die Synthesizer-Effekte hier nicht, sondern wirken als virtuos eingesetztes Mittel zum Zweck, kicken ungemein und funktionieren vermutlich auf der Kirmes ebenso gut, wie im Szene-Club. "Singing man", die von Editors-Sänger Tom Smith berauschend intonierte Vorabsingle, klingt, als habe der Beat von Yazoos "Don't go" einst Dave Gahan und Martin Gore einen ihrer schönsten Refrains ausgespannt. Ein wenig näher ans Hier und Jetzt rückt das recht aufgeräumte, weil weitestgehend allein von der Drum-Machine getriebene "Puppy": So mitreißend hätten möglicherweise Justin Timberlake und Timbaland geklungen, wären sie bereits im Jahrzehnt der neonfarbenen Leggings existent gewesen.

"Rockers just shouldn't rock", rappt Barman in prätentiöser Selbstironie im unwiderstehlich groovenden "Catlike", dem stärksten Song dieses durchgängig überzeugenden Werkes, auf dem die zwei Meister in Sachen Rock und Dance ihre ureigenen Stile derart fließend fusionieren, als hätten diese niemals nicht zusammengehört. Und weil neben Smith auch die weiteren Gäste Tim Vanhamel, Blaya, Billie Kawende, Mina Tindle, David Eugene Edwards und Selah Sue sehr eigene Töne aus Soul, Jazz, Pop und R'n'B einbringen dürfen, wird es kein bisschen langweilig auf der Tanzfläche. Eine Dekade haben die zwei Belgier sich Zeit gelassen, um den Nachfolger des 2004 erschienenen Debüts "The body gave you everything" zu produzieren. Es scheint nicht so, als hätten sie auch nur einen einzigen Tag vertrödelt. Sie haben schlicht Anlauf genommen. So viel, wie es für einen wirklich großen Wurf eben braucht.

(Andreas Beckschäfer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Puppy
  • Trouble on a par
  • Catlike
  • Everybody loves repetition
  • Singing man

Tracklist

  1. Puppy
  2. Last bend
  3. Trouble on a par
  4. Future postponed
  5. Catlike
  6. Regulate
  7. Everybody loves repetition
  8. Getting ready
  9. Singing man
  10. Death of neon
Gesamtspielzeit: 40:49 min

Im Forum kommentieren

The MACHINA of God

2015-10-06 14:23:56

Echt? Cool. Und: verdammt. :)

Robert G. Blume

2015-10-06 10:17:25

Jaa! Besonders überrascht war ich, dass Tim Vanhamel zum Lineup gehörte. Zwei meiner Belgier-Ikonen in einem Konzert.

embele

2015-10-01 21:32:23

Konzert in Köln gestern war saugeil !!!
Leider wenige Besucher, aber eine gut gelaunte Band, die alles gegeben und auch jeden mitgerissen hat.
Tom Barman sagte, dies sei ihre erste gemeinsame Tour durch Europa und ich bin froh, daß ich dabei war :)

Robert G. Blume

2015-09-22 01:57:53

Ich bin heute in Berlin - Berghain Kantine

The MACHINA of God

2015-09-21 18:08:02

Ja. Und nur das. :)

Ich find einfach "let me google that for you"-Antworten ziemlich daneben.

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