Tiny Fingers - Megafauna

Anova / Tiny Fingers
VÖ: 25.07.2014
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Entzuckend

Epilepsiewarnung: "Bei manchen Personen kann es in besonderen Fällen zu epileptischen Anfällen oder Bewusstseinsstörungen kommen, wenn sie bestimmten Rhythmen oder Klangeffekten ausgesetzt sind. Diese Personen können möglicherweise bei der Benutzung von Tonträgern einen Anfall erleiden. Hiervon können auch Personen betroffen sein, deren Krankheitsgeschichte bislang keine Epilepsie aufweist und die nie zuvor epileptische Anfälle gehabt haben." Es ist verwunderlich, dass die israelischen Post-Metaller Tiny Fingers keine solche Warnung auf ihr neues Album haben drucken lassen. Passend und vonnöten wäre sie allemal.

Laut Booklet besteht "Megafauna" aus neun Songs. Dies ist eine Lüge. "Megafauna" ist ein einziges, gigantisches Stück. Das, was Tiny Fingers in etwas mehr als 40 Minuten veranstalten, sprengt Track- und Genregrenzen. Zwar erinnern Schlagzeug- und Gitarrensound stark an progressiven Metal à la Tool, die Art und Weise, wie die Israelis diesen Sound jedoch mit heulenden Synthies und zappeligen Grooves kontrastieren, trägt deutliche Züge von Dubstep und Drum'n'Bass. Auch werden nur selten Ideen in konventionellen Songstrukturen durchdekliniert. "The reduction wheel" basiert beispielsweise auf einem minimalistischen Bassloop, der sich mit einer kreischenden Leadgitarre duelliert. Nach einigen Variationen mündet der Track in ein orgiastisches Finale, dessen irrer Schlagzeugpart Omar Rodriguez-Lopez die Tränen in die Augen treiben dürfte.

Ruhigere Fahrwasser durchschippert "Preloader". Zäh und schwerfällig ist vor allem der Mittelteil: Ein langsamer Offbeat wird minutenlang von einem simplen Gitarrenstakkato untermalt. Doch auch diese vermeintliche Entspannungsphase währt nur kurz. Das Riff, das der brütenden Warterei auf den großen Knall ein Ende bereitet, macht kaputt. Und zwar mit Nachdruck. Atmosphärische Passagen sind auch im weiteren Verlauf immer wieder vorzufinden, so verkündet etwa "Pasadena matador" dissonantes Unheil, das in Form von "Money-time" nicht lange auf sich warten lässt. Sirengeheul erklingt und die Band lässt sich gehen. Nach einer Stippvisite in psychedelischen Gefilden mausert sich das Lied zu einem astreinen Rocker, virtuoses Gitarrensolo inklusive.

"Megafauna" ist wie gemacht für Menschen mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne. Einzig das stimmungsvolle "Cyclamens" leistet sich den Luxus, ein einziges Motiv über mehrere Minuten auszuwalzen. Den Schlusspunkt setzt "El dorados", das kirre Super-Nintendo-Keyboards mit bleischweren Riffs zusammenführt. Was sich wie eine Erfindung aus Dr. Frankensteins Labor liest, entpuppt sich akustisch als gelungene Kreuzung. Ganz richtig im Kopf sind die Herren aus dem gelobten Land auf jeden Fall nicht. Müssen sie ja auch nicht sein, solange sie mit ihrer Musik den Nagel so auf den Kopf treffen wie auf "Megafauna". Für eventuelle medizinische Notfälle übernimmt die Band indessen keine Haftung.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Demands
  • El dorados
  • Money-time
  • The reduction wheel

Tracklist

  1. Intro
  2. Demands
  3. The reduction wheel
  4. Preloader
  5. Pasadena matador
  6. Money-time
  7. Cyclamens
  8. El dorados
  9. Outro
Gesamtspielzeit: 41:22 min

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BibaButzemann

2015-01-16 15:21:42

So ein starkes Album. Hört das wirklich keiner?

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