
Shabazz Palaces - Lese majesty
Sub Pop / CargoVÖ: 01.08.2014
Sound & Vision
Das größte Lob gebührt denen, die der Stagnation den Stinkefinger zeigen und sich selbst immer wieder aufs Neue herausfordern. Menschen, die nicht auf Nummer sicher gehen, sondern in neue Richtungen denken, in fremde Territorien des Selbsts reisen und die eigenen Grenzen ausloten. Zu ebendiesen Leuten zählen auch Shabazz Palaces, ein experimentelles HipHop-Kollektiv aus der Grunge-Hauptstadt Seattle, das seine Platten logischerweise bei Sub Pop veröffentlicht. Ihr großer Verdienst ist es, HipHop weiter zu denken als 99 Prozent der Genre-Kollegen, indem sie in Sound und Storytelling unbeschrittene Wege gehen und dabei größtenteils auf Eingängigkeit und Schlüssigkeit pfeifen. Ihre letzte Platte "Black up" gehörte – neben dem Debüt von Ghostpoet – folglich auch zum Erfrischendsten, was der HipHop so anzubieten hat. Doch anstatt den erfolgreichen Pfad weiter zu marschieren, stürzen sich Shabazz Palaces mit ihrem neuen Album "Lese majesty" lieber die nächste Klippe hinab und landen in einem sprudelnden Meer aus zerhackstückelten Beats und sorgsam genuschelten Rhymes.
Für "Lese majesty" verzichten die US-Amerikaner also fast vollständig auf Hits, der Fokus liegt auf der soundtechnischen Kompilierung skizzenhafter Ideen, die durchaus großes Potenzial offenbaren, aber eben noch irgendwie unfertig und hingerotzt wirken. Klar, das ist eine ziemlich geile Haltung und definitiv kompromisslos und verdient größten Respekt. Aber gemessen an dem Standard, den sie mit dem direkten Vorgänger selbst formulierten, wirkt die neue Veröffentlichung eher wie ein Mixtape. Wobei man auch festhalten muss, dass wir hier auf hohem Niveau meckern, denn betrachtet man "Lese majesty" als das, was es letztlich wohl sein soll – eine frickelige Mindmap aus nervös zuckenden Beats und anachronistischen Raps –, dann relativiert sich sämtliche Kritik. Und am Ende macht diese zerebrale Irrfahrt natürlich auch irgendwie Freude, vorausgesetzt, man kann sich auf krude Strukturen, lässige Fingerübungen und scheinbar inkohärente Songentwürfe einlassen. Einen roten Faden wird man vermutlich eh nur finden, wenn man ähnlich tickt wie die Jungs von Shabazz Palaces.
Genügend Anknüpfungspunkte sollte indes jeder finden, der in seinem Herzen einen kleinen Platz für Rap freigeräumt hat. Shabazz Palaces vereinen viel von dem, was man an der alternativen HipHop-Kultur schätzt, seien es bunte Beat-Exkursionen wie bei J Dilla oder wortgewaltige Vokalkaskaden, für die man sonst Aesop Rock, El-P oder Atmosphere auf den Plattenteller legt. Hinzu kommt der Pioniergeist, der aus Hoffnungsträgern – wenn auch gar nicht mehr so jungen, vgl. Digable Planets – Visionäre macht. Am Ende wirft diese Platte wohl aber mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Wie wichtig "Lese majesty" für die musikalische Evolution der schier unberechenbaren Shabazz Palaces sein wird, lässt sich erst in der Zukunft sagen. Und auch der "Impact" wird sich erst zeigen, wenn Jahre ins Land gezogen sind und andere Künstler sich auf die Arbeiten dieser Jungs beziehen. Das könnte ein ziemlicher Spaß werden, Freunde. Bis dahin bleibt das Gefühl, einem kleinen Release einer großen Combo beigewohnt zu haben.
Highlights & Tracklist
Highlights
- They come in gold
Tracklist
- Dawn in Luxor
- Forerunner foray
- They come in gold
- Solemn swears
- Harem Aria
- Noetic noiromantics
- The ballad of Lt. Maj. Winnings
- Soundview
- Ishmael
- ...down 155th in the MCM Snorkel
- Divine of form
- #CAKE
- Colluding oligarchs
- Suspicion of a shape
- Mindglitch keytar tm theme
- Motion sickness
- New black wave
- Sonic mythmap for the trip back
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Tom
2014-08-10 18:39:15
Also ich find das Album klasse. Im ME ist es übrigens Platte des Monats.
Einzeln scheinen die Tracks etwas anstrengend, aber im ganzen gehört ist es ein tolles Album mit Mixtapecharakter (Tracks gehen oft ineinander über).
Gerade am Abend sehr stimmungsvoll das Ganze.
8/10 locker.
boneless
2014-08-04 17:56:46
ich vergaß. danke für die erinnerung.
don't feed
2014-08-04 15:09:45
the troll
boneless
2014-08-04 13:56:27
ich kann die ganzen negativen vibes nicht ganz verstehen. die platte ist vllt. nicht so frisch wie black up, aber immernoch großartig.
und wieder wundere ich mich über die seltsamen äußerungen von hasselhoff. definiere mal: "echter rap"
captain kidd
2014-07-28 09:09:03
fand die auch nie gut. und das neue album mag ich auch nicht.
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