
Young And In The Way - When life comes to death
Deathwish / IndigoVÖ: 20.06.2014
Sound Zero
Sie steht schon auf, wenn viele von uns noch schlafen. Sie bestimmt unseren Tagesablauf zwingender als jede Armbanduhr. Und sie ist die Erste, die das Licht ausmacht: die Sonne. Ohne sie läuft eigentlich nichts. Denn sie spendet Wärme, Licht, Leben. Für alle von uns, für jeden. Das heißt: Für jeden, außer für einen. Kable Lyall ist Mitte zwanzig, hat lange Locken wie Jesus, trägt Vollbart und müsste eigentlich als das blühende Leben durchgehen. Die meisten Tage liegen noch vor ihm, viel geht, nichts muss, der Akku ist voll, kein Grund für schlechte Laune. Echt nicht. Aber an den meisten Tagen geht für Lyall keine Sonne auf. Gerade dann nicht, wenn er in seiner Band Young And In The Way singt – oder vielmehr etwas tut, das man nahestehenden Verwandten und Bekannten nur mühsam als Singen verkaufen könnte. Die neue Platte von Young And In The Way, genannt "When life comes to death", ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Selbstzerstörung. Jeder Anschlag und Song ist für sich genommen kaputter als das Abendprogramm aller Privatsender zusammen. Und in der Quersumme kommt hier niemand mehr lebend raus. Was hat diese Band bloß so ruiniert? Ein Erklärungsversuch.
2009 war ein ordentliches Jahr für all jene, die an gar nichts glauben – schon gar nichts Gutes. Ein Hochwasser ließ Teile von Mitteleuropa untergehen, Jahresrückblicke wurden nach wie vor von der verstockten Beamtenmusik von Coldplay inszeniert – und die Weltreligion der freien Märkte hatte sich gerade während der Weltwirtschaftskrise als untragbar geoutet. Für Young And In The Way aus North Carolina wurde die Sache langsam ernst – oder vielmehr laut. Denn Young And In The Way quälten sich für ihre ersten Stücke. Die Vorgängerbands aller Bandmitglieder hatten sich damals bereits zersetzt, und diese hier klingt noch immer so, als würde sie demnächst zusammenbrechen wie ein alter Gaul während seiner letzten Ehrenrunde: über verschreibungspflichtige Tremolo-Riffs versucht sich ein Brüllaffe hinwegzusetzen. Er krümmt sich. Er windet sich. Er ist der personifizierte Hass. Und er lässt die meisten Black-Metal-Musiker in Corpsepaint wie bekackte Amateure erscheinen, für die Fastnacht nie zu Ende geht. An allen Ecken und Takten kleben währenddessen Leichenteile, Blutflecken und die Speichelfäden, die Sänger Kable Lyall bei all dem schwerlich zurückhalten kann. Diesem Anfang wohnte kein Zauber inne.
Auch zu den anderen Stücken auf "When life comes to death" könnten Young And In The Way ähnliche Videos drehen, ähnliche Bildgewalt entfachen. Denn schon alle unter uns, die sich auch nur bis zu den Schlussakkorden des ersten Songs der Platte hinüberretten, werden nicht etwa wieder aufgepeppelt und in den Arm genommen. Nein, wir werden von gruseligen Pianoklängen irre gespielt. Keine Frage: Würden wir bloß Sound statt Songs bewerten, "When life comes to death" würde unsere Skala sprengen."Fuck this life" haben Young And In The Way bereits die zweite Nummer genannt, und sich selbst hörbar aufgegeben. Dann kommen "Be my blood", "Weep in my dust", "Embrace excinction“. Songs, in denen trotz etwas gleichförmiger Strukturen innen stets drinsteckt, was außen draufsteht. Wir müssen gemeinsam mit Young And In The Way da durch. Spaß ist hier, wenn keiner mehr lacht. Nach ihnen die Sinnflut. Licht aus, Krach an. Und: Fick Dich doch, Welt.
Highlights & Tracklist
Highlights
Tracklist
Gesamtspielzeit: 44:11 min
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