Misses Next Match - Für Leute die schon alles haben

Broken Silence
VÖ: 06.06.2014
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die fehlenden Typen

Nein, nein, trotz ihres unbestreitbaren Talents, das können Misses Next Match vergessen. Das Trio ist der Quälgeist, der den Mitspielern nachts heimlich Zahnpasta unter die Türklinke schmiert und schelmisch lachend in der Ecke des Korridors den Geschädigten beobachtet – solche Leute haben nichts in der Aufstellung verloren. Misses Next Match nerven. Wie Sau sogar, und das hat auch Sinn und Zweck, ein Wunder ist ihre Nichtnominierung dennoch nicht. Als Beweismittel für die Untauglichkeit der Hamburger (und deren Gespür für Kommasetzung) ist "Für Leute die schon alles haben" bestens geeignet.

Das zweite Album der Indie-Elektro-Popper eröffnet anstrengend, und zwar so anstrengend, wie Kehlkopfgesang nur sein kann. Was womöglich in kultivierter Manier sogar einen künstlerischen Wert haben könnte, machen Misses Next Match vor allen Dingen um des Schabernacks Willen kaputt, und auch, um anzukündigen, jetzt geht's los mit einer Dreiviertelstunde Ohrenkrebsimmunisierung. Gut, ein wenig übertrieben ist das schon, schließlich verfolgen Misses Next Match mit ihrer Musik ein Konzept: Aufmerksamkeit sichern, Message überbringen. Im neu angestrichenen NDW-Gewand, mit ordentlich Hummeln im Arsch, fordern die Hamburger ihre Hörer dabei ganz schön heraus, erschaffen so aber etwas unkonventionell Wertvolles.

"Die Ewigkeit ist viel zu lang" spricht im Uptempo, mit zackiger Bassline und mehrstimmigem Durcheinander vom ewigen Wirrspiel von Stillstand und Geschwindigkeit: "Das einzige Beständige / Beständige Veränderung." Schließlich erkennt die Band irgendwo zwischen Diskoschorle und Delirium "die Ewigkeit ist viel zu lang, vor allem gegen Ende hin". "Ich liege im Trend" setzt sich mit dem Coolsein und Dazugehören auseinander, beschwert sich von Minimal-Beats getragen über die Langeweile in der Konsumgesellschaft. Geigen springen dem klapprigen Songgerüst zur Seite, heulen aber auch nur dem zwangsläufigen Einsturz entgegen, ein fabelhaftes Spektakel.

"Alles ist passiert" bringt die Absurdität von "Für Leute die schon alles haben" ausleitend auf den Punkt. Die musikalische Untermalung schwankt von der Kreuzfahrt-Orgel mit schlagerreskem Palawer, zum infernalischen Synthie-Durcheinander und rockigem Gekrächze, welches dem Wirrwarr die Krone aufsetzt. Das Stück möchte klarmachen: Es ist wie es ist, und manchmal ist es saukomisch auf diesem Planeten. Das ist der Ansatz, mit dem die Musik von Misses Next Match zündet, in dem sie die Maske einfach abnimmt, statt sie aufzusetzen und ganz klar anzeigt: hier ist doch was faul. Wer so die Klappe aufreißt, hat keine Chance ins Team zu kommen. Womit die ewige Debatte über "fehlende Typen" wieder eröffnet wäre.

(Pascal Bremmer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Die Ewigkeit ist viel zu lang
  • Ich liege im Trend
  • Alles ist passiert

Tracklist

  1. Für Leute die schon alles haben
  2. Die Ewigkeit ist viel zu lang
  3. Immer auf Repeat
  4. Ein Bau aus Angst und Hoffnung
  5. Heut hat die Seele Wandertag
  6. Superheld
  7. Ein ganz normaler Jugendlicher
  8. Ich liege im Trend
  9. 22er
  10. Kleines Solo
  11. Let's dance
  12. Alles ist passiert
Gesamtspielzeit: 45:36 min

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Armin

2014-06-19 19:37:47

Frisch rezensiert! Meinungen?

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