First Aid Kit - Stay gold
Columbia / SonyVÖ: 06.06.2014
Tourbus-Blues
Wie viele abertausende Kilometer die Söderberg-Schwestern schon zu Teenagerzeiten auf Konzertreisen in Europa und Übersee zurückgelegt haben, ist wohl kaum zu ermitteln. Und auch wenn diese Exkursionen, besonders in die USA, mit Sicherheit großen Einfluss auf den von Americana geprägten Indie-Folk der Schwedinnen genommen haben, sind die Reisestrapazen an den jungen Heranwachsenden nicht spurlos und unreflektiert vorüber gegangen. Ihr Drittlingswerk "Stay gold" schlägt, geprägt von den adoleszenten Gedankengängen auf Tour, nun überwiegend andächtige und autobiografischere Töne an, weiß sich aber auch in den Arrangements deutlicher zu positionieren.
Denn auch wenn Mister Conor Oberst himself diesmal keinen prominenten Gesangspart inne hat, wie noch im Laune machenden Abschlusstrack auf "The lion's roar", so nahm sich doch Saddle-Creek-Produzenten-Mastermind Mike Mogis erneut der musikalischen Begleitumstände an. Diese sind im Ansatz nun weitaus epischer, ein 13-köpfiges Orchester soll für kräftig Schub in den Kompositionen sorgen. Dies gelingt allerdings nicht gänzlich. Zwar sind vor allem die elegischen Streicher und arkadischen Flöten Elemente, die den First-Aid-Kit-Sound wie ein Samthandschuh umschmeicheln, jedoch stellen sich trotz voller Studiobesetzung oft auch vorhersehbare und leicht beliebige Rhythmen ein. Es war sicherlich und zu Recht Mogis' Intention, trotz Ensemble-Begleitung, die weiterhin außerodentliche Harmonie der Stimmen von Klara und Johanna Söderberg herauszuarbeiten. Ab und an ein bisschen mehr Experimentierfreude von dieser Stelle hätte "Stay gold" aber sicher nicht geschadet.
Die Inspiration zum Titeltrack wurde vom kurzzeiligen "Nothing gold can stay", einem Gedicht Robert Frosts, entlehnt und steht repräsentativ für die nostalgische Auseinandersetzung mit der rasend schnellen Vergänglichkeit des Erwachsenwerdens. "I'm tired of waiting / I'm tired of looking for answers", heißt es in "My silver lining" und deutet schon zu diesem Zeitpunkt eine gewisse Erschöpfung an, die sich durch die Mehrheit der zehn Stücke zieht. "A long time ago" als abschließende, ergreifende Piano-Ballade, erzählt ähnlich entkräftet und ausgezehrt vom mühevollen Aufrechterhalten von Beziehungen, wenn man ständig unterwegs und ohne räumlichen Fixpunkt ist. Dort anknüpfend, erleben die neu dazuaddierten Streicher ihren Höhepunkt in "Cedar Lane", wenn sie lautmalerisch und punktgenau den sich in Wiederholung steigernden Pathos zur Kernzeile "How could I break away from you?" unterstützen. Der Akustikgitarren-Track "The bell", aus ursprünglich drei oder vier Stücken zusammengesetzt, kommt ohne Refrain aus, bleibt aber vor allem durch den pittoresken Flötensatz im Ohr. "Heaven knows" lädt zum munteren Scheunentanz und ist mit Sicherheit der countrylastigste Song, den die Geschwister im Schoße Omahas aufgenommen haben, während "Shattered & hollow" seine Fleetwood-Mac-Inspiration mitnichten verstecken muss.
Instrumentierte Zurückhaltung ist auf "Stay gold" nun mehr nicht oberstes Gebot. First Aid Kit wagen den Sprung zu ausladender Instrumentierung, beschreiten damit einen richtigen Weg, ohne aber im Detail an die Güte von "The lion's roar" heranzureichen. Aber auch dass Johanna, die ältere der beiden Schwestern, mit ihrer tieferen Gesangsfarbe, jetzt größere Anteile hat, macht "Stay gold" vielfältiger und eröffnet größere Möglichkeiten für alle zukünftigen, musikalischen Wege.
Highlights & Tracklist
Highlights
- My silver lining
- Cedar lane
- Shattered & hollow
Tracklist
- My silver lining
- Master pretender
- Stay gold
- Cedar lane
- Shattered & hollow
- The bell
- Waitress song
- Fleeting one
- Heaven knows
- A long time ago
Im Forum kommentieren
Oh Jo
2017-01-11 14:47:36
Würde ihre Karriere auch so verlaufen, wenn die äußerst hübsche Johanna nicht dabei wäre?
Oh Jo
2017-01-02 08:59:38
Johanna <3
Typ
2017-01-02 03:00:29
https://www.youtube.com/watch?v=xXRcDERfnZE
Kann man machen.
saihttam
2014-10-05 12:20:32
Ich wollte vielleicht hingehen, habs dann aber doch gelassen. Bin gerade etwas knapp bei Kasse, da waren mir 25€ irgendwie zu viel.
8hor0
2014-10-05 12:12:37
Sollte man auch mal live gesehen haben!
Großer Auftritt samt Unplugged Einlage und Jack White Cover!
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