Paws - Youth culture forever
Fat Cat / Al!veVÖ: 06.06.2014
Verschwende Deine Tugend
Der beste Sommer überhaupt, die scheinbar ewige Adoleszenz, Freundschaften, von denen man glaubte, dass sie für immer anhalten würden – und dazwischen kleine, melancholische Momente, die zu einem Kloß im Hals verschmolzen, die Druck hinter den Augen verspüren ließen, die man schlicht kaum auszuhalten glaubte. Und Jahre später? Da ist dieser Sommer längst vorbei, seitdem gab es viele andere, neue Freunde fanden sich als Wegbegleiter, während andere kaum mehr sind als eine liebgewonnene, aber langsam verblassende Erinnerung. Das Album, das stellvertretend für diesen Sommer damals stehen könnte, ist "Cokefloat!", das Debüt des schottischen Trios Paws. Jugendlich-frech klang das, spuckte auf sämtliche Konventionen und vertonte jegliche Emotionen stets hochdramatisch – kein Wunder, ging es stellenweise doch um den Krebstod von Sänger Philip Taylors Mutter.
Auf ihrem zweiten Album "Youth culture forever" sind Paws entgegen des Titels den Jugendtagen längst entwachsen. Die Poster an den Wänden des Kinderzimmers im Elternhaus wichen dem Bücherregal in der ersten eigenen Wohnung, anstatt am Wochenende bis nachmittags zu schlafen, steht man früh auf, um den Kram zu erledigen, zu dem man unter der Woche aufgrund des Jobs nicht kommt. Taylor & Co. sind erwachsen geworden, das hört man auch "Youth culture forever" an, das sich im Vergleich zu seinem Vorgänger etwas gemäßigter gibt, gleichzeitig aber vor einer selbstbewussten Stärke strotzt, die man wohl erst ab einem gewissen Reifegrad spüren kann. Der Einstieg "Erreur humaine" betritt jedoch zunächst bereits bekanntes Terrain und behandelt das Ende der ersten festen Beziehung unter anderem mit dem Satz "Just 22 and I feel like I'm through" – ganz hinter sich gelassen haben sie die Dramatik also noch nicht. Müssen sie ja auch nicht.
Gefiel sich "Cokefloat!" noch mit schrammeligem Garage Rock, versuchen sich Paws auf "Youth culture forever" eher an 90er-Jahre-orientierten Alternative-Sounds, die sich durchaus hören lassen können: Vom vergleichsweise poppigen "An honest romance", dessen große Stärke das Gitarrenspiel ist, über das energetische "Give up" bis hin zu "Someone new", bei dem sich die Band bewusst an der großen Hymne versucht, die sich in großen wie kleinen Gruppen wunderbar mitgröhlen lässt – auch auf dem vermeintlich schwierigen Zweitling finden die Schotten schnell ihre Nische. Dass sie dabei nicht nur laut und schnodderig sein müssen, zeigen etwa "Alone", das zum Ende noch gut eine Tonne an Gewicht zulegt, oder auch die demoartige LoFi-Ballade "YCF", kurz bevor sie mit "War cry" ein fulminantes Finale hinlegen, das nicht aufgrund seiner fast zwölf Minuten Spielzeit zu imponieren weiß. Paws sind sicherlich noch lange nicht groß – aber auf einem mindestens spannenden Weg.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Erreur humaine
- Someone new
- War cry
Tracklist
- Erreur humaine
- Tongues
- Someone new
- Owls talons clenching my heart
- Give up
- Alone
- An honest romance
- Narcissist
- Let's all let go
- Great bear
- YCF
- War cry
Referenzen