Ryker's - Hard to the core

BDHW / Soulfood
VÖ: 02.05.2014
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Always hardcore?

Wer heute eine Hardcoreshow besucht, muss mit den Dümmsten rechnen. Auch sechs Jahre, nachdem die Hardcore-Legende H2O gemeinsam mit Matt Skiba und Lou Koller die Köpfe schüttelten, ist das noch so. Gemeinsam fragten sie: "What happened?". Und landeten einen Volltreffer nach dem anderen. Noch immer kommen sie regelmäßig aus ihren Löchern: Halbstarke in Trainingsbuxe, mit Fleischtunnel, Tattoo und Muskelshirt, feiern zu abgeschmackter Metal-Resteverwertung, als sei das radikaler Scheiß – und das sind manchmal nur die Bands. Im Publikum findet sich fast immer ein Dutzend Vollakrobaten ein, die in einem Parallel-Leben zu ADHS-Musik von Scooter, Blümchen oder Joachim Witt austicken muss: Pünktlich zu von den Bands peinlich genau einstudierten so genannten Breakdowns rasten sie aus, zerlegen mit Vorsatz Venues, zertrümmern Nasen und treten mitunter gar auf unbeteiligte Mädchen ein. Hardcore, Alter. Selbst Parteitage der SED waren nicht so streng im Dresscode und Verhaltenscodex. Selbst eine Wiederholung der Schwarzwaldklinik ist mutiger, ihr Pisser. Nicht falsch verstehen: Ryker's sind Bollos erster Liebling – stammen jedoch aus einer besseren, gemäßigteren Zeit. Aber die war mal, vorerst zumindest. Wie sehr, dokumentieren sie auf "Hard to the core" – ihrer ersten Platte seit der Einführung des Euros.

Für die zu spät Geborenen: Ryker's sind aus Kassel, Hessen, Einwohnerzahl knapp 200.000, Postleitzahl 34-irgendwas. Ihr neues Album klingt so, als sei Helmut Kohl Kanzler, Dänemark Fußball-Europameister und ein Liter Sprit für 1,20 DM zu haben: Nur Haushalte mit Kabelanschluss kriegen das volle Programm, Sirenen heulen, Blaulichter blinken auf, Gitarrensoli werden mit einem kernigen "Let the fucking guitars reign!" angekündigt. "Bitch", "Fuck" und "Sucker" gehören zum Aufbauwortschatz dieser Platte, ohne dass sie sich mit einem "Parental Advisory"-Sticker dafür rechtfertigen müsste. Anschließend bollert die Basedrum wie eine Kalaschnikow, die Gitarren verkünden den Krieg der starken Männer. Bizepse werden gewienert, Testosteron gesprüht wie Deodorant, Takte zerlegt, ein Muff wie in der Umkleidekabine vom Kegelclub hängt in der Luft. Und dann sind gerade mal zwei Songs der Platte vorbei. Uff.

Noch immer verwandeln Ryker's ihre Heimat Kassel in eine Außenstelle von Brooklyn, New York. Hier den harten Mann zu markieren, hat Tradition und Konzept. In Kampf-Pamphleten wie dem Stück "Divided by colours" bauen Ryker's Feindbilder auf, um sie im Anschluss in die Mangel zu nehmen und niederzubrüllen. Wohlgemerkt: die Feindbilder, das sind "die da draußen", nicht etwa das unglückliche Mädchen am Pit. Biohazard landeten so vor zwanzig Jahren in der Bravo, Sick Of It All in der Dorfdisco. Und auch Ryker's als ehemals bekanntestem deutschen Hardcore-Export nimmt man 2014 ab, dass sie ihren Auftrag prinzipiell verstanden haben. Für die Hirnverbrannten auf manchen Konzerten können Ryker's nichts. Wenn bloß die gerade mal acht Songs auf dieser Platte nicht so abgeschmackt wären, die Rifffolgen nicht so unglaublich beliebig. Fast wie aus dem Baukasten gefischt und wahllos aneinandergestöpselt klingt das Meiste auf "Hard to the core". Das ist vielleicht nicht annähernd so hohl wie der Kickbox-Hirni in der abspackenden Menge, aber trotzdem echt nicht mehr so "hart" wie es mal war.

(Sven Cadario)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Hard to the core

Tracklist

  1. The world as I see it today
  2. Hard to the core
  3. Can't kill a dream
  4. Time heals...
  5. Divided by colours
  6. Born to fly
  7. Slave cruel world
  8. World wide trap
  9. The beautiful sound of broken bottles
Gesamtspielzeit: 24:11 min

Im Forum kommentieren

wilson

2014-05-28 20:41:57

ryker's waren schon immer eine peinliche band und haben anscheinend immer noch nix dazugelernt. hardcore von seiner schlechtesten seite!

Armin

2014-03-14 17:27:04

Hell yeah!

Immer wenn man über RYKER´Sschreibt, will man
a) darauf hinweisen, dass es nicht DIE Ryker´s, sondern einfach nur Ryker´s heißt und das Apostroph da wirklich hingehört,
b) volle Kajüte auf die Kacke hauen, wie klasse diese Band ist.
Es ist aber auch kein Wunder: KEINE (und jetzt überzeugt uns mal vom Gegenteil!) deutsche Hardcore-Band hat je eine ähnliche Szenerelevanz erreicht, sich international etabliert und auch Ewigkeiten nach der Auflösung nix von ihrem satten Kultstatus eingebüßt. Seit Jahren hat sich die Kassel-Crew immer wieder sporadisch für ausgesuchte und abgefeierte Gigs zusammengetan. Jetzt aber werden Nägel mit Köpfen gemacht, bzw. die Nägel mit der bloßen Faust in die Orakeleien all jener geschlagen, die dachten, dass es der Fünfer 2014 nicht mehr drauf hat. Das neue Prachtwerk "Hard To The Core" (so einen Titel darf sich sonst hierzulande auch keine andere Band trauen!) knallt! This is how the big boys do it!

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