Chrissie Hynde - Stockholm

Caroline / Universal
VÖ: 06.06.2014
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Chrissie lädt ein

Was haben ABBA, John Lennon, Neil Young, Franz Ferdinand und John McEnroe gemeinsam? Nun, sie tauchen alle in dieser Rezension auf. Weil sie alle irgendwie an der Entstehung von "Stockholm" – der ersten Solo-Platte von Pretenders-Frontfrau Chrissie Hynde – beteiligt waren. Klingt komisch, ist aber so. Und ungewöhnliche Verbindungen sind nichts Ungewöhnliches für die Frau mit der tiefen Stimme. Ein Blick in ihre Biografie verrät: Sie hat immer schon kreuz und quer im Garten der Popmusik genascht. Sie schrieb mal Songs für Chris Spedding und Johnny Thunders, arbeitete im Klamottenladen von Malcom McLaren, heiratete erst Kinks-Chef Ray Davies und dann Simple-Minds-Sänger Jim Kerr und nahm sogar ein Duett mit UB40 auf. Mit ihren Pretenders verbuchte sie zudem eine Reihe veritabler Hits und erspielte sich einen Platz in der Hall of Fame des Rock'n'Roll. Alles Schnee von gestern und längst abgehakt. Die inzwischen 62-jährige redet schließlich nicht gerne über die Vergangenheit. Mit ihr habe sie schon genug Zeit verbracht, sagte sie kürzlich in einem Interview.

Also ab ins Hier und Heute. Die Idee zu einem Alleingang trug Hynde schon lange mit sich herum. Noch bevor sie die Songs dafür hatte, schwirrte ihr eine Vorstellung vom Sound durch den Kopf: Eine Mischung aus ABBA und John Lennon sollte es werden. Power-Pop. Folgerichtig reiste sie nach Schweden und holte sich Produzent Bjorn Yttling ins Boot, der schon Primal Scream und Franz Ferdinand im Studio betreut hatte. Die Band besteht überwiegend aus schwedischen Studio-Musikern. Das Ergebnis ist eindeutig mehr ABBA als John Lennon geworden. Das wird gleich mit dem ersten Stück "You or no one" deutlich, das gefälliger ist als alles, was man von Hynde bislang kannte. Selbiges gilt auch für "Dark sunglasses", der ersten Single des Albums.

Leichtes Unbehagen macht sich breit. Kann es sein, dass die Mischung aus ABBA und John Lennon klingt wie Roxette? Zum Glück weichen die Zweifel bald. Es ist Neil Young, der sie fortwischt. "Down the wrong way" wartet mit einem hypnotischen Sog auf, was vor allem an der bemerkenswerten Gitarrenarbeit des Flanellhemd-Kanadiers liegt, der hier ordentlich am Effektgerät dreht. Hynde singt schief, aber mit dem ihr eigenen verführerischen Habitus über ihre Gefühle und bietet den Enttäuschungen des Lebens tapfer die Stirn. Endlich etwas Lennon-Spirit. Doch so geht es nicht weiter. Was folgt, ist ein stetes auf und Ab. Erwähneswert sind noch "You're the one" – Radiopop erster Güte – und "In a miracle", das an den Bombast eines Phil Spector erinnert. Und natürlich "A plan too far", jener Song, auf dem Ex-Tennis-Choleriker John McEnroe (!) sein Debut als Gitarrist gibt. Und gar keinen schlechten Job macht.

"Stockholm" ist eine Pop-Platte geworden, auf der Hynde altgewohnte Qualitäten mit modernem Sound kombiniert. Nicht alles funktioniert dabei gut. Dennoch bleibt nach rund 38 Minuten ein versöhnlicher Gesamteindruck hängen. Und die Erkenntnis: Hynde ist immer noch eine Great Pretender.

(Sebastian Meißner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Down the wrong way
  • A plan too far
  • In a miracle

Tracklist

  1. You or no one
  2. Dark sunglasses
  3. Like in the movies
  4. Down in the wrong way
  5. You're the one
  6. A plan too far
  7. In a miracle
  8. House of cards
  9. Tourniwuet (Cynthia Ann)
  10. Sweet nuthin'
  11. Adding the blue
Gesamtspielzeit: 37:50 min

Im Forum kommentieren

noise

2014-06-18 18:26:41

Spring doch einfach vom Dach. Mit Arminia gings ja schließlich auch abwärts.

Arminia

2014-06-18 13:35:21

Ich bin so ein verkappter, hängengebliebener Homofürst. Ich feier echt alles. Eurovision Gay Contest und WM-Grillen sind für mich mein größtes Glück. Bitte vergast mich.

Ulrike

2014-06-18 12:59:05

Gefälliger, harmloser Poprock für die patente Hausfrau, die nach dem dritten Eierlikör auch mal aus sich rausgehen kann, toll!
7/10

noise

2014-06-17 22:30:07

Stück ist soweit ganz ok. Lebt natürlich von ihrer ganz famosen Stimme. Erstaunlich, dass die sich noch in ihrem Alter (60+) so gut anhört.

Hä?

2014-06-17 12:46:45

"Dark sunglasses" ist super.

ernsthaft?

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