tUnE-yArDs - Nikki nack

4AD / Beggars / Indigo
VÖ: 02.05.2014
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Melting pot

Der Grat, auf dem tUnE-yArDs wandeln, ist seit jeher ein recht schmaler. Auf der einen Seite steht der Anspruch, unterschiedliche musikalische Einflüsse in einem grenzenlosen Melting Pot aufzuarbeiten. Besonders die Freude an afrikanischen und karibischen Rhythmen und Klängen steht in diesem eklektischen Amalgam im Zentrum aller Bemühungen. Auf der anderen Seite wird die hier zelebrierte Hyperaktivität manchmal zur feinen Laubsäge, die an den Nervenenden werkelt. Wollen tUnE-yArDs stets zu viel? Möglicherweise. Ähnlich gelagerte Bands wie Dirty Projectors schaffen den Spagat zwischen Pop und Anspruch etwas besser, Vampire Weekend sind gar zur Weltmacht aufgestiegen, wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass dafür die multikulturellen Einflüsse deutlich reduziert wurden. Dies käme bei tUnE-yArDs nicht infrage. So viel Stursinn und Geradlinigkeit darf auch mal gelobt werden.

Auch "Nikki nack", die neue Platte der Querdenker um Frontfrau Merrill Garbus, erfordert vom Hörer die volle Aufmerksamkeit. Denn wer diese Platte mal so nebenbei beim Socken-Bügeln oder Verwalten doppelter Panini-Sticker hört, wird wohl schnell an seine Grenzen stoßen. In diesem Kosmos passiert nämlich so wahnsinnig viel, dass jedwede Ablenkung aus einem Hörvergnügen pure Anstrengung werden lässt. An allen Ecken und Enden fiepst und piepst es, es gibt Chöre, die übereinander herfallen, Rhythmen, die sich umständlich verknoten und der ewige Kampf exaltierter Stimmen gegen unkontrollierbare Instrumente. Melodien zanken um die Vorherrschaft und verlieren sich am Ende in fiesen Tritten gegen das Schienbein. Ein Kampf in einer bunten Hüpfburg bleibt eben immer noch: ein Kampf.

Die Platte beginnt mit dem barocken Opener "Find a new way", der Stammesgesänge nach Oakland importiert und sich dabei lässig in der kalifornischen Sonne räkelt. Bereits das folgende "Water fountain" verzettelt sich etwas in seinem manchmal zu aufgesetzt wirkenden Kosmopolitismus, der natürlich mitunter daher rührt, dass Garbus eine weit gereiste Frau ist, die es sich nicht verkneifen kann, sämtliche Klänge und Einfälle irgendwie zu verarbeiten. Folglich klingen auch auf dem vorliegenden Album einige Songs recht überfrachtet und sich selbst in ihrer Grenzenlosigkeit erstickend. Auch "Sink o" oder "Manchild" wirken durch die mangelnde Konzentration zu unübersichtlich und wollen letzten Endes nicht überzeugen.

Auf der anderen Seite stehen natürlich auch ausgewogene Momente, in denen tUnE-yArDs die Balance halten können und den einzelnen Ideen genug Raum und Zeit zur Entfaltung lassen. Da wäre beispielsweise das mit einem tiefen Bass beginnende "Time of dark", das sich von zaghaften Beats getrieben aus dem Schatten traut und ohne jegliche Hysterie auskommt, vor allem weil Merrill Garbus hier ihre Stimme unter Kontrolle hat. Man hatte manches Mal schon das Gefühl, es wäre genau umgekehrt. Richtig klasse ist auch "Wait for a minute", das auf jedes Tape gut zwischen Dirty Projectors und Santigold passen würde. Leider wird dem Hörer dabei auch klar, dass tUnE-yArDs nicht ihr volles Potential ausschöpfen. Dem freigeistigen Indie-Spitzenfeld radeln sie so leider ein weiteres Mal nur hinterher. Im Blick behalten sie es jedoch fest.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Time of dark
  • Wait for a minute

Tracklist

  1. Find a new way
  2. Water fountain
  3. Time of dark
  4. Real thing
  5. Look around
  6. Hey life
  7. Sink o
  8. Why do we dine on the tots?
  9. Stop that man
  10. Wait for a minute
  11. Left behind
  12. Rocking chair
  13. Manchild
Gesamtspielzeit: 42:24 min

Im Forum kommentieren

saihttam

2016-12-24 14:15:26

Sind ein bisschen spät damit, oder? Knapp drei Jahre nach der Veröffentlichung kann man das jetzt wohl nicht mehr als neue, hippe Entdeckung verkaufen. Aber vielleicht kommt ja im neuen Jahr auch ein neues Album von der guten Merrill. Zeit wäre es ja.

Achim

2016-12-24 12:16:36

"Water Fountain" läuft jetzt in der Werbung fürs neue Google Pixel :O

A.

saihttam

2014-04-16 13:08:56

Vieles von ihr war mir bisher immer irgendwie zu anstrengend. Der neue Song Wait for a Minute ist aber richtig gut!

schneid dein haar

2014-03-21 13:38:50

Junge, Junge.... Wer auch immer das produziert hat, hat ganz große Scheisse gebaut.

Leatherface

2014-03-21 12:53:21

Der Nachfolger zum exzellenten W H O K I L L kommt am 5. Mai. Und die Vorab-Single Water Fountain ist mal wieder supercatchy, schwungvoll und Laune machend. Ich freu mich und schau mir die gute Merrill wohl auch am 14. Mai im Berghain an.

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