Prong - Ruining lives
Steamhammer / SPVVÖ: 25.04.2014
Wie geschmiert
Das fortgeschrittene Alter erkennt man oft daran, wenn man mit Entsetzen feststellt, dass die Lieblingsplatten der Jugendzeit runde Jubiläen feiern. Tatsächlich ist es jetzt schon schlanke 20 Jahre her, dass ein Song namens "Snap your fingers, snap your neck" die Tanzflächen einschlägiger Rockdiscos in tobende Schlachtfelder verwandelte. Und "Cleansing", das dazugehörige Album, für Prong auf der einen Seite nur scheinbar den Durchbruch brachte, auf der anderen Seite das Album wurde, an dem das Trio für alle Zeiten gemessen werden sollte. Insofern beweist Tommy Victor, der unermüdlich trotz aller geschäftlichen Widrigkeiten den namensgebenden Dreizack hoch hält, jede Menge Humor, wenn eben jenes Artwork – lecker Gabelfrühstück mit Augapfel – auf "Ruining lives", dem vierten Album nach "Cleansing" und dessen nicht minder fabulösen Nachfolger "Rude awakening" erneut zu Ehren kommt.
Ganz und gar humorlos allerdings zeigt sich Victor bei den ersten Klängen von "Ruining lives". Eher wild entschlossen, den Schwung des überaus gelungenen Vorgängeralbums "Carved into stone" mitzunehmen. Und so pfeffert er mit "Turnover" einen Opener durch die Verstärker, der in der Tat an selige frühe Bandzeiten erinnert. Was für eine Abrissbirne, was für ein geradezu unverschämt eingängiger Refrain. Und das Grinsen des Hörers wird um so breiter, wenn kurze Zeit später "Windows shut" und vor allem "Remove, separate self" die so stilprägende Groove-Maschine anwerfen. Angetrieben vom stoisch auf sein Drumkit einprügelnden Alexei Rodriguez sowie den durch den Einsatz bei Ministry und Soulfly gestählten Bassisten Tony Campos, feuert Victor ein großartiges Riff nach dem anderen ab, unterstützt von einem brillanten Gitarrensound, der zu keiner Zeit das schmale Budget spüren lässt.
Dass das Niveau nicht permanent zu halten ist, ist insofern durchaus verständlich. Doch das Trio hat mittlerweile wieder derart viel Selbstvertrauen aufbauen können, dass nach dem ziemlich konventionell thrashenden Titeltrack erneut ein Groove-Highlight der Extraklasse folgen kann. Denn "Absence of light" erinnert tatsächlich zu Anfang leise, ganz leise, an "Snap your fingers, snap your neck", nur mit dem Unterschied, dass der Refrain nochmals geradezu poppig-eingängig daherkommt. Allerdings nur, um diesen Pop-Appeal vom anschließenden "The book of change" in Grund und Boden ballern zu lassen. Überhaupt mag die zweite Hälfte des Albums erst nach mehreren Durchläufen zünden. Wohlgemerkt nur in Relation zu den ersten Songs, denn eine Abrissbirne wie "Self will run riot", das im Refrain gar eine leichte Note Killing Joke aufweisen kann, ist nun wahrlich alles andere als Ausschuss.
Natürlich ist und bleibt es vermessen, von Prong eine Platte zu erwarten, die "Cleansing" oder auch "Rude awakening" das Wasser reichen könnte. Zumal beim abschließenden "Limitations and validations" vor allem im eher einfallslosen Refrain tatsächlich die Luft auszugehen scheint. Aber letzten Endes wäre es auch unfair, denn bereits seit "Power of the damager" von 2007 bewegen sich Tommy Victor und seine jeweiligen, leider allzu großer Fluktuation unterworfenen Mitstreiter eher in der Tradition der vorzüglichen Frühwerke wie "Prove you wrong" oder "Beg to differ". Fakt ist jedoch, dass "Ruining lives" den Weg weiterpflastert, den "Carved into stone" so eindrucksvoll freigehämmert hat, dabei sogar noch ein wenig mehr Abwechslung zeigen kann. Die eingangs erwähnten Helden der Jugend mögen mittlerweile in die Jahre gekommen sein. Was sie zum Glück nicht ein Stück daran hindert, trotz oder vielleicht auch gerade wegen aller kommerziellen Widrigkeiten ohne Rücksicht auf Verluste das zu zeigen, was sie schon immer waren – die unbestrittenen Vorreiter der Groove-Metal-Welle.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Turnover
- Remove, separate self
- Absence of light
Tracklist
- Turnover
- The barriers
- Windows shut
- Remove, separate self
- Ruining lives
- Absence of light
- The book of change
- Self will run riot
- Come to realize
- Chamber of thought
- Limitations and validations
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Prong - State of emergency (1 Beiträge / Letzter am 18.10.2023 - 20:39 Uhr)
- Prong (26 Beiträge / Letzter am 01.03.2018 - 17:24 Uhr)
- Prong - Zero days (2 Beiträge / Letzter am 19.07.2017 - 21:47 Uhr)
- Prong - X – No absolutes (2 Beiträge / Letzter am 08.03.2016 - 21:31 Uhr)
- Prong - Songs from the black hole (4 Beiträge / Letzter am 20.01.2015 - 20:53 Uhr)
- Prong - Scorpio rising (13 Beiträge / Letzter am 14.11.2008 - 18:16 Uhr)