Fallulah - Escapism

RCA / Sony
VÖ: 02.05.2014
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Ab der Fisch

Blöde Idee beim jüngsten Eurovision Song Contest: Während der Werbepausen in den Übertragungen nicht genannter Länder präsentierte das "Eurovision Book Of Records" abstruse Höchstleistungen des Wettbewerbs. Was tun? Bei Desinteresse verschiedene Wurstsorten reinbrühlen? Oder lieber aufmerksam zur Kenntnis nehmen, wer wann den höchsten Ton gesungen hat und welches Lied am meisten Lalala enthielt? Fallulah wäre mit "Superfishyality" eine heiße Kandidatin für Letzteres gewesen – wenn die Dänin, die mit bürgerlichem Namen Maria Apetri heißt, nur teilgenommen hätte. Doch die 29-Jährige will höher hinaus. Gemäß eigenen Angaben am liebsten zu David Lettermans "Late show". Und warum auch nicht? Immerhin ist "Escapism" nach "The black cat neighbourhood" schon ihr zweites Album in den heimischen Top Ten.

Was sicher nicht zuletzt dem bereits 2012 veröffentlichten Vorboten mit dem fischigen Wortspiel zu verdanken ist: Viel fideler lässt es sich auch zwei Jahre später nicht mit einer geklonten Armee aus Blondinen zu ausgelassenem – richtig – Lalala choreographisch wertvoll durch Berlin stapfen. Die sorglos vorwärtshüpfende Single und Apetris unbedarfter Augenaufschlag können jedoch nicht verhehlen, dass die Singer-Songwriterin mit der Dunkelheit genauso flirtet wie mit dem Liebsten, den sie in "Come into my heart" umgarnt und schon wenig später auf den "Graveyard of love" führt, wo ihm jenseitiges Geflöte und mehrstimmiger Backgroundgesang das Lebensende versüßen. Denn wenn man schon tot überm Zaun hängen muss, dann wenigstens mit trostreicher Gesangsbegleitung.

Und beschwören Songs wie dieser zu wuchtig paukender Percussion die mitunter zerstörerische Kraft der Liebe, nähert sich "Escapism" spürbar Lykke Lis schmerzerfülltem Seelenstriptease an. "Mares" fordert mit Handclaps und trockener Akustikgitarre zunächst treuherzig zum Tanz auf, verfrachtet den Hörer dann aber in ein "house on the hill where you go to get killed" – natürlich mit vorgehaltener Waffe. Nix wie weg also zu den "Dried-out cities", wo Apetri in den höchsten Tönen jubiliert, sich von Keyboard-Echos anfeuern lässt und dynamisch durch einen prachtvollen Refrain hetzt. Ein unwiderstehlicher Hit, der auch aus dem traurigsten Kaff eine hyperaktive Zappelbude macht – und nicht der einzige auf einem geschmackvollen und gediegenen Songwriter-Album.

Da ist es zu verschmerzen, dass "Escapism" bisweilen übers Ziel hinausschießt. Etwa wenn "Dragon" in seiner überkandidelten Hektik so wild um sich beißt, dass jeglicher Liebreiz verlorengeht oder "13th cigarette" trotz verführerischen blauen Dunstes nie über den Status einer spielzeugelektronischen Fingerübung hinauskommt, die sich notdürftig von halbgarem Trommelfeuer aufmotzen lässt. Zum Glück macht sich "Escapism" kurz vor Schluss noch einmal richtig strubbelig: mit einer launigen, bassgetriebenen Coverversion des Klopfers "Hurricane" von den obskuren Franzosen The Rayees und einer stimmigen Rausschmeißerballade. Nein, an tendenziell grenzwertige Fernsehspektakel sollte sich Apetri mit einer Platte wie dieser tunlichst nicht verschwenden. Und wer fragt hier noch "May we have your points please?" Stehen doch da oben.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Mares
  • Dried-out cities
  • Hurricane

Tracklist

  1. Deserted homes
  2. Mares
  3. Dried-out cities
  4. Escapism
  5. Superfishyality
  6. Come into my heart
  7. Graveyard of love
  8. Dragon
  9. Your skin
  10. 13th cigarette
  11. Car window
  12. Hurricane (Bonus Track)
  13. He'll break up with you when summer comes (Bonus Track)
Gesamtspielzeit: 48:08 min

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