Archive - Axiom

Dangervisit / [PIAS] Cooperative/ Rough Trade
VÖ: 23.05.2014
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Nacht ohne Morgen

Allein der erste Song "Distorted angels" ist ein Soundtrack für sich. Die Stimmung wird ganz behutsam aufgebaut, das Setting leise beschrieben. Mit vorsichtigen Streichern erscheint die Szene noch friedlich und voller Harmonie. Doch mit dem Einsatz der schwarzen Trommelschläge schwindet die trügerische Idylle, mit Pauken und Trompeten skizziert sich das Feindbild am Himmel, und der Verteidigungsplan muss ausgeklügelt werden. Die Reise ins Ungewisse startet, begleitet mit summenden Sirenen, Süßholz raspelnden Engeln und lieblichen Geigen. Mittelerde muss wieder mal verlassen werden ...

Eine Heldenreise? Made in Hollywood? Der Song "Distorted angels" klingt tatsächlich etwas danach. Glatt gebügelt in einen melancholischen Klangkosmos, der durchaus typisch für den Sound von Archive ist. Doch genauso typisch ist die nicht eindeutig festzulegende Schublade für die britische Band, die seit den Trip-Hop-geprägten 1990er Jahren mit unterschiedlichen Genres wie Rap, Elektro, Alternative-, Progressive- und Indie-Rock herumexperimentiert. Und so endet und mündet der schöne Hollywoodsong übergangslos in das nächste Stück, das mit der Glocke von "Axiom" eine komplett neue Szenerie einläutet. Alle Bilder im Kopf sind in Schwarz-weiß gehalten, kein Gesang, kein Held mehr in Sicht, nur ein eindringliches, chaotisches Glockengeläut über elektronischen Hintergrundkulissen, die am Ende das Fallbeil blitzschnell nach unten sausen lassen.

"Axiom" ist sicherlich nicht das gelobte Land in einem Film mit Happy End, das schon ab der ersten Minute proklamiert wird. "Axiom" ist der Name von Archives neuer Platte, aber auch ihres ersten Films sowie dessen Schauplatz, einer Insel. Im Untergrund dieser liegt eine Stadt, deren Bewohner von einer Glocke beherrscht werden, ebenso wie die Wege ihres Lebens. Wenn die Schläge ertönen, wird über das Schicksal entscheiden, über Tod und Leben, über Recht und Unrecht. Das Jüngste Gericht hat gesprochen, und die Truppe um Frontman Darius Keeler liefert den Soundtrack zu diesen trübseligen Bildern, die auch durch ihre Songtitel eine christlich-religiöse Richtung vorgeben, wie etwa mit dem Lied "Baptism". Wieder mal ein Track ohne Anfang und Ende, sondern mit fließendem Übergang sowie Überlange. Die elektronischen Downtempo-Beats unterstreichen die düstere Stimmung. Hier werden keine Kinder Gottes geboren, keine Sünden weggewaschen, sondern intensive Gefühle gemalt, die mit Trommelfeuer und wummernden Bässen an Kriegsschauplätze denken lassen.

Lichtblicke gibt es dennoch. So kehren die anfänglichen Sonnenstrahlen aus Mittelerde mit "Shiver" wieder zurück, doch von Erlösung letztlich keine Spur. Zwar erklingen die Sirenen aus "Distorted angels" wieder, doch ob diese in Sicherheit führen, bleibt genauso ungewiss wie der Ausgang des Glockenschlags. "Axiom" geht unter die Haut und hinterlässt ein komisches Gefühl der Unsicherheit, eben wie ein guter Film wie etwa "Twelve monkeys", "Einer flog übers Kuckucksnest" oder "Barton Fink" das tut. Dabei funktioniert die Musik auf "Axiom" auch ganz ohne jene Bilder, die das spanische Filmkollektiv NYSU um Direktor Jesus Hernandez in Zusammenarbeit mit Archive entwickelten. Gute Musik vermittelt und trägt sie selbst. Ohnehin haben bis jetzt alle Alben von Archive wie Soundtracks gewirkt.

(Natalie Cada)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Distorted angels
  • Baptism

Tracklist

  1. Distorted angels
  2. Axiom
  3. Baptism
  4. Transmission data terminated
  5. The noise of flames crashing
  6. Shiver
  7. Axiom (Reprise)
Gesamtspielzeit: 39:47 min

Im Forum kommentieren

The MACHINA of God

2019-06-07 19:06:14

Ich glaube das ist mein Lieblings-Album ihrer Spätphase. Schöne Atmosphäre.

carpi

2014-12-18 21:18:18

Wie Hoschi bereits gesagt hat, die Tracks "Axiom(+Reprise)" sind auch wegen der Glocken hervorragend.

Mr Oh so

2014-12-18 16:09:03

Ich auch. Der typische Effekt bei Archive: Am Anfang denke ich immer, hm, nix Neues irgendwie, aber bald lässt mich das nicht mehr los und ich werd regelrecht süchtig.

carpi

2014-12-18 16:06:55

Mittlerweile doch ne 8 geworden, etwas besser als der Vorgänger "With us until you're dead".
Bin gespannt, was uns im Januar erwartet.

muckipup

2014-06-13 16:36:14

Da schließe ich mich an. Auch wenn für mich kein Stück wirklich herausragt, funktioniert das Album als sehr homogenes Gesamtwerk wirklich gut. Momentan isses ne 7,5; könnte mir vorstellen, dass es an trüben Wintertagen noch weiter wächst.

Ansonsten sehe ich es so:
You all look the same to me 8,5/10
Noise 7/10
Lights 7/10
Controlling Crowds 9/10
Controlling Crowds Part IV 6/10
With is until you re dead 8/10
Axiom 7,5/10

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