Monochrome - Unità
Unter Schafen / Al!veVÖ: 21.03.2014
Ade Adjektive
Süß, unbekümmert, gar ein wenig naiv – einer Band wie Monochrome tut man derlei Adjektive von vornherein nicht an. Zu wild und konsequent schwangen sie Mitte der 1990er Jahre als Dawnbreed die Screamo-Keule, und zu konsequent befreiten sie sich schließlich selbst in den Hochkultur-Indiepop, den sie sich seit der Jahrtausendwende statt Hardcore-Kette ans Beinkleid binden. "Unità" ist nun das fünfte Album des Stuttgarter Fünfgespanns, und ihr Letztwerk "Cache" zudem auch schon wieder über fünf Jahre her. Zeit genug für Monochrome, um sich für Pressefotos in taubenblaue Anzüge und weiße Oberhemden zu schmeißen, zu distinguieren statt zu gestikulieren und auch sonst rein gar nichts mehr von (Post-)Hardcore wissen zu wollen. Denn alle werden reifer, älter – die Musik von Monochrome allerdings, die wird immer süßer, unbekümmerter, gar ein wenig naiv.
Eventuell liegt das an der unüberhörbaren Armada an weiblichen Stimmen, die, wenn sie nicht ohnehin ihre Leadvocals bekommen, so ziemlich jeden Refrain von "Unità" mit Back- und/oder Duett-Chören veredeln. Vielleicht ist es auch eher dem nochmals gesteigerten Popwillen geschuldet, den Monochrome selbst den melancholischen Midtempo-Gitarren von "Clarification", "Miami" oder "Velvet ropes" nicht wirklich austreiben können wollen. Oder aber es liegt an den Texten, die weniger Allerwelts-, sondern vielmehr Aller-Popsongs-Weisheiten ins weite Rund dieser Platte werfen. Wie dem auch sei, so steht zumindest fest: Weit ist das Rund dieser Platte definitiv. Genau genommen reicht es von der Postrock-Minitaur "Sondergleich" bis zu einer Menge Trip-, Shoegaze- und – natürlich – Indie-Pop. Und da Monochrome bei all dem vorrangig am eigenen Stempel interessiert sind, wird es ab und an zwar laut, aber nie zu sehr, ab und zu mal düster, aber nicht so arg. Und Uptempo spielten sie zuletzt wohl in der Tat irgendwann im letzten Jahrtausend.
Auf diese Weise hält "Unità" zu jeder Sekunde das Maß aller Dinge – allerdings ohne jemals zu maßregeln. Vielmehr ergeben sich diese Zügelungen wie ein Fingerschnippen aus den gut gedämpften Melodien und Harmonien, die Monochrome wählen, um ihrem Gleichmut angemessen Ausdruck zu verleihen. Nun gut: Eventuell hüpft doch der ein oder andere abgestoppte Gitarrentakt zu viel ins Britpop-Walhalla. Aber auch hier bleiben Monochrome in Stimmung und Stimmen absolut entspannt, sodass bei "(It is not meant to be) Our last campaign", "Brun" oder "Minutes and actions" rein gar nichts zickt oder zu aufgesetzt allem zwischen The Clash und Radio 4 hinterherhetzt. "The sense of a sentiment" wirft den Disco- und Dancehall-Vibe gar ganz weit nach hinten und tut überdies so, als ginge es dem Song um TripHop und Postrock gleichermaßen. Dazu phrasiert Gastsängerin Laura Lopez Castro ihre Zeilen beinahe im Beth-Gibbons-Stil, was auch der Düster-Pop-Ballade "Of constant companions" samt spooky Klavier-Achtelnoten und Streicherwahn passend zu Gesicht steht.
Will sagen: Dafür, dass Monchrome auf "Unità" sehr vorsätzlich ausschließlich mit Platzpatronen schießen, treffen sie erfrischend häufig ihr Ziel. Wenn etwa Marc Calmbachs Gesang bei "The weekender" Morrissey treu bleibt, zugleich aber eine "Smalltown boy"-Kopfstimme durch den Hintergund skandiert, so ergibt sich daraus schon ein überaus kongeniales 1980er-Fiasko. Und auch sonst stechen mit zunehmender Dauer weitaus mehr Refrains mitten ins Herz, als es die ersten Durchläufe erahnen ließen. Was einmal mehr beweist: Egal welche Adjektive tut man egal welcher Band besser überhaupt nicht erst an. Und Monochrome schon einmal gar nicht.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Of constant companions
- The weekender
- The sense of a sentiment
- Miami
- Velvet ropes
Tracklist
- Clarification
- Of constant companions
- Brun
- The weekender
- Leerschlag
- Minutes and actions
- Wechselstrom
- (It is not meant to be) Our last campaign
- Sondergleich
- The sense of a sentiment
- Recours
- Miami
- Velvet ropes
- Closure
- Canzone di un'altra estate
Im Forum kommentieren
Soup
2014-04-24 19:52:23
Schon ein feines Album.
Christian Franz
2014-04-24 15:44:30
Von der Herangehensweise kann man die Band auf jeden Fall mit The Notwist vergleichen. Monochrome leben in ihrer ganz eigenen Welt. Ich finde die Songs überraschend eingängig, habe das Album aber auch schon ca. 15 x gehört. Ihr bestes Werk seit Laser & Ferro.
Donny
2014-04-23 19:46:27
Starke Liveband ... und früher waren auch die Platten ganz gut ... nur wenn ich mir diesen Grundschulenglischgesang heute anhöre .... werde ich zunehmend irrititert.
Flimmern
2014-04-23 19:35:22
Starkes Album, läuft bei mir seit es raus ist rauf und runter. Auf jeden Fall sehr eingängig und auch abwechslungsreich. Find ich super, dass ihr es noch besprochen habt. Nachdem es ja schon ne Weile draußen ist, hatte ich fast nicht mehr damit gerechnet.
Colfax
2014-04-23 08:41:32
da sämtliche Ecken und Kanten ausradiert wurden, leider lange nicht mehr so packend wie ihr meisterwerk éclat
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