Readymade - The feeling modified

Motor / Universal
VÖ: 15.07.2002
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Gefühlsschwankungen

Readymade waren ja schon immer für was größeres geboren als den Schrammel-Indiepop, den sie uns als Debüt vor vier Jahren mit "It doesn't make sense" serviert haben. Dieses Potential wurde spätestens auf "Snapshot poetry" deutlich, als Notwists Micha Acher Streicherarrangements zusammenzimmern durfte, die vom Munich String Orchestra ins rechte Licht gerückt einige songwriterische Kleinode wie "Lucio" in filigran aufgebauschte Kleinode verwandelte. Und dies innerhalb eines Jahres nach dem Erstling. Schlimmste Befürchtungen also im Vorfeld bei dreijähriger Wartezeit auf "The feeling modified".

Und dreimal werden die abgrundtiefen Vorahnungen noch einmal übertroffen, wenn auch überraschender als erwartet: Da wäre zum einen "Day 2", das an exponierter zweiter Stelle des dritten Albums einiges mit Blurs "Song 2" gemein hat, nur nicht die Musik. Denn der zweite Tag versinkt nach belanglosem Akustikgeklampfe gleich in einem triefendem Schmalzschnulz von Streichern und einer kindischen Keyboard-Melodie, daß man glaubt, Sänger Zachary Johnson würde mitsamt flötensanfter Stimme drin ertrinken. Niedergang zwei in Gestalt der Zweisamkeits-Ballade "You and me" ist ähnlich aufgebaut. Hier wird jedoch Zacs Organ mit einer Stimme aus der Achtziger-Gruft verstärkt: Kim Wilde. "Yeah, together we try it" In der Tat, versucht und nicht geklappt. Au weia! Für Schadensbegrenzung in die andere Richtung auf der Weich-Hart-Skala kommt "You call it trash we call it rock'n'roll" mit einem stumpfen Dampfhammer daher, den man den Wiesbadenern überhaupt nicht zugetraut hätte, der aber das Pendel doch ein Stück zu weit schwingt.

Damit hätten wir die Schattenseiten aber auch schon abgehakt. Denn wenn sich die Wiesbadener in der Mitte der peinlichen Pole Streicheln und Prügeln aufhalten, kommt nicht nur ganz annehmbares Liedgut heraus. Dann übertreffen sie sich nämlich mitunter sogar selbst. Auch ohne instrumentelle Schnulz-Überfrachtung funktionieren die Halb-Balladen des Quartetts prima wie "All you need" beweist. Denn Hang zu kleinen, hymnenhaften Epen haben die Wiesbadener auf dem l etzten Album bereits in Ansätzen ausgelebt, mit dem neuen Werk entwickeln sie das Gefühl dafür aber wahrlich weiter.

So gelingt mit dem Opener "My little galaxy" ganz großes, bewegendes Kino. Auch der Schlußpunkt "Endless fall" hebt nach überschaulichem Strophe-Refrain-Muster in ein traumhaftes Instrumental ab. Und zwischendrin gibt's ganz viel straighte Stromgitarre. Die eingängige Single "The graduate". Das Placebo-lastige "The day we killed love", das nach wütender Beziehungsenden-verarbeitung klingt. Oder "Getaway", bei dem Kurt Ebelhäuser (Blackmail, Scumbucket) die Finger im Spiel hatte. Mit de erwähnten, überstrapazierten Ausnahmen hat die dreijährige Pause dem Vierer also sehr gut getan. Mehr Gefühl für Songwriting, abwechslungsreicher als auf den beiden Vorgängern. "The feeling modified" ist der bisherige Höhepunkt im Schaffen der Wiesbadener, der sie fast an Miles heranreichen läßt. Man ist eben doch zu Größerem geboren.

(Daniel Löb)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The day we killed love
  • The graduate
  • My little galaxy
  • Endless fall

Tracklist

  1. My little galaxy
  2. Day 2
  3. The day we killed love
  4. You and me
  5. The graduate
  6. The tease
  7. All you need
  8. You call it thrash we call it rock'n'roll
  9. It doesn't make sense
  10. Getaway
  11. Endless fall
Gesamtspielzeit: 47:15 min

Im Forum kommentieren

joseon

2023-12-07 09:58:09

"Day 2", ein ewiger Lieblingssong.

8hor0

2023-12-07 08:51:47

wieder mal in der playlist. großartig und zeitlos!

Kenner

2007-06-23 02:08:44

Ist sie auch.

mischi

2007-06-22 19:54:00

Eben die Promo für 50 Cent gekauft... Gepresste CD mit Cover usw. Wird wohl gleich wie die normale Version sein.

die rechnung

2002-07-29 12:21:34

ich finde die platte eher mäßig. kannte die band zuvor nur von konzerten und fand die gigs sehr ordentlich. mir sind die texte viel zu bedeutungsschwanger.

mein tipp: 5/10aber: im herbst soll es eine tour geben mit furiosem abschlusskonzert in wiesbaden. empfehlung hierfür: ***** (5 sterne, sterne sind eh besser als punkte :-)

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