Brody Dalle - Diploid love
Caroline / UniversalVÖ: 25.04.2014
Am Wegekreuz
Brody Dalle, Ex-Punkrock-Röhre der Distillers, hat sich ihre hölzernen Wegweiser seit den "Coral fang"-Tagen immer höchstselbst genagelt und in den Boden gerammt. Und sich dabei doch verändert. Gewiss nicht nur wegen der zehn ins Land gezogenen Jahre und der doppelten Nachwuchsfreude mit Ehemann und Queens-Of-The-Stone-Age-Kopf Josh Homme – aber doch zum großen Teil. "You get older, and priorities change", wie Dalle attestiert, und dabei genau weiß: Pauschalisierungen taugen nicht wirklich, Dalles Weg von den Distillers über ihr elektronisches Projekt Spinnerette mit dem gleichnamigen Album bis hin zu "Diploid love", ihrem Solo-Debüt, nachzeichnen zu können.
Brody Dalle trägt ihr "Fuck off"-Tattoo noch am Arm, doch wirkt es ein wenig wie ein Relikt aus der Vergangenheit. Klar, da ist auch heute noch die Punkerin, die ihre Sorgen gegenüber gesellschaftlich-politischen Entwicklungen frei herausposaunt und jegliche Autorität bewusst ablehnt – als zweifache Mutter ebenjene autoritäre Rolle aber nun annehmen muss. Diese seelisch-moralische Kollision hat das Potenzial, ernste Probleme heraufzubeschwören. Dalle hingegen scheint glücklich zu sein, trotz oder gerade wegen dieser Selbsterfahrung. Und doch hatten diese inneren Wirrungen kreatives Potential für die Künstlerin. Als Kernstück von "Diploid Love" ist daher "Meet the foetus / Oh the joy" anzusehen, das aus elektronischer Düsterkeit in gellende, empathische Punkrock-Euphorie mutiert. Und das wegen dieser doppelten Ebene damit auch ein wenig für diese Platte im Gesamten steht, die eben nicht aus dem Bauch entstanden ist, sondern deren spontane Versatzstücke über die Jahre hinweg bewusst und mit dem Kopf geformt und weiterentwickelt wurden.
So klingen etliche Songs auf "Diploid love" an der Basis nach Distillers, die von der zeitgenössischen Popmusik am Punk-Schopfe gepackt, eingefangen und adoptiert wurden. Heißt: Die nach wie vor bratzigen Gitarren ordnen sich dem stellenweise etwas monotonen Drumbeat häufiger unter, als ihnen lieb ist. Werden aber immerhin von oft schönen Refrains versöhnt, bei denen Dalles Stimme zwar nicht immer röhrt, aber unverkennbar aus der alten Distillers-Lunge atmet. Die Single "Don't mess with me" etwa, oder der Opener "Rat race", punkten mit dieser reizvollen Kombination plus dezenter Bläsersektion durchaus. Auch das forsche, noch aus den Aufnahmen zu "Coral fang" stammende "Underworld" emanzipiert sich durch Geschwindigkeit vom doch teilweise überbordenden Gleichklang, den Brody und Produzent Alain Johannes ihrem Solo-Debüt aufoktruiert haben: Bei "I don't need your love" oder "Carry on" schlafen dann doch eher die Füße ein.
Zwar gebührt auch Dalles Mut Respekt, "Blood in gutters" vom Hardcore-Punk-Brecher zum düsteren Elektro-Post-Rocker zu wandeln, oder den 70s-Elektro-Waltz-Takt im sozialkritischen "Parties for prostitutes" bis zum finalen Paukenschlag so konsequent durchzuziehen. Doch ebenso bleibt festzuhalten: Mehr als ein zwar selbtbewusstes, aber eben nur knapp überdurchschnittliches Album ist "Diploid love" nicht geworden. "I'm still wild / You just have to keep a leash on it", bittet die einstige Rebellin um Verständnis. Und muss sich diese Gegenfrage gefallen lassen: Warum eigentlich? Persönlich und familiär mag Dalle angekommen sein. Auf ihrem Weg als Musikerin hingegen hängt sie an einer etwas unübersichtlichen Weggabelung fest. Es scheint, als hätte sie ein paar Nägel vergessen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Underworld
- Don't mess with me
- Blood in gutters
Tracklist
- Rat race
- Underworld
- Don't mess with me
- Dressed in dreams
- Carry on
- Meet the foetus/On the joy
- I don't need your love
- Blood in gutters
- Parties for prostitutes
Im Forum kommentieren
Typ
2014-04-23 12:34:44
Hauptsache, zehn mal in der Rezi erwähnen, dass Dalle ja jetzt Mutter ist, dass Josh ihr Mann ist und das sie ja jetzt gesetzt und persönlich angekommen ist. So wie das eben bei einer guten Frau ist, wenn sie Mann und Kinder hat...
Mr Oh so
2014-04-23 10:04:32
neuer Song im stream (sehr geil):
http://www.youtube.com/watch?v=ODFtluHnk00
Gefällt.
nicko
2014-04-23 08:57:27
Aha, der Schreiber der Rezi meint also, dass die Platte zu wenig Punk beinhaltet. Mmhhh. Also was ich so gehört habe finde ich recht gut, rockig und vom Sound her gerade interessant und wohltuend innovativ. By the way: die Visions lobt das Album über den Klee. ähnlich wie englische Zeitungen, wie etwa der Guardien.
Liz
2014-04-22 19:56:30
Die sah mal richtig putzig aus...mittlerweile ja eher nicht mehr :(
Bin trotzdem gespannt aufs Album^^
Armin
2014-04-22 18:10:47
Brody Dalle: Soloalbum "Diploid Love" ab jetzt vorab im Stream
Diesen Freitag erscheint mit "Diploid Love" das Soloalbum von Punk-Ikone Brody Dalle. Damit die Vorfreude schon ein wenig befriedigt wird, gibt es den Stream des kompletten Albums jetzt bereits bei Myvideo.de:
http://www.myvideo.de/channel/brody-dalle
Brody Dalle benötigt fast keiner Vorstellung mehr: man kennt sie von Sourpuss, The Distillers und natürlich Spinerette. "Diploid Love" ist ihr erstes Album, das sie unter eignem Namen veröffentlicht und ein sehr persönliches Album über das Leben geworden: wie man es gestalten will, wie man es leben will und wie man es überlebt. Brody verbrachte ein Jahr damit es zu schreiben, spielen, aufzunehmen und teils selbst zu produzieren.
Es wurde in Zusammenarbeit mit Alain Johannes (Arctic Monkeys, Them Crooked Vultures, Mark Lanegan) in dessen Studio und im familieneigenen Pink Duck Studio von Brody Dalle & Josh Homme produziert.
Brody Dalle meint dazu: "I've always had a hand in crafting how it's going to sound and hearing it and trying to make that happen. But it's the first time I've put my name on something for production."
In Deutschland erscheint "Diploid Love" von Brody Dalle diesen Freitag über Caroline International.
Das sagt schon die englische Presse über "Diploid Love":
"Effortlessly cool and tangibly edgy " – The Guardian // "Mesmerising fire and fury" – NME
Live eine Bank, sollte man sich eine Show von Brody Dalle auf keine Fall entgehen lassen.
Hier die Termine für Deutschland:
30.04.2014 - SO36 (Berlin)
01.05.2014 - Pirate Satellite Festival (Hamburg)
Das Video zu "Meet The Foetus / Oh The Joy" mit Shirley Manson als Gast (sowohl audio- als visuell) findet ihr weiterhin hier: http://noisey.vice.com/de/read/brody-dalle-shirley-manson-meet-the-foetus-oh-the-joy
http://www.brodydalle.com/
https://www.facebook.com/BrodyDalle
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Referenzen
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Threads im Forum
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