Jan Delay - Hammer & Michel

Vertigo / Universal
VÖ: 11.04.2014
Unsere Bewertung: 3/10
3/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Selbst einge(b)rockt

Als Sport1 noch DSF hieß, als der HSV noch der große, ehrfüchtige Nord-Dino war, als Jan Eißfeldt noch mit den Beginnern unterwegs war, da war "Mittendrin statt nur dabei" noch ein aufrichtiges Motto. Dabei, das ist Jan Delay, der selbsternannte Chef-Styler, natürlich immer noch, mischt seit Jahren dick im nationalen Pop-Zirkus mit – ob solo, mit seiner Live-Band Disko No.1 oder beim Nasalier-Contest mit Udo Lindenberg. Und nach der Präsentation seiner teilweise stilechten und stimmigen Reggae-, Funk- und Soul-Outfits aus den letzten Jahren streift der Hamburger nun die Rocker-Kutte über und lässt neben der "Liebe" für seine Stadt nun auch der "Liebe für Drums, Bass, Orgeln und Gitarren" freien Lauf.

Was sein viertes Album "Hammer & Michel" dann zu bieten hat, ist natürlich Rockmusik, wie Delay sie sich ausmalt – und dabei höchstens so unangepasst, wie sein Publikum es verträgt. Ein paar Gitarrensoli und Hammond-Orgeln machen aus Eißfeldt-Janni natürlich keinen Kilmister-Lemmy. Denn die Gitarren haben ungefähr so viel Kante, als wenn ein Schüler des Humboldt-Gymnasiums "Won't forget these days" für den Abiball probt. Natürlich ist das nicht unbewusst so arrangiert. Schließlich darf der Flow, das Tanzbare, also ebenjene Dinge, für die man Delays Musik schätzt, nicht allzu weit hintenan stehen. Doch warum dann überhaupt? Wer bitteschön braucht Gitarrensoli in einem Jan Delay-Song? Gevatter Rock also als aufgepumptes Klischee, als musikalische Fassade, als Marketingkonzept. Und im Grunde alles wie immer? Nein. Weil Jan Delay beim Versuch, viele Songs auf witzige Weise ins Kutten-Korsett zu pressen, schon im Ansatz stecken bleibt und dabei trotz gewohnt-tanzbaren Ansätzen wie "Action" oder "Sie kann nicht tanzen" am Ende doch die Hits vergisst.

Selbst die erste Auskopplung "St. Pauli" ist keiner, klaut aber immerhin ein bisschen bei The Clash und versprüht die Lindenberg'sche Gelassenheit. "Alter, es ist echt zu krass, ich komm' nicht mehr klar, ey!" – auch da fühlt man sofort mit, wenn man diese "Scorpions-Ballade" hört. Kaum am Stück zu ertragen ist diese Platte immer dann, wenn man genauer hinhört, was Eißfeldt so zu reimen und mitzuteilen hat. Ja, leider: Was der olle "Wacken/Spacken"-Reim aus "Wacken" bereits ankündigte, wird zum witzlosen Wurmfortsatz: "Jeden Abend, bevor sie sich gute Nacht sagen, gibt's nen Lastwagen voller Happen" gibt Delay etwa in der abgenudelten Fastfood-Hymne "Dicke Kinder" zum Besten. Da mag er seinen Swag noch so sehr anpreisen, und nach wie vor jeden "Film, ob schauen oder fahren" mögen – was Delay hier auf Albumlänge abliefert, sind teilweise hanebüchen faule Endreime ("Wenn die Dinge mal nicht laufen / Dann geh' ich eben saufen"), ein mauer Flow und zahlreiche Plattitüden. Ganz toll auch dieser hier: "Ich nehm' nen großen Schluck Volvic / Und geb' 'nen goldenen Vollfick".

Ernst nehmen muss man ihn natürlich nicht und Delay juckt das auch nicht. Dennoch taugt sein Werk nicht zum Schmunzeln, funktioniert nicht als Persiflage und schon gar nicht als Provokation. Solche Texte sind selbst mit einem touretteartigen Zwinkern noch schlecht. Und so sehr man in Jan Delay bisher das frische und teilweise herrlich unfromme Element in der bieder-angepassten deutschen Popmusik-Welt sah, weil er sich auch vor politisch Unkorrektem nicht scheute, so muss man hier – statt "Hammer & Michel" zu huldigen – ob der musikalischen Belanglosigkeit und künstlerischen Irrelevanz, das große weiße Tuch über die schmucken Gebäude der Hansestadt stülpen. Je länger diese Platte läuft, desto weniger Sinn macht das, unterhält das. Und ein hörbar gelangweilter Jan Delay treibt die einst spritzige Beginner-Wortkunst gen Norden, ins lyrische Wattenmeer. "Nein, ich kriege keine Liebe, denn ich bin auf Hertz 4". Sorry, Jan, das hast du dir dieses Mal selbst einge(b)rockt.

(Eric Meyer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • St. Pauli

Tracklist

  1. Liebe
  2. Dicke Kinder
  3. Sie kann nicht tanzen
  4. Straße
  5. Fick
  6. Scorpions-Ballade
  7. Nicht eingeladen
  8. Action
  9. Hertz 4
  10. St. Pauli
  11. Wacken
  12. Kopfkino
Gesamtspielzeit: 50:12 min

Im Forum kommentieren

RU486

2018-07-04 11:57:30

jan delay ist für mich keine musik sondern müll

Achimm

2014-04-24 12:24:21

ich würd mirs auch schönhören, wenn er Schlager machen würde oder Volkslieder singen würde!

MAXIMAN

2014-04-24 12:14:39

jan delay der größte hundesohn der deutschen musikszene ich hör mir lieber den wendler an als diesen enterich

@Entenhasser

2014-04-21 15:31:34

Verpiss dich aus unserem Forum! Entenfans aller Länder vereinigt euch!

Achim

2014-04-21 15:18:28

Mindestens 15 mal durchgehört : scheiss auf die kritik an seiner flexibilität, der junge ist einfach da angekommen, wo er mit dieser geilen band das meiste / beste bewirken kann (rockig eben). und mit dieser band ( backgroundsänger, drummer, bass, guitar usw.) werden die live-auftritte der hamma. ich versuch mir grad ein par tickets zu sichern in hamburg (heimspiel)
also ums kurz zu sagen.... bestellen das teil.. es gibt gaaaanz wenige titel bei denen der ars..ch stillsteht...echt...!!!

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