Sisyphus - Sisyphus

Asthmatic Kitty / Cargo
VÖ: 14.03.2014
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Der Reiz des Absurden

Ein Auto wird aufgebrochen, nur um den Verbandskasten zu stehlen. Mit einer gewissen Regelmäßigkeit ertappt man sich dabei, stets um 22:22 Uhr auf die Uhr zu schauen. Ein Lebensmittelladen wird ausgeraubt. Alkohol, Zigaretten, gar die Kasse wurden nicht angerührt. Stattdessen werden zwei Packungen Erdbeeren und das Kleingeld aus der Spendenkasse entwendet. Willkommen in Absurdistan. Sisyphos – mit seinem Stein/Gipfel-Problem – kann davon ein Lied singen.

Dass hier nun, nicht nur aufgrund der namensgebenden Figur aus der griechischen Mythologie, eine Verbindungslinie zu dem als leicht verrückt geltenden Sufjan Stevens gezogen wird, scheint aber doch nicht ganz so absurd zu sein. Ausgestattet mit reichlich Deo, Menthol-Zigaretten und Rotwein hat sich der New Yorker Musiker zusammen mit Son Lux (Ryan Lott) und Serengeti (David Cohn) für drei Wochen in einen kleinen Raum verkrochen. Als Resultat einer kreativen Orgie liefern Sisyphus (ehemals S / S / S), die laut Stevens nur der Anfangsbuchstabe und eine tiefe Liebe zueinander verbinden, ihr gleichnamiges Debut-Album, das schrullig und schräg, aber eben auch überzeugend zwischen HipHop, Electronica und Indie umherwandert.

Gerade an dieser Gratwanderung werden sich die Geister scheiden. Sisyphus? Zu wenig Sufjan Stevens, zu viel Serengeti. Nein! Zu wenig Son Lux, zu viel Sufjan Stevens. Oder doch ganz anders? Die drei Herren gehen mit diesem Problem ganz locker um und vermeiden es tunlichst, verkrampft etwas ganz Neues erschaffen zu wollen. Zu sehr haben sie ihren eigenen Stil, ihren eigenen Charakter. Gekonnt fließen diese Eigenheiten ein, verschmelzen jedoch nicht vollends, sondern interagieren harmonisch miteinander. Einheit und Differenz zugleich.

Bereits beim Opener "Calm it down" wird die hierdurch gewonnene Variationsbreite vorgeführt. Ist der erste Teil des Songs von Serengetis Rapeinlagen und den markanten Beats von Son Lux geprägt, ergreift Stevens im zweiten Teil die Initiative und führt den funkigen Einstieg in melancholische Gewässer. Langweilig wird’s nicht. Bei "Rhythm of devotion" schmiegt sich David Cohn zunächst wieder an die schnittigen Instrumentals und treibt dank ausdrucksstarkem Organ den Hörerpuls nach oben, um schließlich doch wieder vom halldurchtränkten Gesang eingefangen zu werden. "Booty call" sticht dank rhythmischem Zusammenspiel von Rap und experimentellen Drums heraus. Der schwermütige Gesang bei "I won't be afraid" ermöglicht demgegenüber eine kleine Verschnaufpause und die nötige Portion Unangestrengtheit. Die elf Songs wirken nicht überfrachtet, sondern eher reduziert. Hierin liegt die große Stärke. Die bei Sufjan Stevens gern erzeugte Opulenz weicht einem Minimalismus. Sisyphus bauen keine komplexen Gebilde, sondern verleihen ihren Songs lieber klare Konturen und Charakter.

Das Projekt bietet den drei Musikern jedoch nicht nur die Möglichkeit, sich musikalisch auszuleben. Spaß und der Reiz am Absurden scheinen da mindestens genauso wichtig zu sein. Egal ob trashiges Promo-Foto, zusammenhangslose und gewollt sinnentleerte Lyrics, perfekt umgesetzt in "Booty call" oder die Verlosung eines Sisyphus-Party-Pakets (bei Einsendung von privaten Partyvideos). Stevens und Kumpanen toben sich aus, irgendwo zwischen Parodie, Comedy und Wahnsinn.

(Alexander Klett)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Calm it down
  • Booty call
  • Rhythm of devotion
  • Lion's Share

Tracklist

  1. Calm it down
  2. Take me
  3. Booty call
  4. Rhythm of devotion
  5. Flying ace
  6. My oh my
  7. I won't be afraid
  8. Lion's share
  9. Dishes in the sink
  10. Hardly hanging on
  11. Alcohol
Gesamtspielzeit: 51:32 min

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