Itch - The deep end
Red Bull / Rough TradeVÖ: 28.03.2014
Kein Tiefpunk
Am Ende ging alles ganz schnell. "It is with great sadness and very heavy hearts that we must inform you, that as of today The King Blues are no more", lautete die Nachricht auf der Homepage der Londoner Punkband. Das war im Frühling 2012, kurz bevor das letzte King-Blues-Album "Long live the struggle" erschien. Dieses konnte zwar nicht an die Klasse des großartigen Vorgängers "Punk & poetry" anschließen, dennoch war die Trennung von The King Blues ein herber Verlust für die britische Punk-Szene.
Da sich bei der Band ohnehin fast alles um Frontmann Jonny "Itch" Fox drehte, war davon auszugehen, dass dieser eine Solokarriere starten würde. Genau so ist es nun gekommen. Mit "The deep end" wagt sich der Punk-Poet von einst auf Terrain vor, das Kollegen aus seinem Genre üblicherweise nicht betreten – auch wenn The King Blues schon immer gerne über den Tellerrand blickten. Trotzdem dürften Fans der Ex-Band überrascht sein: Laute Gitarren kommen auf Itchs Solo-Outing, wenn überhaupt, nur am Rande vor. Stattdessen gibt es sommerlichen Reggae-Pop ("Laugh"), Fifties-Rock'n'Roll ("Another man"), Elektro-Beats ("Sun goes down", "Like I'm drugs"), während man sich "Not my revolution" mit wütenderer und heiserer Rap-Stimme auch als Eminem-Track vorstellen könnte.
Nein, Berührungsängste kennt Itch wahrlich nicht. Mit vollem Einsatz und beherztem Vortrag wildert der Frontmann durch die Genres, zudem sorgt seine Stimme für den Wiedererkennungswert in diesem bunten Sammelsurium. Trotzdem: Für ein homogenes Album ist "The deep end" einfach zu weit gefasst. Als Punk steht Itch nicht im Verdacht, es jedem recht machen zu wollen. Dennoch drängt sich an mancher Stelle auf "The deep end" das Gefühl auf, dass hier jemand seiner Muse freien Lauf ließ, ohne es mit der Qualität der Tracks allzu genau zu nehmen. Zwischen wirklich unterhaltsamen Momenten wie dem erwähnten Gute-Laune-Track "Laugh" oder dem Ohrwurm "Homeless romantic" versteckt sich immer wieder zielloses Gerappe oder der ein oder andere unspektakuläre Beat. Wobei sich ausgerechnet der rockige Titeltrack als Schwachpunkt der Platte entpuppt. Für Sommer-Parties in besetzten Häusern ist das Album aber trotzdem bestens geeignet. Vorausgesetzt, die Besetzer nehmen es nicht so eng mit dem Punk-Ethos.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Laugh (feat. Matisyahu)
- Not my revolution
Tracklist
- Life is poetry
- Sun goes down
- Homeless romantic (feat. Adam Lazzara)
- Laugh (feat. Matisyahu)
- Like I'm drugs (feat. Dani Artaud)
- Another man (feat. Megan Joy)
- Bottom of the glass (feat. Roger Manganelli)
- Not my revolution (feat. BC Jean)
- The deep end
- Children of the revolution
- Best shot
- Ricochet