Fenster - The pink caves

Morr / Indigo
VÖ: 07.03.2014
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Meister der Finten

Fenster sind die Meister der Täuschung. "Bones" zog vor zwei Jahren seine Stärke aus der Differenz zwischen textlicher Morbidität und frühlingshaften Surfgitarren. Die Gitarren sind auch auf "The pink caves" noch zu hören, doch während dem Vorgänger zumindest musikalisch die Sonne und ein laues Lüftchen durch die Haare gingen, hat Album Nummer zwei auch in diesem Aspekt nur wenig Tageslicht gesehen. Zum Fallenstellen und Inhinterhaltenlauern ist dies jedoch eine perfekte Szenerie.

Bereits "Better days" lässt den Hörer über einen Fallstrick stolpern. Die erste Hälfte des Eröffnungsstücks ist gleich der dynamischste und schepperndste Teil des gesamten Albums. Aber schon nach anderthalb Minuten ist der Spuk vorbei, und der Takt wird so verschleppt, wie es fortan auf "The pink caves" ungeschriebenes Gesetz ist. Schon hier hält der Nebel Einzug, in dessen Schleier der multinationale Vierer seine detailverliebten Kompositionen immer gerade so behutsam entwickelt, dass man von der sedativen Stimmung noch schlafwandlerisch mitgezogen wird. "In the walls" gestaltet sich als Irrlicht, das von Spinettklängen und Klimperregen begleitet durch Flure und Mauerwerk flaniert. Hier wie auch in vielen anderen Stücken sind es die verschwommen-getrübten Synthieflächen, die vereinzelt als Lichtstrahlen den Nebel durchdringen und eine Dämmerung ankündigen, die dann selbstverständlich nicht anbricht.

So entsteht eine Bedrohlichkeit, die "The pink caves" immerzu in sich trägt; oft unterschwellig, aber auch gerade heraus: "I'm going to see my true love / I'm going to watch him die." "The light" ist der blanke Hohn, verbirgt sich dahinter doch der nächtlichste und schleichendste Track der Platte. Dabei hatte "Sunday owls" bereits alle großen Lichtquellen gelöscht, dicke Vorhänge geschlossen und Außenwelt Außenwelt sein lassen. In dieser Lichtleere entsteht viel Raum für Fantasie und Assoziationskraft zu den unkonkreten Ideen, die die Stücke allesamt vorgeben.

Drei Wochen nahm sich die Band Zeit, um eine Waldhütte nahe Cottbus so zu präparieren, dass jeder Raum verkabelt und zur Aufnahme bereit war und der Verschlag als Sammelstelle für allerlei Geräusche und Geräuschkulissen dienen konnte. Trotz dieser kurzen Zeitspanne lässt der Fenster-Neuling in seiner Zeitlupenhaftigkeit, die man nicht mit Gleichgültigkeit verwechseln sollte, die Jahreszeiten nur so vorbeirasen und schafft auch so wieder Platz für eigene Imaginationen des Hörers. Man muss "The pink caves" die Geduld anbeibringen, die es einfordert, um seine ganz eigene Schönheit entstehen zu lassen.

"The pink caves" ist ein Album wie Schuhe, die verräterisch unter einem Vorhang hervorlugen. Permanent bedrohlich, aber auf so klassische Weise, dass diese Bedrohung leicht als wohlige empfunden werden kann. Zu sehr sollte man sich aber nicht in Sicherheit wiegen lassen, denn Fenster denken hinter ihren vermeintlich übernächtigten und beringten Augen mit Sicherheit schon wieder an die nächste Heimtücke.

(Andreas Menzel)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Better days
  • True love
  • On repeat

Tracklist

  1. Better days
  2. Sunday owls
  3. In the walls
  4. Cat emperor
  5. True love
  6. The light
  7. Mirrors
  8. Fireflies
  9. On repeat
  10. Hit & run
  11. 1982
  12. Creatures
Gesamtspielzeit: 42:34 min

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Armin

2014-04-01 19:12:14

Frisch rezensiert. Meinungen?

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