Mac DeMarco - Salad days

Captured Tracks / Cargo
VÖ: 28.03.2014
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Ein klasse Clown

Manche Beschreibungen zu neuen Alben passen einfach. Da benötigt man nicht mal viel Fantasie oder Wirkung im Getränk, um den Aha-Effekt zu verspüren und mit hektischem Kopfnicken zuzustimmen. Und selbst, wenn man das Album selbst noch nicht gehört hat, weiß man danach, was ungefähr auf einen zukommt. So auch bei "Salad days", dem dritten Album des Kanadiers Mac DeMarco. Da beschreibt ein Leser auf der Bewertungsseite RateYourMusic.com das Werk mit folgendem Satz: "Imagine if Elliott Smith had put down the knife, moved to Florida, and wrote breezy jangle tunes while having a Mountain Dew by the pool" – und trifft damit den Nagel punktgenau auf den Kopf.

DeMarco – Gründer, Einwohner und Präsident von Slackerville – dürfte zumindest unter den wenigen Hörern, die ihn hierzulande kennen, schon einen berüchtigten Ruf haben. Nicht nur, dass sein letztes Album "2" bereits vor entspannten Melodien irgendwo zwischen Jangle-Pop und Surf-Rock strotzte und somit den einen oder anderen wunderbaren Sommertag versüßte. Nein, DeMarco ist auch live ein Erlebnis, von dem man einiges zu erwarten hat. Einfach nur Witze erzählen kann jeder, hier gibt es mitunter auch schon mal nackte Haut zu sehen. Weil der Mann mit der beachtlichen Schneidezahnlücke auch kleinen Streichen alles andere als abgeneigt ist, waren seine Fans anfangs eher skeptisch, als er die internationale Veröffentlichung von "Salad days" ausgerechnet für den 1. April ankündigte. Angesichts der Vorab-Single "Passing out pieces" lässt sich jedoch feststellen: Sollte das wirklich bloß ein Scherz sein, ist es ein verdammt guter.

Fast schon melancholisch gibt sich der oft fälschlicherweise als reiner Clown dargestellte und damit nicht ernstzunehmende DeMarco, dabei ist er vor allem ein hervorragender Songwriter: "Can't claim to care, never been reluctant to share / Passing out pieces of me, don't you know nothing comes free?", singt er hier über einer psychedelisch-poppigen Melodie, die die Synthesizer gerade so weit nach vorne rückt, dass sie den Gesang lediglich unterstützen und nicht in der Versenkung verschwinden lassen. Der Opener und gleichzeitige Titelsong hingegen erklärt das Phänomen DeMarco als Paradestück in gerade mal zweieinhalb Minuten: Beschwingt-fröhlich scheint es hier zuzugehen, dabei singt der 23-Jährige von den Schwierigkeiten mit dem Erwachsenwerden und der ersten Quarter-Life-Crisis: "Always feeling tired / Smiling when required" jedenfalls dürfte eher das Lebensmotto eines Clowns mit aufgemalter Träne auf der Wange sein, und den Satz "Acting like my life's already over" kann wohl jeder nachvollziehen, der sich mit Mitte 20 mal gefragt hat, wohin es denn als nächstes gehen soll.

Das Problem mit der Reife und Weisheit, die von ihm erwartet werden und die er manchmal nicht anerkennen will, ziehen sich wie ein roter Faden durch "Salad days". Manche Dinge fallen ihm aber auch ganz leicht: In "Treat her better" fordert er die Männer dazu auf, ihre Frauen mit Respekt zu behandeln, und im wunderbar kitschigen "Let my baby stay" mit seiner verschwitzten Sommernacht-Atmosphäre bittet er darum, seine Freundin Kira doch bitte bei ihm in New York leben zu lassen. Die tritt übrigens auch ab und zu mit ihm auf und ist am Ende von "2" in "Still together" zu hören, wie sie gerade aufwacht. Ein Romantiker ist er also auch, dieser DeMarco.

Dass er als Teil von Makeout Videotape ausgerechnet mit seinen lauten Landsmännern von Japandroids auf Tour war, mag man aufgrund der überentspannten Grundstimmung auf "Salad days" kaum glauben, und dass er laut eigener Aussage eigentlich kaum Gras raucht, dürfte unter einigen seiner Fans für einen Hustenanfall sorgen. Sei's drum: Mit einem ordentlichen "Shit" startet das experimentelle "Brother" und entführt auf eine halluzinogen-geschwängerte Reise bei Nacht, zu "Go easy" tanzt es sich angeheitert und mit ordentlich Hüftschwung am besten, und pures Glück verströmt "Let her go", auch wenn die eigentliche Aussage natürlich weitaus betrübender ist als der Beat und die Hawaii-Rhythmen glauben lassen wollen. Am Ende jedoch lässt DeMarco nur noch die Musik sprechen: So kann zum rein instrumentalen "Jonny's odyssey" jeder selbst entscheiden, ob das nun ein fröhliches oder trauriges Stück ist. Nur eines ist klar: Glücklich werden hiermit alle.

(Jennifer Depner)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Let her go
  • Passing out pieces
  • Treat her better
  • Jonny's odyssey

Tracklist

  1. Salad days
  2. Blue boy
  3. Brother
  4. Let her go
  5. Goodbye weekend
  6. Let my baby stay
  7. Passing out pieces
  8. Treat her better
  9. Chamber of reflection
  10. Go easy
  11. Jonny's odyssey
Gesamtspielzeit: 35:18 min

Im Forum kommentieren

saihttam

2014-08-01 01:58:51

Bei mir ist es irgendwie dann doch nicht so hängen geblieben. Aber "2" zündete auch erst etwas später. Muss es jetzt während der heißen Tage wohl noch mal versuchen.

koekoe

2014-07-31 22:31:15

Hat sich jetzt nach ca. 30 mal hören doch ein bisschen abgenutzt leider, aber immer noch Klasse.

Kevin

2014-07-31 20:44:06

Sehr entspannte Platte, die sich ideal für den Sommer eignet. Selten wurde Langeweile so schön vertont, macht wirklich Spaß. Zudem wohl auch das bislang liebste Album der Liebsten.

Pendelt zwischen 7/10 und 8/10.

Highlights:
- "Salad days"
- "Blue boy"
- "Chamber of reflection" (Bester Song, erinnert mich an die letzte Destroyer!)

koekoe

2014-05-06 11:52:16

Ok, das Album ist echt nochmal besser als '2', was ich nicht erwartet hätte. Klasse.

.....

2014-04-07 10:54:58

Wie kommt eigentlich das die Kinks nicht in den Referenzen aufscheinen? Die Melodie im Titeltrack ist ja etwa 1:1 <s>geklaut</s> inspiriert, und auch sonst klingt das oft wie Kinks von Pavement neuinterpretiert oder so. Eh nicht schlecht, wenn auch dem Hype nicht ganz gerecht.

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Forum