Jimi Goodwin - Odludek

Heavenly / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 21.03.2014
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 10/10
10/10

Alk im Nacken

Man könnte "Odludek" für den älteren Bruder von Lolek und Bolek halten, vielleicht auch für den Großcousin von Franz Kafkas Odradek. Tatsächlich hat Doves-Vorstand Jimi Goodwin sich das polnische Wort für "Einsiedler" aber bloß deswegen als Albumtitel ausgeliehen, weil es so hervorragend zum Arbeitsprozess an seinem ersten Solowerk passte. Die zehn Songs hat er allesamt selbst geschrieben und auch fast alle Instrumente, eremitengleich, im Alleingang eingespielt. In Interviews lässt er verlauten, er habe sich dabei ein bisschen wie Prince gefühlt – musikalisch kann diese Aussage allerdings nicht belegt werden. Und das, obwohl "Odludek" Dank seines Mixtape-Charakters vor allem eines zu bieten hat: Vielseitigkeit.

Woran es bei allem Abwechslungsreichtum und allem Willen zur Originalität allerdings bedauerlicherweise etwas mangelt, ist das Songmaterial. Dabei hat Goodwin sich für die Aufnahmen nun wirklich alle Zeit gelassen. Während er sich zusammen mit Dan Austin, der auch schon das letzte Doves-Album "Kingdom of rust" co-produziert hatte, im Studio verschanzte, hätte man zwei Kinder austragen können. "Odludek" eröffnet mit dem monströs polternden "Terracotta warrior", und wenn sich dieses Stück im Breitwandformat ausrollt, weiß man immerhin eines: dass man sich jeglichen Vergleich mit der Doves-Diskografie sparen kann. Ein Northern-Soul-Groove wie der von "Didsbury girl" oder die Manchester-Rave-Gimmicks in "Live like a river" wären im Bandkontext undenkbar gewesen. Nur Goodwins Stimme ist die alte geblieben und klingt traditionell wie ein unverwüstlicher Wildledermantel in seinem vierten Lebensjahrzehnt.

"Hope" entlockt einer gezupften Akustikgitarre folkloristische Elemente und addiert noch ein wenig harmlose Radiofreundlichkeit, während "Man v dingo" im Gameshow-Jingle-Modus beginnt und dann mit Clownkaro und Zigarillo zwischen Zirkus und Jazzclub pendelt. Wer sich im Anschluss daran nach mehr Entspannung sehnt, wird diesen Wunsch nach dem sich selbstvergessen in Zeitlupe um die eigene Achse drehenden "Keep my soul in song" eventuell noch einmal überdenken. Bevor ein herrliches Streicherarrangement einsetzt, klingt die Nummer nämlich eher nach "Ödludek" und hat auch zum Schluss keine bessere Idee, als äußerst unspektakulär auszufaden. Dafür ist die Single "Oh! Whiskey" eine ausgesprochen schöne: Sie beginnt als rustikales Klampfenkleinod mit Lagerfeuerqualifikation und wechselt nach knapp drei Minuten überraschend die Szenerie. Maritime Kulisse, Ausgelassenheit, beschwingter Optimismus. Dabei hatte Goodwin kurz vorher noch "Oh, whiskey / Give me patience / Oh, whiskey / Give me truth" gesungen.

Die letzten drei Songs auf "Odludek" haben dann noch einiges parat: "The ghost of the empties" beeindruckt mit herausragender Rhythmusgruppenarbeit und würdevoller Hymnik, "Lonely at the drop" immerhin mit einem Kalauer im Titel und "Panic tree", das mit nur zweieinhalb Minuten kürzeste Stück der Platte, hat dann doch noch eine Kollaboration zu bieten. Zusammen mit seinem alten Kumpel Guy Garvey von Elbow hat Goodwin diese Ode an die Vater-Sohn-Beziehung geschrieben. Inspiriert von Washington Phillips, einem der Gründungsväter des amerikanischen Gospel, und von dessen aus den Zwanziger Jahren stammendem Song "Lift him up, that's all". Goodwin singt mit angemessen verwitterter Stimme, die Begleitung galoppiert schwungvoll durch die Prärie, und trotzdem vermisst man etwas tatsächlich Erhebendes. Könnte aber sein, dass das nach fünf, sechs Whiskey schon ganz anders aussieht.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Oh! Whiskey
  • The ghost of the empties

Tracklist

  1. Terracotta warrior
  2. Didsbury girl
  3. Live like a river
  4. Hope
  5. Man v dingo
  6. Keep my soul in song
  7. Oh! Whiskey
  8. The ghost of the empties
  9. Lonely at the drop
  10. Panic tree
Gesamtspielzeit: 42:26 min

Im Forum kommentieren

wendy das grusical

2014-03-31 13:38:51

also zuerst grosse verwirrung, dann mal wirken lassen, mittlerweile ganz fein, endfazit: wie eine Wundertüte, also ich finde der Herr Goodwin war hier sehr kreativ wie ich finde ;o)

Wölfchen

2014-03-27 12:04:29

Nee, totale Enttäuschung bei dem was seine Band bisher gemacht hat. Schade.

wolf

2014-03-27 11:58:44

Gut

Armin

2014-03-25 12:30:22

Frisch rezensiert! Meinungen?

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