Hundreds - Aftermath

Sinnbus / Rough Trade
VÖ: 14.03.2014
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Entdeckung der Langsamkeit

Wenn Eva Milner im letzten Track des zweiten Hundreds-Albums "Aftermath" betrübt und auch ein wenig resigniert "We have become stones" singt, dann ist das nicht nur Teil eines der besten Stücke des direkten Nachfolgers von "Hundreds", sondern steht auch symptomatisch für den monolithischen, akribischen und stark gebremsten Aufnahmeprozess des Albums. Es wirkt fast so, als würde die Uhr im Stück immer zögernder ticken, während sich die Stimmlinie zur Sakralität doppelt. Gemeinsam hat das Milner-Geschwisterpaar die Langsamkeit als probates Mittel des eigenen Musizierens entdeckt und nach vier Jahren einen Nachfolger auf Augenhöhe des Debüts geschaffen.

"Stones" und der Titeltrack sind dabei die letzten Stücke, die bei den Arbeiten zur Platte fertig gestellt wurden und man meint zu merken, dass die Selbstfindung diesen beiden auch am deutlichsten anzuhören ist. Mühelos greifen sie ineinander, der Kreis schließt sich und man kann nach Beenden eines Durchlaufs direkt den Wiedereinstieg ins erste Stück wagen. "Aftermath" kann wie die meisten der übrigen Lieder dabei zunächst sorgfältig durchatmen, ehe es zum Schluss in vollem Pomp demonstriert, wie Perkussionselemente, Klavier und auch der neue Einsatz von Sample-Bläsern definierter klingen als bisher.

Zum ungewohnt heiter-poppigen "Circus" scheint Eva Milner frohen Mutes und auf einer Schaukel zu schwingen. Ihre Beine kommen dabei wohl nicht zum Einsatz, denn auch dieser Track nimmt nur ganz langsam Fahrt auf. Vielleicht ist es die Verwunderung – ob die positive Grundstimmung des maximal vom bisher Dagewesenen abweichenden Stückes die öffentliche und eigene Wahrnehmung von Hundreds verändern wird –, der das Schwungholen vergessen lässt. "Circus" steht exemplarisch für die lebendigere, weniger elektronisch-technische erste Hälfte des Albums, welche mit dem Touchy-Mob-Cover "Foam born" zu Ende gebracht wird. Dabei dekodieren Hundreds das munkelnde Original mit ihren eigenen, gewohnt fragilen Piano- und Gesangsmelodien.

Der düsterere, zweite Abschnitt des Albums ruft "Hundreds" dann offenkundiger in Erinnerung, ist wieder dringlicher und nachdrücklicher. Ein aufregend aufgerauter Beat führt "Rabbits on the roof" ein und damit allmählich zum Klimax auf "Aftermath" hin. Dieser ist dann erreicht, wenn Milner in einen Wechsel- oder fast schon Streitgesang mit einem Chor ihrer eigenen Stimme eintritt und dieser in einem noisigen Moment, wie sonst nirgends, zersetzend in Ruhe überführt wird. "Hold your breath / They can hear you" – offenbar haben Hundreds gerade genügend Luft geholt und Anlauf genommen, um auf ihre inneren Stimmen zu hören und sie in zwölf neue Stücke umzusetzen. "They can hear you" wird nun aber auch für ihr Auditorium gelten, das sich Dank "Aftermath" noch einmal vergrößern dürfte.

(Andreas Menzel)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Aftermath
  • Rabbits on the roof
  • Stones

Tracklist

  1. Aftermath
  2. Circus
  3. Ten headed beast
  4. Separate the sea
  5. Our past
  6. Foam born
  7. Interplanetary
  8. Rabbits on the roof
  9. Down my spine
  10. Beehive
  11. Please rewind
  12. Stones
Gesamtspielzeit: 45:47 min

Im Forum kommentieren

AndreasM

2014-06-07 13:15:00

Haben sich auch live auch wieder toll weiterentwickelt und neu aufgestellt. Auch wenn mir die Tour/Aufstellung mit Jan Roth und Tim Neuhaus an den Doppel-Drums sehr gefallen hat, ist die aktuelle Ergänzung mit einem weiteren Drummer + neuen Visuals wieder sehr gelungen.

Mainstream

2014-06-07 12:38:37

8/10 passt mMn.

koekoe

2014-05-31 13:34:54

Gar nicht so schlecht nach dem ersten Durchgang, fand die ja vorher eigentlich nicht so gut, aber da verstand ich diese Art von Musik auch noch nicht wirklich. Nach dem ersten Durchgang 7/10, das will was heissen.

Soup

2014-03-18 11:03:54

starke 7 finde ich auch. hätte ehrlich gesagt nicht mehr mit so einem starken album gerechnet und gönne ihnen jeden erfolg. lange schon keinen so rundum zeitgemäßen, dunklen pop-entwurf mehr aus deutschland gehört.

AndreasM

2014-03-18 09:31:38

Ist für mich eine starke 7/10. Die Platte ist mit der Zeit gut gewachsen. Nur ein paar Tracks der ersten Hälfte sind nicht ganz so interessant, was dann die 8/10 verhindert hat.
Insgesamt ist der Sound im Gegensatz zum Debüt schon deutlich ausgereifter und 'Aftermath' damit eine gelungene Ergänzung/Weiterentwicklung zum Debüt.
Der Erstling hätte damals eine 8/10 von mir bekommen, ich mochte und mag ihn einfach sehr.

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Forum