Gabriella Cilmi - The sting

Ferryhouse / Warner
VÖ: 21.03.2014
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Grauschleier

Kurz mal Hand hoch, wer Gabriella Cilmi noch für eine neue Platte auf dem Schirm hatte? Ah ja doch, niemand. Der Grund liegt vier Jahre zurück, heißt "Ten", war Cilmis zweites Album und ist sicherlich noch in schlecht sortierten Flohmarktkisten für den titelgebenden Centbetrag zu erstehen. Im Nachgang der auch kommerziell gefloppten Platte lässt es sich sicher leichter formulieren, aber die Australierin fühlte sich weder mit dem Dance-Pop noch mit ihrem seinerzeit deutlich freizügigeren Image wohl. Cilmi erinnert in einem Interview an einen Auftritt, bei dem sie im Alter von 19 Jahren den Song "On a mission" als sexy Alien aufführen sollte – und sich danach die Augen ausheulte, weil das einfach weit entfernt war und ist von ihren einstigen Vorstellungen.

Cilmi ist inzwischen 22 Jahre alt, auch mit kurzen Haaren noch wunderschön und sexy, nur muss sie sich dafür nicht mehr Unterwäsche tragend in einer aufgewickelten Filmrolle räkeln. Mit der optischen Veränderung war es aber offensichtlich nicht getan. Das komplette Album "The sting" dient der Verarbeitung, der Abrechnung. Das darf man einerseits auf die Erfahrungen in der Musikindustrie münzen: "I lost my dreams along the highway." Andererseits aber auch auf eine in die Brüche gegangene Beziehung: "I sold my soul for some fucked up guy." Überdies aber suhlt sich Cilmi auch in Selbstmitleid: "All of my life I've been running from the sting, but the bee's still following me", singt sie im okayen Titeltrack. Der Schlussstrich ist mit schwarz gezeichnet, das Aufbäumen muss bis zur nächsten Platte warten, für den Moment ist mit dem musikalischen Fortschritt der Berappelung schon Genüge getan.

Gabriella Cilmi ist für "The sting" aber auch keine Pop-Abstinenzlerin geworden. "Symmetry" ist mit Piano, schlicht getaktetem Beat und Streicher-Beigaben bei der Kür zur Single die offensichtliche Wahl – und doch schon besser als ihr komplettes Vorgängeralbum. Außerdem nutzt die Australierin, deren Stimme einmal mehr Macy Grays Organ ähnelt, unter anderem in "Not sorry" und "Highway" Elemente des TripHop, auch wenn sich die Verweise vornehmlich auf Rhythmen und Samplings im Hintergrund beschränken.

"Kill ourselves" ist eine mit wenigen Bläsern versehene Soul-Reduktion und hat wie einige andere Songs ein flirrendes Plattenknistern zu Gast – nicht innovativ, aber stimmig unter dem Aspekt der grauschleierigen Vergangenheitsbewältigung. Im vielleicht besten Song "Vicious love", der sich ausschnittsweise wie auch "Don't look back" als Tarantino-Soundtrack bewirbt, ist Cilmi nahbar wie nie, auch weil das Soundgerüst aus Akustikgitarre und Geigen sich selbst lange in vornehmer Zurückhaltung übt und "Left with someone else" den abrechnenden Südstaaten-Blues-Poprock überlässt. Werte Frau Cilmi, willkommen zurück und Glückwunsch zum besten Album in der zugegebenermaßen überschaubaren Discographie.

(Stephan Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Sweeter in history
  • Don't look back
  • Vicious love
  • Parallel universe

Tracklist

  1. Highway
  2. Symmetry
  3. Sweeter in history
  4. Don't look back
  5. Not sorry
  6. Left with someone else
  7. The sting
  8. Vicious love
  9. Every memory
  10. I am just a girl
  11. Parallel universe
  12. Kill ourselves
Gesamtspielzeit: 42:33 min

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Stech mich

2014-03-19 00:22:03

Wenn man bedenkt, was der Vorgänger so drauf hatte, so ist The Sting erstaunlich gelungen.

Ob ich es mir jetzt bis auf die Hörproben anhören werde? Mhh, vielleicht nicht.
Aber schön, dass sich als Künstlerin doch zu etwas entwickelt hat.

Armin

2014-03-17 21:55:12

Frisch rezensiert!

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