Behemoth - The satanist

Nuclear Blast / Warner
VÖ: 07.02.2014
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Am Abgrund

Und wieder einmal zerfällt ein vermeintliches Klischee in seine Einzelteile. Diesmal: Death- und Black-Metaller sind lebensverachtend und nur auf der Welt, um das Leben hassen zu lernen. Was war passiert? 2010 wurde bei Adam Michal Darski alias Nergal, seines Zeichens Gründer, Frontmann und Vordenker von Behemoth, Leukämie diagnostiziert. Und offensichtlich gibt es Menschen, die davon überrascht sind, dass angesichts der Diagnose auch einem Mann, der seit 2007 mit der polnischen Justiz wegen "Verletzung religiöser Gefühle" prozessiert – Nergal hatte 2007 auf der Bühne eine Bibel zerrissen – buchstäblich der Allerwerteste auf Grundeis geht. Nun, Nergal gilt seit einer Stammzellenspende 2011 als geheilt und spendet seitdem einen Teil seiner Einnahmen an die DKMS. Soviel zur vermeintlichen Misanthropie im Genre.

Wer nun allerdings denkt, Nergal sei leiser geworden oder diplomatischer im Umgang mit der von ihm so gehassten Kirche, der darf sich nach dem ersten Durchlauf von "The satanist" zügig eines Besseren belehrt fühlen. Denn "Blow your trumpets Gabriel" stößt mächtiger ins Horn als die Trompeten von Jericho. Welch eine monumentale Wut, welch eine stockfinstere Eruption, ein zähflüssig stampfender Bastard aus Death- und Black-Metal, der zur Mitte in förmlich orgiastischen Riffs explodiert, zerrissen von Nergals entmenschlichten Growls, getrieben von den mörderischen Blastbeats von Schlagzeuger Zbigniew "Inferno" Prominski.

Genau so unerbittlich geht es weiter. Was Behemoth allerdings von so manch anderen Vertretern des Genres unterscheidet, ist die Tatsache, dass die Polen eben nicht rüde alles in Grund und Boden prügeln. So weist "Messe noire" ein feines Gitarrensolo auf, so kann "Ora pro nobis Lucifer" mit Riffs überzeugen, die jeden Moshpit in einen rauchenden Aschehaufen verwandeln. Und auch die infernalische, aber etwas routinierte Abrissbirne "Amen" bewahrt den Hörer dank einem genialen Break vor der akustischen Reizüberflutung. Die zweite Albumhälfte allerdings ist nicht weniger als ein Referenzwerk des Genres. Das beginnt mit dem Titelstück, das gerade zu Beginn eher an Dark Rock denn an Death Metal erinnert, dann durch subtile Bläser eine sakrale Epik erhält. Und endet mit dem nicht mehr in Worte zu fassenden "O father o satan o sun!", bei dem Nergal und Kollegen das Kunststück vollbringen, ätherische Chöre eben wegen ihrer Leichtigkeit umso bösartiger klingen zu lassen.

Nachdenklicher ist Nergal also auf keinen Fall geworden. Allerdings reflektierter, was sicher der Erfahrung der letzten Jahre geschuldet ist. Und genau deswegen ist "The satanist" vielschichtiger, spannender als alles, was die Polen auf ihren weiß Gott nicht schlechten Vorgängeralben produziert haben. Es sind kleine Nuancen, hier ein Break, dort punktgenau eingesetzte Bläser, die der Platte eine nahezu unfassbare Bösartigkeit verleihen. Statt wie zuvor bisweilen alles in Grund und Boden zu trümmern, finden sich hier kleine Widerhaken wie in "In the absence ov light", die den Hörer in einen wahren Sog des Finsteren herabziehen. Gepaart mit einer organischen, druckvollen Produktion wird "The satanist" damit zu einer Platte, die das Genre noch lange aufwühlen wird.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Blow your trumpets Gabriel
  • The satanist
  • In the absence ov light
  • O father o satan o sun!

Tracklist

  1. Blow your trumpets Gabriel
  2. Furor divinus
  3. Messe noire
  4. Ora pro nobis Lucifer
  5. Amen
  6. The satanist
  7. Ben Sahar
  8. In the absence ov light
  9. O father o satan o sun!
Gesamtspielzeit: 44:22 min

Im Forum kommentieren

edegeiler

2017-03-28 23:33:01

hat sich wer das folk projekt von nergal gegeben?

The MACHINA of God

2016-07-13 02:45:50

Nee, auch das Geballer. Manchmal bisschen viel Blast-Beats, aber das passt.

­

2016-07-12 23:31:03

In der Tat ein sehr gutes Album.

edegeiler

2016-07-12 22:18:25

Auch die Geballersongs? Oder nur die epischen alá O Father, O Satan, O Sun?

The MACHINA of God

2016-07-12 21:11:59

Wow. Gefällt mir inzwischen sehr.

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