Rainer von Vielen - Erden

Motor / Edel
VÖ: 31.01.2014
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Die hellen Momente

Spätestens mit der Veröffentlichung seiner Schuhplattel-Version von Sidos "Mein Block", sollte man einmal von Rainer von Vielen gehört haben. Mit "Erden" erscheint das insgesamt fünfte Machwerk des Allgäuers, der bewusst auf die Mundart verzichtet. Der Singer-Songwriter ist Quatschkopf, Querulant und Quertreiber zugleich – dass Geistesreichtum und Wahnsinn Geschwister sind, dürfte hinreichend geklärt sein. Es sind eben diese talentierten Typen, die offenbar ganz dreckig einen an der Waffel haben, welche in hellen Momenten der fiesesten Spießerarmada den Zahn ziehen können. In diese Riege schiebt sich Rainer von Vielen ohne größeres Trara, ein unaufälliges Männchen mit Fleischmütze, aber ein gestandener Kerl mit Soul und Hirn im musikalischen Sinne.

"Empört Euch, denn diese Welt, sie gehört Euch", singt von Vielen umgeben von Strandmusik-Vibes. "Empört Euch!", ein Track, dessen feine Message den Schlafrock ablegt und die Gehörgänge verklebt. In "Copy paste" macht von Vielen den Rapper, kritisiert getragen vom fixen Beat und waschechten Soul-Trompeten die Verwaschung der Urheberschaft: "Copy paste / Bin ich Kopie oder Original", fragt sich der Musiker schließlich. Ein kratziges Gitarrensolo rundet den Sound des Stücks ab. Der Titelsong "Erden" spricht von der Gefahr des Abhebens, Zither und Sitar geben ein Gastspiel in diesem flotten, jazzbeeinflussten Titel. "Ich muss mich endlich wieder erden / Nicht alles was man kann, muss man", erkennt der Sänger und stellt die Notwendigkeit der Strebsamkeit infrage. Mit "Donnerstag im Mai" trällert von Vielen ein angenehm lässiges Liebesliedchen.

Ein wenig mehr von der Bissigkeit des Beschriebenen stünde dem Album insgesamt ganz gut. Der eine oder andere Lückenfüller hat sich offenbar schon ins Geschehen geschummelt, sodass "Erden" ein Quäntchen zum großen Wurf fehlt. "Großer Bla" ist irre und hat einen interessanten Touch, aber so richtig schwappt die sicherlich gut gemeinte Religionskritik nicht über. Auch "Kater komm" erzählt ein nettes Geschichtchen, letztlich aber auch irgendwie unnötig. So verhält es sich eben mit Genie und Wahnsinn, die Grenzen sind zu fließend, als dass jeder Versuch ein Volltreffer sein könnte – ist der helle Moment allerdings da, ist Rainer von Vielen genial.

(Pascal Bremmer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Empört Euch!
  • Copy Paste
  • Erden

Tracklist

  1. Niedermauern
  2. Empört Euch!
  3. Kater komm
  4. Copy paste
  5. Großer Bla
  6. Wellenlänge
  7. Wenn Du mich nur lässt
  8. Es bleibt dabei
  9. Du bist nicht allein
  10. Erden
  11. Die ganze Nacht
  12. Donnerstag im Mai
  13. Feiertag
  14. Wenn die Welt untergeht
Gesamtspielzeit: 51:32 min

Im Forum kommentieren

myx

2017-07-08 08:03:19

Freut mich, dass es hier eine Rezi zu Rainer von Vielen gibt. Und erst noch eine treffend formulierte. Habe ihn vor einer Woche mit meiner neuen Lebensgefährtin aus dem Oberallgäu live in Kaufbeuren erlebt. Der "Grosse Bla" gesungen in der Dreifaltigkeitskirche vor einem 3 m hohen Kruzifix, das hatte schon was ... :D Neben einigen Highlights (allen voran "Asche zu Asche", "Leben den Lebenden" und das ruhige "Dem Gefühl") auch ein paar Ausfälle. "Geistesreichtum und Wahnsinn" nahe beeinander eben ... wie in der Rezi beschrieben.

ghoti

2014-03-12 12:36:34

S.v.K.:
Von nichts ne Ahnung, aber voll dabei?
Stimmt, zwischen RvV und PeterLicht liegen qualitativ, gesanglich, stimmlich und musikalisch absolute Welten! Zugunsten von RvV... Meine Meinung.
Aber gut, ich weiß ja: Nicht alles, was man (mögen) kann, muss man...

Rainer Tsuval

2014-03-11 22:58:49

Der Kollege. Nich schlecht!

S.v.K.

2014-03-11 21:56:18

Frecheit "PeterLicht" als erste Referenz aufzuführen. Dazwischen liegen Welten. Nicht nur qualitativ.
Rainer von Vielen ist eben wirklich nur Rainer von vielen schlechten Liedermachern.

Armin

2014-03-11 21:41:06

Frisch rezensiert!

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