Scraps Of Tape - Sjätte vansinnet
Tenderversion / Al!veVÖ: 28.02.2014
Des Wahnsinns kesse Meute
Ihr sechster Sinn ist der Wahnsinn – so jedenfalls erklären Scraps Of Tape den Titel ihres neuen Albums "Sjätte vansinnet" und basteln sich daraus sogleich noch eine Reflexion zu Bandchemie, -Arbeitsweise und -Inspiration zurecht. Damit nicht genug, begleiten die fünf Schweden ihr Fünftwerk zudem mit einem eigenen Distortion-Pedal, bei dem man neben "Ein/Aus" – eben – nur noch "Wahnsinn" antreten kann. Na denn. Und sonst so? "Five songs on the A-side, five songs on the B-side", weiß der Pressetext. Schärfer kann man die Grenze zu dem ganzen "Wahnsinn" wohl nicht ziehen. Doch letztlich ist es eben genau diese Nüchternheit, die die Post-Musik von Scraps Of Tape auch auf ihrem fünften Album zu einer unglaublich tight rockenden Angelegenheit macht.
So dreht "Sjätte vansinnet" mit "A neverending" erst sehr spät das Tempo erstmals runter. Zuvor jedoch brausen die Verstärker, gibt es dicke Rollbacks mitten hinein in die Akkordwand, fiebert sich Schlagzeuger Fredrik Gillhagen punktgenau durch allerlei Snare-, Tom- und Beckenwirbel. Sprich: Dass Scraps Of Tape ihre großen Töne nicht nur spucken, sondern vor allem auch spielen können, beweist "Sjätte vansinnet" wahrlich aufs Konsequenteste. Gleich "We, the lefthanded" springt kopfüber in ein ebenso elegisches wie kickendes Uptempo, das mitten im Song durch ein kantiges Noise-Riffing nochmals kilometerweit aufgerissen wird. Die Stimme von Johan Gustavsson kommt hier nur schwer hinterher, zickt ein wenig, knödelt gar leicht, hat dabei aber auch genug Galle in den Lungenflügeln, um die Songs nie auszubremsen, sondern stets mit nach vorne zu treiben.
Doch auch ohne Gesang kommen und kamen Scraps Of Tape natürlich ganz wunderbar zurecht. Wie etwa auf dem Instrumental "Fuga", dessen Mathrock-Tappings den geraden Taktarten überaus treu bleiben, während das Anfangsriff von "Teardrop fucking dropkick" zunächst mehrere Zählzeiten aneinanderknotet, um sich anschließend auf einen 3/4-Takt zu einigen. "Vultures in high heels" drückt zu Beginn fies und gemein durch die Frequenzen und spielt auch darauf eher ein Spiel zwischen "Laut und nicht ganz so laut", bis Gustavsson den Hals überstreckt und zu einem über die Toms springenden Beat einige Sätze gute alte Gesellschaftskritik ins Mikrofon diktiert. Mit den zu wehmütigen Sonnenstrahlen verschwisterten Gitarren von "Once we were" gehen Scraps Of Tape hingegen in ein melancholisches Sackhüpfen und Hüftschwingen über. Zugleich aber scheint selbst dieser Song von imaginären "Lauter, LAUTER!"-Rufen begleitet zu werden – und wer wären Scraps Of Tape, wenn sie der Aufforderung nicht nachkämen, beziehungsweise höchstselbst die Rufer in der Geräuschwüste geben würden?
Womit einmal mehr feststeht: Auch 13 Jahre nach Bandgründung bleiben Scraps Of Tape leidenschaftliche Keulen- und Mattenschwinger. Und auch der Trauerkloß sitzt ihnen nach wie vor nicht im Hals, sondern schwirrt derart dicht durch all die Kraftmeiereien, dass das abschließende "Alla utom jag måste dö" gar nicht anders kann, als dieses Album nach weiteren dreieinhalb Minuten Noiserock vor eine Wand aus Stille fahren zu lassen. Denn in der Tat ist dies der einzige Kontrast, der "Sjätte vansinnet" wirklich befrieden kann. Zuvor haben Scraps Of Tape zehn Songs als Rudel aus Klage, Krach und Klang auf die Hatz geschickt. Und die Leidenschaft, mit der sie hierbei zu Werke gehen, ist der Wahnsinn, der den Hörer erbeutet.
Highlights & Tracklist
Highlights
- We, the lefthanded
- Teardrop fucking dropkick
- Vultures with high heels
- Once we were
- Alla utom jag måste dö
Tracklist
- We, the lefthanded
- Fuga
- Hands in hands
- Teardrop fucking dropkick
- Vultures with high heels
- Among haters
- Once we were
- Log cabin
- A neverending
- Alla utom jag måste dö
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Akim
2014-03-17 18:31:38
Das neue Album gefällt mir noch einen Tacken besser als Resident Flux. Insgesamt sind alle Alben zu empfehlen. Mich wundert nur das "Hands in Hands" beim neuen Album nicht bei den Highlights dabei ist, absolute Hymne! Gerade gestern erst live gesehen, überragende Live-Band!
Cosmig Egg
2014-03-17 12:39:42
wow, kannte ich bisher gar nicht.Hab mir jetzt erstmal Resident Flux angehört. Und das macht nach dem ersten Durchlauf durchaus Lust auf mehr.
Instrumentalisierung erinnert mich irgendwie an Modest mouse.
vinifera
2014-03-12 06:25:44
Juhu! Die hatte ich ja gar nicht mehr auf dem Schirm! Hab sogar den Zweitling verpasst, das muss ich ich gleich mal nachholen. Das Debut war aber unfassbar gut - bis auf das äh...Artwork.
lutz lolski
2014-03-12 03:01:24
Die Referenzen werden echt jedes Mal dümmer.
Armin
2014-03-11 21:41:26
Frisch rezensiert!
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