
Madeline Juno - The unknown
Polydor / UniversalVÖ: 07.03.2014
Kein Song für Kopenhagen
Was man durch ein wenig Recherche nicht so alles herausfindet. Madeline Juno erzählt in einem Video-Interview freimütig, dass sie in ihrer Freizeit gerne Kastanien sammelt. Was dieses leicht nerdige Hobby mit dem Debütalbum der 18-jährigen Schwarzwälderin zu tun hat? Gar nichts. Aber es unterstreicht den sympathischen Eindruck der Singer-Songwriterin, die am 13. März im ESC-Vorentscheid um das Ticket nach Kopenhagen kämpft.
Dass sie höchstens Außenseiter-Chancen besitzt und die Mehrheit des Stimmviehs vermutlich den chemisch gereinigten Düster-Pop von Unheilig für besonders repräsentativ erachten wird, soll Junos Nachteil nicht sein. Soll sich doch der olle Graf in Kopenhagen blamieren. Auf ihrem Debüt "The unkown" beweist Juno an zahlreichen Stellen ein Gespür für schönen Folk-Pop in Moll, der beim europäischen Publikum mit Sicherheit besser ankommen würde als Cascadas Dance-Katastrophe aus dem Vorjahr – der aber auch ohne eine Veranstaltung wie den ESC funktioniert.
Im Grunde macht Juno nämlich erstaunlich vieles richtig. Die Songs auf "The unknown" sind meist gut aufgebaut und strukturiert. Die englische Aussprache der Teenagerin ist fast schon vorbildlich, ihre Stimme bedient gekonnt alle Facetten von zerbrechlich über verzweifelt bis hin zu kokett. Auch bei den Texten, wo ja die meisten Nachwuchs-Alanis-Morissettes auf Grund laufen, kann Juno punkten. Klischee-Liebesschwüre und erzwungene Reime bleiben dem Hörer erspart, stattdessen singt die Schwarzwälderin über ihre Lieblinge Tegan & Sara oder säuselt in Richtung ihres Herzblatts: "You can see through / You can read me / Like a Charles Bukowski book."
Madeline Juno macht es einem wirklich schwer, sie oder ihre Musik nicht zu mögen. Warum ihre selbst produzierten und hochgeladenen Videos bei YouTube eine große Anhängerschaft fanden, wird schnell klar. Und doch ist ihr Debütalbum eine leichte Enttäuschung. "The unknown" will zu viel, ist zu lang und letzten Endes auch etwas zu eintönig. Zu selten schütteln Power-Pop-Ausbrüche wie "Do it again" oder "If this was a movie" die dicke Decke der Niedergeschlagenheit auf, die sich eine knappe Stunde lang über das Album legt. Für sich genommen sind Lieder wie die aus dem "Fack ju Göhte"-Soundtrack bekannte Liebes-Anklage "Error", der wunderschöne Opener "The unknown" oder das verzweifelte "Melancholy heartbeat" richtig gut. Auf Albumlänge fließt jedoch alles zu einer Masse zusammen. Immerhin hinterlässt diese einen nicht unangenehmen Nachgeschmack. Was jetzt noch nicht ist, kann bei einer zweifellos talentierten Frau wie Madeline Juno noch werden. Ein weiterer Punkt, in dem sie sich gravierend von Unheilig unterscheidet.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The unknown
- Six cigarettes
- Do it again
Tracklist
- The unknown
- Like lovers do
- Six cigarettes
- Day one
- Feel you
- Same sky
- Error
- Vertigo
- Melancholy heartbeat
- Second time around
- Sympathy
- Always this way
- Do it again
- If this was a movie
- Ego you
- Another you
Im Forum kommentieren
nörtz
2014-03-11 15:06:46
Kein Vergleich mit "Youth". "Ganz nett" triffts wohl.
Kackschuh
2014-03-11 14:47:25
Würdsch mir gern ein auf sie abwedeln, binsch aber im CB3000 verschlossen. :(((
eric
2014-03-11 14:46:26
Schöne Melodie. Aber warum gibt's nach dem (ziemlich guten) Refrain schon wieder Oh-Oh-Chöre aus dem Off? Weil Of Monsters And Men oder die Gniedel-Mumfords gerade beliebt sind? An die Intensität von "Youth" reicht der Song nicht heran, finde ich.
Armin
2014-02-27 16:03:54
Das Album liegt jetzt auch vor. 16 Songs (!) lang ist das schon sehr anstrengend, aber einzelne Tracks sind schon sehr schön.
Warum soll eine gute Singer-Songwriterin nicht mal aus Deutschland kommen?
Aber irgendwie interessiert das hier keinen ...
Armin
2014-02-24 22:30:50
Hier noch das Video: http://www.youtube.com/watch?v=9vig2OQEN9Q
Mit jedem Hören besser - und näher an "Youth".
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