The Jezabels - The brink
PIAS / Rough TradeVÖ: 14.02.2014
Die Pop-Olympioniken
Es ist doch jedes Jahr das Gleiche. Wenn die kalte und graue Jahreszeit einfach nicht enden will, wächst die Vorfreude auf den Sommer, auf die warmen Tage. Auf Sonne, auf das Draußensein am See oder am Fluss, auf Nächte im Freien. Und immer wieder verfliegen diese Tage dann so schnell, dass gefühlt nur wenig später wieder die ersten Lebkuchen und Schoko-Nikoläuse in den Regalen der Discounter stehen. Doch auch immer wieder gibt es diese Songs, die diese langsam anschleichende, herbstliche Trübsal erträglicher machen. Die das Dunkel weit gen Horizont schieben und einfach weiterstrahlen. Dieses "Endless summer" vom ersten Jezabels-Album, das ist so ein Lied. So eingängig und rund – und doch so unzerstörbar. Und irgendwie hoffte man darauf, dass auf The Jezabels da weiterhin Verlass sein wird.
Doch was macht diese Band? Sie stiftet zunächst einmal Verwirrung. Einen vermeintlichen Hit aus ihrem zweiten Album herauszuheben, ist nicht wirklich leicht – weil so viele dieser zehn neuen Songs geeignete Kandidaten sind. Weil The Jezabels Musiker sind, die ein gutes Gespür für Melodien und Harmonien haben. Weil die Australier ein Händchen besitzen für den unauffälligen, aber dann um so intensiveren Spannungsaufbau ihrer Lieder. Und weil sie selbstbewusst genug sind, den Moment zu nutzen, dem Hörer eine wahre Refrain-Walze über die Lauscher zu rollen – wie etwa im euphorisch-traurigen Beziehungsdrama "The end". Das vordergründig unscheinbare Titelstück kämpft sich zum Auftakt dagegen eher langsam, aber intensiv in den Gehörgang vor, wie es schon viele Songs des Debüts "Prisoner" taten. Für den Nachfolger aber haben die vier Australier sich mehr vorgenommen. Nein, genauer gesagt nicht weniger als den perfekten Popsong. Ob nun der freche Tanz-Takt des treffend betitelten "Time to dance" zu überzeugen weiß, oder der hymnische Refrain von "Look of love" mit seinem pointiert-nachgestelltem Gitarrenriff mehr fesselt, liegt höchstens im Gehörgang des Rezipienten. Viel falsch machen kann man hier sowieso nicht. Machen auch The Jezabels nicht. Und weil Erwartungen auch nicht relevant sind, kokettieren die vier Perfektionisten im ungewöhnlichen, aber großartigen "Beat to beat" konsequent mit der großen, weiten Girlpop-Welt – und schielen dabei mit einem Auge in Richtung R'n'B-Club. Heute schon einen Ohrwurm gehabt?
Und auch wenn "The brink" sämtliche Arme gen Pop-Olymp reckt, bleiben The Jezabels sensibel für den Moment, wann sie vollends zutage treten dürfen: die Melancholie und Sehnsucht, die in fast jedem Song stecken – wenn auch meistens verschleiert. "Angels of fire" ist da ein Paradebeispiel. Zunächst nur getragen von Vokalistin Hayley Marys zartem Organ, schleicht der Song sich behutsam ins Ohr – um dann getragen von präzise polternden Drums und einem Keyboard- und Gitarrenteppich auszumäandern. Im Vergleich zum Debut geht es auf "The brink" gerade soundtechnisch noch einmal deutlich opulenter zu, was sicherlich auch der Arbeit Dan Grech Marguerats zuzuschreiben ist – er produzierte auch schon für Keane oder Howling Bells. Klar, man muss Haley Marys Stimme, die sich immer irgendwo zwischen subtiler Filigranität und kitschigem Wahnsinn bewegt, wirklich mögen, um "The brink" ins Herz zu schließen. Man muss ebenso offen dafür sein, dass The Jezabels sowohl musikalisch und auch in den Geschichten vieler Songs so nahe am Rand des Pop-Gipfels balancieren, sodass ein Absturz in die Tiefen der übertriebenen Theatralik manchmal nur einen Fußbreit entfernt ist. Dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – hat dieses "The brink" das Potenzial, länger zu strahlen, als vieles, was da noch auf uns zukommt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Look of love
- Beat to beat
- No country
- The end
Tracklist
- The brink
- Time to dance
- Look of love
- Beat to beat
- Angels of fire
- No country
- The end
- Got velvet
- Psychotherapy
- All you need
Im Forum kommentieren
ToniDoppelpack
2014-03-19 13:09:12
hat (trotz problemen mit der technik) spaß gemacht in münchen. erstaunlich viele stücke von den eps. und obwohl ich prisoner noch mehr mag, zünden die stücke der neuen platte live überraschend gut, z.b. beat to beat.
Lichtgestalt
2014-03-18 05:46:19
Das ist so ein Fall, wo mich die Vorband ja fast mehr interessiert. :)
"We Colour The Night" vom letzten Jahr hat mir jedenfalls ziemlich gefallen.
Lichtgestalt
2014-03-17 21:07:51
Cool!
Armin
2014-03-17 21:05:28
Vorband in München ist auch Farewell Dear Ghost.
auch in ffm
2014-03-17 13:39:49
"morgen"
da fehlte ein über.
konzert ging so, mochte die vorband nicht besonders und das konzert war eindeutig zu kurz.
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