Broken Bells - After the disco

Columbia / Sony
VÖ: 31.01.2014
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Dancing in the dark

Nach Hause gehen und sich sofort ins Bett legen. Dem Taxifahrer sagen, er soll einfach fahren, bis die Kohle ausgeht. Durch die Stadt laufen, bis die Sonne aufgeht. Zur nächsten Party stiefeln, um dort schließlich endgültig zu versacken. In angeheiterter Laune eine Mailbox-Nachricht bei genau der Person hinterlassen, bei der man unter anderen, nüchternen Umständen niemals angerufen hätte. In einem Fast-Food-Restaurant der Wahl landen und in einen Cheeseburger beißen, der selten so gut schmeckt wie frühmorgens um fünf nach der Tanzerei und mit ordentlich Alk im Bauch und im Kopf. Was macht man nicht alles nach der Disco, nach dem Clubbesuch, nach der großen Feierei im großen oder kleinen Kreis? Für The-Shins-Mann James Mercer und Brian Burton alias Danger Mouse geht es danach offenbar erst richtig los. Gut vier Jahre nach ihrem selbstbetitelten Debüt "Broken Bells" veröffentlicht das Duo mit "After the disco" ein Album, das klangtechnisch zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wandelt und damit stellenweise für merkwürdige Momente sorgt.

Etwa wenn die erste Single "Holding on for life" mitsamt Mercers Bee-Gees-artigem Falsettgesang in die schlagbehosten 70er Jahre entführt, während die synthiegeladene Melodie von Danger Mouse mit einem beachtlichen Theremin-Anteil überzeugt. Oder wenn der Opener "Perfect world" genau die Art von Widerspruch in sich trägt, mit der Mercer und Burton schon auf dem Debüt spielten: "I've been turned around / I was upside down / I thought love would always find a way / But I know better now." Natürlich ist der Zweitling kein Discoalbum, auch wenn der Name und speziell der Titelsong das zunächst glauben lassen. Aber wenn es bei Broken Bells schon auf die Tanzfläche geht, dann immer auch mit einem kleinen Tränchen im Knopfloch des glattgebügelten Anzugs.

Denn "After the disco" ist eigentlich genau das: Der Augenblick danach, das wehmütige Zurückschauen, die Melancholie der Erinnerung. So wie das auch bei Mercers Hauptband The Shins der Fall ist, an die man etwa bei "No matter what you're told" denken muss, wenn die Zeilen "We'll blow all our chances / Thinking we know all the answers / And so it goes with all the changes / Nothing changes no matter what you're told" sich im Refrain mehrstimmig in den Gehörgängen einnisten und dort für einen Augenblick verweilen. Beinahe galoppierend klingt hingegen das rhythmusstarke "The changing lights", das den Soul in den Club holt und somit für einen etwas wärmeren Sound sorgt.

Ganz anders hingegen zeigt sich das im Vergleich zu den anderen Stücken deutlich reduzierte "The angel and the fool", das aufgrund seiner ruhigen und hauptsächlich von Streichern getragenen Atmosphäre anfänglich nicht ganz auf das Album zu passen scheint, sich nach mehreren Hördurchgängen aber äußerst gut eingliedert. "Leave it alone", einer der wenigen anderen zurückhaltenderen Songs, startet geradezu magisch und steigert sich in seinem Verlauf, während das Schlusslicht "The remains of rock & roll" wohl in der Mitte des Albums etwas besser aufgehoben gewesen wäre, gäbe es doch ein paar andere Anwärter für ein bombastisches, großes Finale. "Control" etwa, bei dem nach der Disco auch vor der Disco gewesen wäre, aber vielleicht gibt es dafür wieder ein anderes Album. "After the disco" zeigt jedoch, dass die Symbiose aus Mercer und Burton auch beim zweiten Experiment äußerst gut funktioniert - und jetzt ab auf die Tanzfläche. Aber das Taschentuch nicht vergessen.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Perfect world
  • After the disco
  • Leave it alone
  • Control

Tracklist

  1. Perfect world
  2. After the disco
  3. Holding on for life
  4. Leave it alone
  5. The changing lights
  6. Control
  7. Lazy wonderland
  8. Medicine
  9. No matter what you're told
  10. The angel and the fool
  11. The remains of rock & roll
Gesamtspielzeit: 46:08 min

Im Forum kommentieren

Hogi

2015-03-31 22:55:54

Schönes Album...grad mal wieder gehört. Nicht schlechter als das Debüt.

XTRMNTR

2014-04-17 20:54:14

Wenn sie auf den letzten Song verzichtet hätten, wäre es defintiv mein Album des Jahres. Angel & Fool wäre der perfekte Abschluss dieses pefekten Albums gewesen.

09/10

The MACHINA of God

2014-03-17 14:12:39

Ja, der Opener bleibt zumindest im Ohr. Naja. Aber nicht nur die Melodien fehlen. Das ist alles so kalt... weg die Wärme des Debuts.

musie

2014-03-17 14:09:29

die lieder am anfang vom album gehen auf wie die blumen an der sonne. danach wirds aber ein bisschen gar mittel... gut, vielleicht braucht die zweite albumhälfte nochmals 10grad mehr.

Demon Cleaner

2014-03-17 12:37:10

Der Opener ist absolut fantastisch. Ansonsten kann ich dir auch zustimmen. Nett, nicht mehr.

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