Marijuana Deathsquads - Oh my sexy Lord
Memphis Industries / IndigoVÖ: 24.01.2014
Kopf ab!
Es ist ein Gewirr aus Schlangen, das man vor sich sieht, wenn man "Oh my sexy Lord" von Marijuana Deathsquads hört. Ein hydraartiges Gebilde. Man kann nicht genau sagen, wie viele Schlangen es sind. Genau wie man nie wissen kann, ob die Band einen Auftritt mit zwei, drei oder vier Drummern bestreitet. Alles ist in sich verwoben und verknotet, und ja, vielleicht will man auch gar nicht zum Kern dieses Knäuels vordringen, weil nicht klar ist, welche dämonische oder apokalpytische Dimension einen dort erwartet.
"Oh my sexy Lord" wirkt wie eine Jam-Mixtur aus Noise, Drum'n'Bass, Trip-Hop und unheimlichen, experimentellen Synthie-Rock-Mustern. Enstanden ist dieses gut halbstündige Konglomerat in zehn Tagen auf Teufel komm raus in der April Base, dem als Keimzelle fungierenden Studio Bon Ivers. Es ist folgerichtig nicht verwunderlich, dass sowohl Justin Vernon selbst, aber auch Channy Leaneagh (Poliça) sich gesanglich einbringen. Ihre Auftritte sind allerdings nebensächlicher Natur und ihre Stimmen dabei nur als Silhouetten zu erkennen. Denn genau wie jeglicher anderer Gesang sind diese stets so verfremdet, als wolle man geradewegs den unverständlichen, hysterischen Gegenentwurf, die Fratze zum Autotune-Effekt umreißen.
Deutlicher auszumachen sind dagegen noch Leaneaghs Bandkollegen Ben Ivascu und Drew Christopherson, deren gemeinsame Schlagzeug-Rhythmen wie in "Crosstown crippler" am ehesten Poliça als Hauptband ins Gedächtnis rufen. Aber genug des Mit-Namen-Umsichwerfens, sonst könnte man ja auch noch auf Ryan Olsen von Gayngs, Hip-Hopper P.O.S. oder Live-Gastauftritte von Josh Klinghoffer von Red Hot Chili Peppers hinweisen. Die Liste ließe sich forsetzen. Aber eine Supergroup genießt und schweigt.
"Ewok sadness" beginnt zunächst verhältnismäßig konventionell. Die Eröffnungszeile "We know how this ends / Grow up and then die in the ocean" ist vielleicht noch richtig zu dechiffrieren, bevor sich alsbald ein Ausbruch aus Trommelfeuer und urgewaltigen Synthies auftut. Fortan reihen sich als Brückenköpfe konzipierte, ruhigere Zwischenstücke wie "Scheme" oder "Dissolve" zwischen weitere, bedrohliche Sound-Eruptionen. Alle Tracks bleiben dabei stark ineinander verzahnt und bedienen sich vorangegangener Motive.
"8 9 3" gibt sich als doppelzüngiger Spuk, der erst herankriecht und sich dann zur stampfenden Kulisse für den Kampf mit einem technokratischen, futuristischen Endboss entwickelt. Der unterlegene Kontrahent kann getrost in der tiefen, dumpfen Röhre entsorgt werden, die "Bad boy masterpiece" nach jeder Menge geräuschintensiver Knöpfchendreherei errichtet. Lässt sich aber doch einmal ein Treffer landen und schlägt man der Hydra einen ihrer Schlangenköpfe vom Rumpf, so wachsen an dieser Stelle zwei neue nach. Nach dem exakt selben Prinzip erwehren sich auch Marijuana Deathsquads erfolgreich Querverweisen und treiben stoisch Genre-Schubladisierungen vor sich her.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Crosstown crippler
- Bad boy masterpiece
- 8 9 3
Tracklist
- Ewok sadness
- Scheme
- Crosstown crippler
- Sunglasses and bail money
- Dissolve
- Stacks
- Suge
- Bad boy masterpiece
- 8 9 3
- Goldan
- Vibrant beast
Referenzen