Tempel - On the steps of the temple
Prosthetic / SonyVÖ: 17.01.2014
Mönchhausen
Das Präfix "Post" löst nicht nur bei Filmen von Kevin Costner akute Gähnattacken aus. Auch den gemeinen Musikhörer lockt man mit lieblos herbeiposaunten Genrebezeichnungen wie "Postrock" oder "Postmetal" kaum noch hinter der Postkutsche hervor. Zu bleiern, zu dröge mäandern die meist überlangen Kompositionen vieler prominenter Genrevertreter dahin. Das, was einst Grenzen zu sprengen schien, ist längst in Schematismen erstarrt. Ein bisschen einleitendes Geklimper hier, ein endloses Crescendo da - was episch sein will, ist oft schlicht ermüdend.
Das amerikanische Duo Tempel ist sich dieser Problematik sicherlich bewusst, nur kümmert sie sie herzlich wenig. Die beiden Musiker machen Postmetal, und zwar solchen der konservativeren Sorte. Tiefstgestimmte Saiteninstrumente und wüstentaugliche Gitarrenhooks sind die bestimmenden Elemente ihrer Songs, womit zwei Kernpunkte der Genre-Checkliste erfolgreich abgehakt wären. Also wieder nur die alte Leier? Mitnichten.
Dass das Unternehmen nicht scheitert, hat die Band ihrem außerordentlichen Gespür für raumgreifende Melodien und Harmonien zu verdanken. Jaulende Soli finden sich ebenso auf "On the steps of the temple" wie sich emporwindende Tonfolgen, welche nicht in plumpem Gekloppe verpuffen, sondern stets schlüssig und mitreißend zu Ende geführt werden. Zudem weisen die Stücke eine immense dynamische Spannweite auf. Wenn beispielsweise im Titeltrack nach minutenlangen Riffgewittern plötzlich eine einsame Gitarrenfigur in der Leere schwebt, ist Gänsehaut garantiert. Das famose Drumming, welches auch vor Blastbeat-Passagen nicht Halt macht, tut sein Übriges.
Es ist der Abwechslungsreichtum, der Tempel aus dem Gros ihrer postrockenden Kollegen heraushebt. Die Bandbreite reicht von schleppendem Doom in "Rising from the abyss" bis hin zu fast schon beschwingten Klängen mit deutlich hörbaren Progmetal-Einsprengseln in "Avaritia". Einen Sänger gibt es übrigens nicht - und das ist auch gut so, denn die Songs sind auch ohne Vokalisten in puncto Dichte und Intensität kaum zu steigern. Bedenkt man, dass die beiden Herren bereits seit 2003 gemeinsam musizieren, ist die Ausgereiftheit ihrer Kompositionen auf dem vorliegenden Debütalbum indes wenig verwunderlich (wobei angemerkt sei, dass "On the steps of the temple" immerhin bereits seit 2012 digital via Bandcamp vertrieben wird). Dennoch sind selbst neun Jahre eine ziemlich große Zeitspanne innerhalb eines Menschenlebens - während das Duo an seinem Debüt werkelte, hätte man beispielsweise 26743 Mal "The Postman" schauen können. Wobei Tempel da sicherlich die klügere Wahl getroffen haben.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Final years
- The mist that shrouds the peaks
- On the steps of the temple
Tracklist
- Mountain
- Rising from the abyss
- Final years
- The mist that shrouds the peaks
- Avaritia
- On the steps of the temple
Im Forum kommentieren
Christopher
2014-08-07 16:24:32
Höre es nach einigen Monaten gerade mal wieder. Hätte damals ne 8 geben müssen. Hat nichts von seinem Reiz verloren, auch wenns natürlich nicht die Neuerfindung des Rades ist.
whitenoise
2014-06-05 13:29:20
Schon etwas älter, aber durch das Ausscheiden des Genre-Primus wieder aktuell geworden.
Was haltet ihr von dem Album und dem Sound an sich? Ist das noch aktuell oder ausgelutscht?
http://paul.shure.me/review-tempel-on-the-steps-of-the-temple/
http://plattentests.de/rezi.php?show=10941
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