SDP - Bunte Rapublik Deutschpunk

Berliner Plattenbau / Soulfood
VÖ: 10.01.2014
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Wahlversprechen

SDP - das klingt halt nach Partei. War nicht geplant? Pech gehabt, niemand merkt sich Stonedeafproduction, wenn die Abkürzung so schön schnittig klingt. Das funktioniert bei den etablierten Parteien ja auch prächtig. Oder macht sich irgendeiner der freien, christlichen oder sonst wie überschriebenen Politikerclubs noch ernsthaft Gedanken über die Zutatenliste? Siehste. Drei Großbuchstaben auf dem Fähnchen sind wahrscheinlich die beste Rechtfertigung für alle noch so utopischen Machtgelüste. Davon könnten sich Vincent Stein und Dag-Alexis Kopplin jetzt distanzieren, stattdessen geben sie sich selbst größenwahnsinnig. Denn Angriff ist die beste Verteidigung - sieht man auch daran, dass die beiden nicht nur zugeben, aus dem vollkommen kredibiltätsbefreiten Berlin-Spandau zu kommen, sondern diese Tatsache gerne und häufig betonen.

Von Spandau aus die Welt zu erobern, scheint keine einfache Sache zu sein. SDP gibt es seit 1999, aber erst nach über zehn Jahren schaffte das Duo gemeinsam mit Rapper Sido den Durchbruch in Deutschland. Nach "Ne Leiche" war auch das nächste Sido-Feature "Die Nacht von Freitag auf Montag" ein Hit. Jetzt wollen die beiden zeigen, dass es ohne den mittlerweile braven Ex-Maskenmann genauso gut geht. Dabei helfen soll die "Machtübernahme Maschine" - netter Aufhänger für eine Platte, die im Kern aber natürlich nicht politisch ist. Das hätte ja auch nicht gepasst.

Den Job der Spaßpartei machen SDP aber nach wie vor sehr überzeugend. Und sind mit politischen Gegnern nicht zimperlich. "Wer uns nicht passt / Kommt direkt in den Knast." Oder auch ins "Panini-Arschloch-Sammelalbum", genügend Opfer gibt es jedenfalls. Und die bekommen ihr Fett weg. Die Waffe der Wahl ist der "Mittelfinger" und zumeist Ironie mit großem Mundwerk. Von Herzen pöbeln tut einfach gut. Da passt auch Schmalspur-Rapper Eko Fresh als Gast irgendwie rein, um Omas Röckchen flattern zu lassen. Wirklich unter die Gürtellinie zielen SDP aber nie.

Und das ist die größte Schwäche von "Bunte Rapublik Deutschpunk": SDP wollen provozieren, werden aber selten so richtig fies. Ihr Wortwitz ist gut, aber eben auch nicht mehr. Amüsante Lines mit doppeltem Boden würden zuhauf ins Konzept passen, lassen sich hier aber an zwei Händen abzählen. Das ist natürlich Meckern auf hohem Niveau. Und es wäre alles halb so wild, hätte nicht ein Herr mit ähnlichen Referenzen auf seinem jüngsten Album genau diese Nettigkeiten zur Perfektion geführt: Alligatoahs "Triebwerke" ist in gefühlt fast allen wichtigen Disziplinen einen Tick besser als dieses achte Werk von SDP. Und hört man "Bunte Rapublik Deutschpunk" einmal mit Alligatoah im Hinterkopf, ist die Ähnlichkeit nicht zu leugnen.

Dennoch: SDP unterhalten allerbestens. Nicht zuletzt, weil sie selbst auf Spaß den größten Wert legen. Erwartungsgemäß sind die humorigen Stücke die besten, eine ernste Herzschmerz-Nummer wie "Wegen Dir" hätte es gar nicht gebraucht. Andererseits unterstützt diese SDPs Gier nach Vielseitigkeit, die in den Instrumentals ihren Höhepunkt findet: Da steht eine prollige E-Gitarre zwischen HipHop-Beat und Handclaps stramm und 8-Bit-Sounds hängen mit Talkbox-Spielereien über der Bar. Das Wahlversprechen im Albumtitel? Eindeutig gehalten. Was die tatsächlich politischen SDPs in Finnland, Kroatien oder sonst wo auf der Welt zu alldem sagen würden, klärt "Bunte Rapublik Deutschpunk" nicht. Zählten die zum Hoheitsgebiet von Stonedeafproduction, zöge das aber wohl ohnehin ein sofortiges Parteiverbot nach sich. Denn "Wir sind keine Band / Wir wollen die Macht übernehmen." Dann mal los.

(Konrad Spremberg)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Lied für die Fans von den anderen Bands
  • Als ich Mädchen noch scheiße fand
  • Arschloch

Tracklist

  1. Machtübernahme Maschine Intro
  2. Hände hoch!
  3. Lied für die Fans von den anderen Bands
  4. Mittelfinger (feat. Eko Fresh)
  5. Als ich Mädchen noch scheiße fand
  6. Candle light Döner
  7. Tanz aus der Reihe! (feat. Weekend)
  8. Chef Skit, Pt. 2
  9. Arschloch
  10. Hätte hätte Fahrradkette (feat. Keule)
  11. Waffenschein
  12. Mach mal Platz für Dich selber
  13. Die Olle mit der Macke
  14. Hurra, hurra, die Schule brennt (feat. Bass Sultan Hengzt)
  15. Wer ficken will muss freundlich sein
  16. Wegen Dir
  17. Machtübernahme
Gesamtspielzeit: 62:28 min

Im Forum kommentieren

Desare Nezitic

2014-02-01 12:49:41

Das ist ja mal ganz lahmer Klamauk. Wer sowas gut findet, für den sind selbst Joko & Klaas zu krass.
Mit solchen Klängen ausm Smartphone wäre ich schon in der 6. Klasse verhauen worden.

http://www.youtube.com/watch?v=AN4u4tE4c3s#t=110

Eko...naja. Dazu muss man nichts mehr schreiben.

pro sdp

2014-02-01 12:39:49

Also das sehe ich nicht so. SDP als biederen Hip Hop zu bezeichnen ist ja mal totaler Blödsinn.

Die ersten beiden Rezensionen, die ich dazu gefunden habe, sagen auch ganz etwas anderes...

http://mokant.at/1401-sdp-bunte-rapublik-deutschpunk/
http://www.laut.de/SDP/Alben/Bunte-Rapublik-Deutschpunk-92298

@kevin

2014-01-23 13:42:09

yep, da kann man nur zustimmen. furchtbar biederer hip hop.

Kevin

2014-01-23 13:39:12

Das ist ja mal ganz großer Mist.

Armin

2014-01-21 00:32:03

Wir testen jetzt mal was und eröffnen zu ein paar frisch rezensierten Alben einen neuen Thread, wenn es noch keinen gibt. Hier könnt Ihr Euch über dieses Album austauschen.

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