Mogwai - Rave tapes

Rock Action / PIAS / Rough Trade
VÖ: 17.01.2014
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Mantra, Mantra

Lange Zeit galten Mogwai als Vorzeigeband des viel diskutierten Genres Postrock. Mit ihrem von Fans und Kritikern gleichermaßen gefeierten Debüt "Mogwai young team" veröffentlichten sie 1997 eine der Referenzplatten, entwickelten danach ihren Sound in sämtliche erdenkliche Richtungen weiter und fanden letztlich großen Gefallen an der Komposition von Film- und Serienscores. Zuletzt erschien der Soundtrack zu "Les revenants", einer französischen Mystery-Serie, und es könnte durchaus der Eindruck entstehen, dass sich die Band durch diese Auftragsarbeiten selbst revitalisiert. Entsprechend logisch erscheint der Schritt zum neuen Album "Rave tapes". Darauf klingen die fünf Schotten so ruhig und ambient-verliebt wie noch nie, rockmusikalische Elemente sind hier nur Grundlage und Ausgangspunkt für eine interessante, atmosphärisch dichte Reise durch ungeahnte Tiefen und Höhen.

Mogwai spielen sich auf ihrem achten regulären Album in einen elekrifizierten, fernab des Greifbaren liegenden Bewusstseinszustand, der sicherlich dem ein oder anderen Postrock-Dogmatiker aufgrund der latenten Leisetreterei widerstreben wird. Zentrales Element und stetig wiederkehrendes Motiv sind die starken Keyboardflächen von Barry Burns, die einen sanften, beinahe schon zärtlichen Klang manifestieren. Dieser war zwar sicherlich schon immer als Stilmittel bei Mogwai existent, aber selten wurde ihm derart viel Spielraum zugestanden. Bereits im starken Opener "Heard about you last night" rücken die Glasgower die weiten Flächen in den Fokus, auf deren Grundlage ruhige, behutsame Rhythmen ihren kosmischen Wellenritt antreten. Mantraartig wiederholen Mogwai das Motiv des Stücks und lullen hiermit den Hörer gleich zu Beginn ein. Mit Sicherheit der stärkste Song auf einem letztlich doch routiniert heruntergespielten Album.

Das folgende "Simon ferocious" beginnt mit knarzenden, krautigen Klängen aus Burns' Büchse und erneutem melodischem Ostinato, während sich Gitarre, Bass und Drums in diesem Wechselspiel stetig und rauschhaft steigern, nur um stets abrupt zum Schluss zu kommen. "Remurdered" ist dann ein für die aktuelle Schaffensphase der Band fast schon archetypisches Stück: Entgegen dem genre-immanenten Laut-Leise-Chiaroscuro gleiten Stuart Braithwaite und Co. eher sachte dahin, legen Schicht um Schicht um ihre Grundidee – hier: ein fast schon industriell-kreiselnder Beat – nur um anschließend alles fein säuberlich abzutragen. Da tut es dann schon einmal gut, wenn ein kurzer, kraftvoller Zweineinhalbminüter wie "Hexon bogon" dieses mogwai'sche Leitprinzip außer Kraft setzt und sich der flammenden Ekstase hingibt.

Auch "Master card" beginnt mit einer sich zickig gebenden Gitarre, die jedoch nicht lange alleine bleibt. In gewohnter Präzisionslust entwickeln Mogwai einen charismatischen Klang, den Spötter eventuell als Kopie einer Selbstkopie abtun dürften, womit sie im Kern sicherlich ein wenig recht haben. Auf "Rave tapes" konzentrieren sich die Schotten zwar in der Tat stärker auf die Tasteninstrumente, strukturell jedoch – und darauf sollte man eingehen – ähneln sich die Songs in Aufbau und Atmosphäre schon stark. Wer der Band daraus einen Strick drehen möchte, ist herzlich eingeladen. Alle anderen erfreuen sich zum Schluss am grandiosen Raumschiffrock von "The lord is out of control" und stellen befriedigt fest, dass Mogwai eine konstant agierende, hochrangige Band bleiben und verlässlich solideste Alben abliefern. Egal, in welche Schublade man sie zu zwängen gedenkt.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Heard about you last night
  • Hexon bogon
  • The lord is out of control

Tracklist

  1. Heard about you last night
  2. Simon ferocious
  3. Remurdered
  4. Hexon bogon
  5. Repelish
  6. Master card
  7. Deesh
  8. Blues hour
  9. No medicine for regret
  10. The lord is out of control
Gesamtspielzeit: 49:06 min

Im Forum kommentieren

Felix H

2021-03-20 00:18:29

@Felix:
Magst du "Remurdered" inzwischen oder nur live?


Auf Platte find ich ihn weiterhin etwas... steril? So wie dieses Album generell.
"No Medicine For Regret" wird zu wenig gewürdigt, den finde ich wunderschön.

Lateralis84skleinerBruder

2021-03-19 22:36:58

Ich mag Rave Tapes dort wo es ist eigentlich ganz gern.
Es ist das imo am analogsten klingende Album. Alles röhrt so schön plastisch.
Bei den nächsten Alben ist das wieder stärker in die bekannte Wall of Sound eingewoben.

Das Album klingt wie ein erster Gehversuch mit dem neuen Equipment, nachdem sie sich mit Hardcore aus dem abgegrasten Land in neue Gefilde aufgemacht haben

The MACHINA of God

2021-03-18 13:01:06

Kann ich allem so zustimmen.

Leech85

2021-03-18 11:50:35

Mich hat Remurdered als Song erst richtig gepackt nachdem ich ihn live gehört habe.

Das Album hat jedoch nicht ganz andere Perlen,wie der Opener oder Blues Hour. Dieser Ausbruch gegen Ende einfach genial. Und mit the Lors is out of Control endet das Album perfekt. Dennoch für mich die schwächste Mogwai Scheibe.

The MACHINA of God

2021-03-18 11:46:16

@Felix:
Magst du "Remurdered" inzwischen oder nur live?

Ich finde ja den Opener immer wieder grandios mit seinen Harmonien.

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