Boy & Bear - Harlequin dream
Nettwerk / SoulfoodVÖ: 10.01.2014
Grüße von unterwegs
Warum Achterbahn-Emotionen des Tourlebens erst nach der selbigen verarbeiten, dachten sich Dave Hosking und seine drei Musikerkollegen der australischen Band Boy & Bear. Nach den vielen Konzerten würde wohl zu wenig Zeit bleiben für die Arbeit am Nachfolger zu "Moonfire". Also schrieben sie einen Großteil der Tracks für "Harlequin dream" unterwegs, den Opener gar innerhalb von 20 Minuten vor einem Festival-Auftritt, und sogen dafür Impressionen zwischen Nashville und New York in sich auf. Weshalb "End of the line" sein Banjo im Uptempo-Americana-Country-Garten auspackt und dank Glöckchen in den Zwischenparts gleichermaßen als Redneck-Weihnachtsstück seine Berechtigung hätte.
Zugegeben, das Stück gehört sicher nicht zum Pointiertesten, was Boy & Bear bislang veröffentlicht haben. Auch der Rest der Platte ist kein stilprägendes Werk geworden, nein, das war aber auch schon "Moonfire" nicht. Boy & Bear strahlen aber einmal mehr in ihren Songs eine wohlige Wärme aus, sind Schulterklopfer, und irgendwie beschleicht einen das Gefühl, dass jetzt in diesen Minuten des Zuhörens nichts Schlechtes passieren kann. Nicht im Wohnzimmer, nicht vor der Tür, nirgends. Dafür versinkt man zu sehr in den Harmonien. Man kann Sänger Dave Hosking nur beglückwünschen zur Realisierung seines erwachsenen Credos: Je länger er das mache, "desto mehr schätze ich das Subtile in der Musik."
Pate dieses Gedankens ist das Stück "A horse with no name" gewesen, folglich wundern die Hirnwindungen sich auch nicht, den Sound der Australier eher mit America, Fleetwood Mac, den Eagles oder vielleicht massiv bläsereingeschränkten Calexico zu verbinden als mit Mumford & Sons. Ob sich Southern Rock, Folk, Americana, Alternative Country nun über Gitarren, Klavier oder Hammond-Sounds äußern, ist sekundär, da sie allesamt im Profil erfasst sind vom Projektil der Pop-Scharfschützen Boy & Bear. Die sind sich nicht zu schade, all das zu summieren und gleich als herrliche Einladung in "Southern sun" zu verpacken und später in "Stranger" zu erneuern.
Vielleicht würden Arkells in Luftpolster so ähnlich klingen. Andererseits gingen diese wohl das Wagnis eines 80s-Saxophon-Solos im Titeltrack nicht ein. Und Hoskings Stimme wäre selbst dann immer noch zu samten, zumal er durch die Reduktion vokaler Harmonien noch mehr im Zentrum steht als auf "Moonfire". Hosking hat nun häufiger einen groovenden Bass an seiner Seite, wenn er Trennungslieder wie "Three headed woman" singt oder von der Vaterrolle in "Old town blues": "I wanna be a role model to my kids / I wanna teach them how to love / But you gotta show me how to live." Wird schon. Jetzt muss der Mann aber erst einmal wieder auf Tour.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Southern sun
- Old town blues
- Back down the black
- Stranger
Tracklist
- Southern sun
- Old town blues
- Harlequin dream
- Three headed woman
- Bridges
- A moments grace
- End of the line
- Back down the black
- Real estate
- Stranger
- Arrow flight
Referenzen
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