
Keziah Jones - Captain Rugged
Because / WarnerVÖ: 15.11.2013
Afro-Superhero
Ein gut aussehender afrikanischer Mann steht auf einem gelben Bully in den Straßen von Lagos, der Oberkörper legt die Bauchmuskeln frei. Er ist nur bedeckt mit einem bunten Cape mit extrem aufgeblasenen Schulterpartien, dazu trägt er enge Jeans und hält eine Gitarre in der Hand: das ist Keziah Jones aka sein Alter Ego "Captain Rugged". Ein neuzeitlicher "Shaft", der sich aus Stereotypen speist, eine veraltete Figur, die das Bild des schwarzen Mannes humoristisch überzeichnet und direkt im neuzeitlichen Afrika landet - auf einem Bully samt Gitarre in der Hand. Eine afrikanische Comic-Figur, ein schwarzer Superheld, der sich für die politischen und sozialen Ziele auf dem postkolonialen "Schwarzen Kontinent" einsetzt. Keziah Jones zeigt kein hungerndes, vom Krieg verwüstetes Land, wie es in den westlichen Medien oftmals einseitig porträtiert wird, sondern stellt sich und Afrika selbstbewusst dar: als Superheld mit vielen Einflüssen und Bezügen, mit Tradition und Kultur. Ein Land, das immer noch von Diaspora gezeichnet ist. Jones hat genug Humor, um mit dem Bild des rauen, erotisierten Afroman zu spielen, der als Retter aller Unterdrückten sowie Liebhaber der Frauen für Recht und Ordnung auf den Straßen im Ghetto sorgt. Zehn Jahre wurde "Captain Rugged" vom nigerianischen Musiker Jones entwickelt und liegt nun zusammen mit einer Comic-Illustration des Superhelden als Konzept vor.
"Captain Rugged" steht als Album mit all seinen Einflüssen als Zeugnis einer multilingualen, hybriden Ausdruckskraft eines Künstlers aus Nigeria, der sich an Punk, Funk, HipHop und Soul genauso bedient wie an traditionellen Yoruba Rhythmen. Keziah Jones ist ein Künstler, der sich in den Fußstapfen von Fela Kuti zu Hause fühlt, von Jimi Hendrix beeinflusst wurde und seinen eigenen Sound kreiert hat, den Blufunk. Dazu leitet er sein Machwerk mit einer neuen Genre-Bezeichnung ein: Afronewave. Der gleichnamige Song erreicht eine psychedelische Dimension, Jones singt mal hoch, mal tief, haut brachial in die Saiten seiner Gitarre, erschüttert die Wände und lässt seine Stimmbänder selbstsicher mit einer Prise Ironie erklingen: "Come out and play, act like you know, afronewave". Dann pochen einzelne Beats, Trommelschläge, Handclaps, die der Gitarrist und Sänger auf "Lunar" und "Memory" mit seiner hypnotischen Stimme untermalt, um sie abwechselnd elektronisch und instrumental klingen zu lassen. Die Trompete startet den Song "Utopia", der in einem verspulten und groovelastigen Mix aus Bass und Schlagzeug endet. In "Falling" säuselt Jones in seiner süßesten Stimme in guter Soul- und Funk-Manier, um Bilder von "Loveboat", aber auch wieder "Shaft", "Superfly" und "Jackie Brown" im Kopf zu spinnen. Ihm gelingt der Spagat zwischen einem Sound der Straße, der sich aus Afrobeat und Voodoo zusammensetzt sowie einem lupenreinen Klang aus dem Studio, der gleichzeitig kraftvoll und nachdenklich ist. Heraus kommt eine extrem vielschichtige und extrem tanzbare Musik mit viel Inhalt und Seele. Keziah Jones zeigt auf "Captain Rugged" mehr als einen Charakter, der für einen stolzen Sound aus Afrika steht und der sich auch nach Fela Kuti selbstbewusst in der Musiklandschaft positionieren kann.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Afronewave
- Lunar
- Memory
Tracklist
- Afronewave
- Nollywoodoo
- Hypothetical
- Lunar
- Utopia
- Falling
- Memory
- Rugged
- + The free
- Laughter
- Praise
Referenzen
Spotify
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